Initiative

Kampf gegen Judenhass: Bündnis fordert Taten von der Politik

Die Schauspielerin Uschi Glas unterstützt die Initiative gegen Antisemitismus Foto: IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Uschi Glas zeigte sich ziemlich ernüchtert. »Da ist nur ganz wenig Solidarität.« Sie sei, sagte die Schauspielerin am Donnerstag bei einer Online-Pressekonferenz, einer der wenigen aus der Zunft der Schauspieler, die sich trauten, gegen die massive Zunahme des Judenhasses auch in Deutschland nach dem 7. Oktober öffentlich Stellung zu beziehen.

Die Berichterstattung über den Krieg in Gaza kritisierte die 81-Jährige scharf: »Es wird alles verdreht und in einen Topf geschmissen.« Als Deutsche empfinde sie »absolute Scham«, wie heutzutage Juden wieder angefeindet würden, sagte Glas.

Am Donnerstag stellte das vom Münchner Wirtschaftswissenschaftler Guy Katz initiierte Bündnis »DACH« seine Vorhaben vor. Ziel sei es, die deutsche Politik mit einer Petition und einem Fünf-Punkte-Plan aufzurütteln und zur Umsetzung konkreter Maßnahmen gegen Antisemitismus in Europa zu bewegen. Zudem lädt das Bündnis zu einer Demonstration in München am 5. Oktober ein.

Katz, der als Professor für International Management an der Hochschule München lehrt, hat bereits die Solidaritätsaktion »Run for their Lives« ins Leben gerufen, mit dem regelmäßig mit einem Schweigemarsch durch München auf das Schicksal der Geiseln in Gaza aufmerksam gemacht wird. »Wir schaffen es nicht alleine, wir brauchen die Unterstützung der Gesellschaft«, sagte Katz.

Beteiligt sind neben prominenten Einzelpersonen wie Glas, der Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller und der Schauspielerin Iris Berben auch rund 200 jüdische Gemeinden, Organisationen und Kirchen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

»Wir fordern jetzt, dass man Nägel mit Köpfen macht«, betonte der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, bei der Vorstellung des Fünf-Punkte-Plans. Der Antisemitismusbeautragte der Bundesregierung, Felix Klein, forderte, den Straftatbestand der Volksverhetzung zu erweitern, um Antisemitismus besser zu erfassen. Auch Aufrufe zur Vernichtung Israels und anderer UN-Mitgliedsstaaten sollten künftig strafbar sein.

Strafrechtsverschärfung gefordert

Klein sagte, das auf seine Initiative 2021 beschlossene Verbot der Flaggenverbrennung bei Demonstrationen sei erfolgreich gewesen; es habe seitdem kaum noch Proteste dieser Art gegeben. Veranstaltungen, bei denen Hass gegen Juden oder die Vernichtung Israels artikuliert werde, müssten konsequent untersagt und Synagogen und Gedenkorte geschützt werden, forderte das Bündnis in seinem Fünf-Punkte-Plan.

Auch im Bildungsbereich will die Initiative der Politik Beine machen. Immer wieder berichten Studierende an deutschen Hochschulen davon, dass sie an jüdischen Feiertagen, an denen laut Halacha ein Schreibverbot herrscht, wichtige Prüfungen ablegen sollen. Wer sich aus religiösen Gründen gegen die Prüfung entscheidet, muss längere Studienzeiten in Kauf nehmen. Für manche Angestellten ist es schwierig, an solchen Tagen freizunehmen.

Organisator der Initiative ist der Wirtschaftsprofessor Guy KatzFoto: IMAGO/Smith

Daher lautet eine weitere Forderung des Bündnisses, die Ausübung jüdischer Religionsfreiheit im Feiertagsrecht abzusichern. Arbeitnehmern dürften an anerkannten jüdischen Feiertagen keine Nachteile erwachsen - »mit Ausnahme eines etwaigen Verdienstausfalls für nicht geleistete Arbeitszeit«. Auch Boykottaufrufe gegen Israel an Hochschulen sollen nach dem Willen von »DACH« unterbunden werden. Und an jeder Universität soll es künftig einen Antisemitismusbeauftragten geben.

Knboloch: Gaza dient als Anlass für Hass auf Juden in Deutschland

Das Bündnis setzt sich außerdem dafür ein, dass Kulturveranstaltungen jüdischer Organisationen sichtbar sein sollten und sicher stattfinden könnten. Gefordert werden auch »verbindliche Bildungsinhalte« zu jüdischem Leben und Antisemitismus sowie eine Vernetzung von Sicherheitsbehörden und Bildungsinstitutionen über Landesgrenzen hinweg.

Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, betonte in einer Pressekonferenz, dass Zusammenhalt und Freiheit in der gesamten Gesellschaft gestärkt würden, wenn der Antisemitismus zurückgedrängt werde. Die Lage in Nahost lediglich ein Anlass für eine Eskalation von Hass auch anderswo in der Welt sei. Knobloch, die Schirmherrin des Bündnisses ist, sagte, seit dem 7. Oktober 2023 sei die Lage in Gaza Anlass für eine Eskalation von Hass auf Juden auch anderswo in der Welt. mth/kna

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