Thüringen

Keine Entwarnung

»ezra« ist die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt in Thüringen Foto: dpa

Das Ausmaß rechter Gewalt bleibt in Thüringen aus Sicht der Opferberatung ezra hoch. Die Zahl der dokumentierten Fälle sei im vorigen Jahr auf 108 zurückgegangen (2018: 166), sagte ezra-Koordinator Franz Zobel am Mittwoch in Erfurt.

Der Wert liege aber deutlich über denen für die Jahre vor der rassistischen Mobilisierung etwa durch »Thügida« und die AfD seit 2015, als Deutschland seine Grenzen für Flüchtlinge öffnete. Das häufigste Tatmotiv bleibe Rassismus, gefolgt von Angriffen gegen politische Gegner.

Dunkelziffer Die Gefahr von rechtsterroristischen Anschlägen schätzt ezra als extrem hoch ein. »Der Rückgang zum Vorjahr ist mit Vorsicht zu bewerten«, warnte Zobel. Zudem gehe man von einer hohen Dunkelziffer aus. Ein Grund dafür werde in der zunehmenden Normalisierung rechter und rassistischer Gewalt gesehen.

Der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr ist laut ezra-Koordinator Franz Zobel mit Vorsicht zu bewerten.

Fehlende Konsequenzen für die Täter führten bei den Opfern zu Resignation, sagte ezra-Beraterin Theresa Lauß. Vorfälle würden so oft gar nicht zur Anzeige gebracht.

ALLIANZ Notwendig sei daher jetzt eine parteiübergreifende Allianz, die die Perspektiven und Forderungen der Betroffenen in den Mittelpunkt stelle und endlich konkrete Maßnahmen – wie sie auch von den beiden Thüringer NSU-Untersuchungsausschüssen formuliert worden seien – umsetze.

Der ezra-Projektkoordinator Zobel sprach von einem »Reformstau, den zahlreiche Menschen tagtäglich auf grausame Art und Weise zu spüren bekommen«.

Das sieht die Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss ähnlich. Es habe zwar bereits polizeiseitig Verbesserungen im Umgang mit der Opferberatung gegeben.

»Nach meinem Dafürhalten wäre es jedoch sinnvoll, einen Austausch über Fallzahlenabgleiche beider Stellen unter Wahrung der Anonymität Betroffener voranzubringen, um die Dimensionen und Hotspots besser zu erfassen sowie Dunkelfelder aufzuhellen, erklärte sie.

STaatsanwaltschaft Mit Blick darauf, dass Neonazi-Übergriffe und Bedrohungen durch repressive Maßnahmen seitens der Polizei und Justiz Wirkung zeigten, sprach sich König-Preuss für die Einrichtung einer entsprechenden Schwerpunktstaatsanwaltschaft im Land aus.

Wie ezra sah auch die Landtagsabgeordnete Madeleine Henfling(Grüne) im Rückgang der Fallzahlen in Eisenach ein erfreuliches Zeichen. Ob die Schwächung des bisherigen Hotspots rechter Gewalt auf die Intervention des Staates zurückgehe, müsse die Zukunft zeigen, fügte sie hinzu.

Seit April 2011 unterstützt ezra – das hebräische Wort steht für Hilfe – Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Träger ist die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM).

Finanziert wird ezra über das Bundesprogramm »Demokratie leben!« und das Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit »DenkBunt«.  epd

Meinung

Ein Bumerang für Karim Khan

Die Frage der Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshof für Israel muss erneut geprüft werden. Schon jetzt ist klar: Der Ruf des Gerichts und seines Chefanklägers wird leiden

von Wolf J. Reuter  25.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

80 Jahre nach Kriegsende

»Manche Schüler sind kaum noch für uns erreichbar«

Zeitzeugen sterben, der Antisemitismus nimmt zu: Der Geschichtsunterricht steht vor einer Zerreißprobe. Der Vorsitzende des Verbands der Geschichtslehrerinnen und -lehrer erklärt, warum Aufgeben jedoch keine Option ist

von Hannah Schmitz  25.04.2025

Washington D.C.

Trump beschimpft Harvard als »antisemitische, linksextreme Institution«

Der US-Präsident geht vehement gegen Universitäten vor, die er als linksliberal und woke betrachtet. Harvard kritisiert er dabei besonders heftig

 25.04.2025

Berlin/Jerusalem

Herzog kommt in die Bundesrepublik, Steinmeier besucht Israel

Der Doppelbesuch markiert das 60-jährige Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern

 25.04.2025

«Nie wieder»

Dachauer Gedenkstättenleiterin warnt vor ritualisierten Formeln

Die KZ-Gedenkstätte Dachau erinnert am 4. Mai mit einer großen Feier mit 1.800 Gästen an die Befreiung des ältesten Konzentrationslagers durch amerikanische Truppen am 29. April 1945

von Susanne Schröder  25.04.2025

Geschichte

Bundesarchiv-Chef warnt vor dem Zerfall historischer Akten

Hollmann forderte die künftige Bundesregierung auf, einen Erweiterungsbau zu finanzieren

 25.04.2025

Israel

Regierung kondoliert nach Tod des Papstes nun doch

Jerusalem löschte Berichten zufolge eine Beileidsbekundung nach dem Tod des Papstes. Nun gibt es eine neue

 25.04.2025

Berlin/Grünheide

Senatorin verteidigt ihre »Nazi«-Äußerung zu Tesla

Berlins Arbeitssenatorin spricht im Zusammenhang mit der Marke von »Nazi-Autos«. Daraufhin gibt es deutliche Kritik. Die SPD-Politikerin reagiert

 25.04.2025