Nach dem tödlichen Terroranschlag am Bondi Beach erhebt der frühere australische Finanzminister Josh Frydenberg schwere Vorwürfe gegen die politische Führung des Landes. Die Regierung habe ihre grundlegende Pflicht verfehlt, jüdische Australier zu schützen, sagte Frydenberg in einem Fernsehinterview.
Seine erste Reaktion auf die Tat beschrieb er als »Schock, Entsetzen und tiefe Traurigkeit« und sprach von »einer Tragödie unvorstellbaren Ausmaßes«. Australien werde nach diesem Angriff nicht mehr dasselbe sein. »Leider wird Australien nie wieder so sein wie zuvor«, sagte Frydenberg.
Der frühere Minister betonte, die Tat sei keineswegs überraschend gekommen. »Das war alles andere als unvorhersehbar. Viele von uns haben davor gewarnt, dass dieser Tag kommen würde«, erklärte er.
Jubelfeiern am 7. Oktober
Frydenberg verwies auf eine Serie antisemitischer Vorfälle seit dem 7. Oktober, darunter Jubelfeiern vor dem Opernhaus von Sydney nach dem Hamas-Massaker in Israel, Brandanschläge auf Synagogen und Kindertagesstätten sowie gewalttätige Ausschreitungen in überwiegend jüdisch geprägten Stadtteilen von Melbourne. Währenddessen hätten politische Verantwortliche tatenlos zugesehen. »Unsere Führung hat zugeschaut. Sie hat diese Flammen des Hasses brennen lassen – in einer Intensität, wie wir sie in keinem anderen Land der Welt sehen«, sagte er.
Politische Entscheidungsträger hätten eine »grundlegende Pflicht«, ihre Bürger zu schützen, betonte Frydenberg. Diese Pflicht sei »kläglich verletzt« worden.
Besonders scharf kritisierte er Premierminister Anthony Albanese und erinnerte an dessen Zusagen gegenüber Holocaust-Überlebenden. »Ich saß im November 2023 im Publikum und hörte den Premierminister zu Holocaust-Überlebenden sagen, dass er persönlich nicht zulassen werde, dass Antisemitismus in diesem Land Fuß fasst«, sagte Frydenberg. »Und gestern wurden ein Holocaust-Überlebender, ein Kind und viele weitere Menschen getötet. Wer übernimmt dafür die Verantwortung?«
Unübersehbare Warnzeichen
Die Warnzeichen seien unübersehbar gewesen. Worte reichten nun nicht mehr aus. »Alles muss auf den Tisch. Alles muss sich ändern. Nichts kann bleiben, wie es war«, forderte Frydenberg. Die politischen Spitzen müssten Verantwortung übernehmen und dieses »beschämende Kapitel der australischen Geschichte« beenden.
Zugleich stellte er klar, dass der Anschlag nicht nur die jüdische Gemeinschaft betreffe. »Das war ein Angriff auf jeden Australier«, sagte er. »Unsere Werte, unsere Traditionen und unser gesellschaftlicher Zusammenhalt wurden zerstört, weil politische und zivile Führung versagt und weggesehen hat.«
In einer separaten Stellungnahme bezeichnete Frydenberg den Anschlag erneut als »eine Tragödie unvorstellbaren Ausmaßes«. »Jeder Australier wurde von diesem bösen und hasserfüllten Akt der Gewalt getroffen«, erklärte er. Auch hier betonte er, die Tat sei vorhersehbar gewesen.
Besonders brisant: Der Chef des australischen Inlandsgeheimdienstes ASIO habe bereits zuvor eindringlich vor einem gefährlichen Anstieg des Antisemitismus gewarnt und ihn als seine »höchste Priorität« im Hinblick auf konkrete Lebensgefahr bezeichnet. »Warum haben unsere Führungskräfte nicht zugehört? Warum haben sie nicht gehandelt?«, fragte Frydenberg. Das Massaker an einem der bekanntesten Orte des Landes sei das Ergebnis eines beispiellosen Führungsversagens – trotz klarer und öffentlicher Warnungen.