Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O’Flaherty, hat sich besorgt über das Vorgehen der deutschen Behörden bei israelfeindlichen Demonstrationen geäußert. In einem Brief an Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) kritisierte er angebliche Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit bei Protesten.
Berichten zufolge sei es zu »exzessiver Gewalt« der Polizei gegen Demonstranten gekommen, darunter auch gegen Minderjährige, schrieb O’Flaherty. Auch habe es Verletzte gegeben. Einzelne Teilnehmer seien angeblich einer übermäßigen Online- und Präsenzüberwachung sowie willkürlichen Polizeikontrollen ausgesetzt gewesen.
O’Flaherty forderte die Bundesregierung auf, von jeglichen Maßnahmen abzusehen, die Menschen aufgrund ihrer politischen Meinung, Religion, Nationalität oder ihres Migrationsstatus diskriminieren. In Deutschland gilt Demonstrationsfreiheit, jedoch gibt es auch Auflagen und Verbote, so ist etwa das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole untersagt. Seit dem Verbot der Hamas ist auch die bei Kundgebungen oft skandierte Parole »from the river to the sea« verboten, weil sie ein Erkennungszeichen der Terrororganisation ist.
Beschwerde über »Nakba Tag«- Demo
Konkret bezog sich der Ire mit seiner Kritik etwa auf »Gaza-Demonstrationen« in Berlin. Beim »Nakba-Tag« am 15. Mai dieses Jahres, den O’Flaherty als »Nakba-Gedenken« bezeichnete, hätten die Behörden Proteste zu stationären Versammlungen erklärt, die sich nicht weiterbewegen dürften. Was der Menschenrechtskommissar unerwähnt ließ: Beim »Nakba«-Tag wird regelmäßig die Vernichtung Israels gefordert.
Am 15. Mai waren Aktivisten, die an der besagten Demo teilnahmen, besonders aggressiv. Ein Polizist wurde von ihnen in die Menge gezogen und schwer verletzt, als Teilnehmer auf ihm herumtrampelten und auf ihn einprügelten. Zehn seiner Kollegen erlitten leichte Verletzungen. Es kam zu 56 Festnahmen, auch da verbotene Pro-Terror-Parolen gerufen wurden.
Seines Wissens werde zudem seit Februar 2025 die Verwendung der arabischen Sprache und kultureller Symbole bei Demos eingeschränkt. Derartige Auflagen gab es etwa in Berlin, weil die Polizei verfassungsfeindliche Parolen oft nicht erkennen konnte, wenn sie etwa auf Arabisch gerufen wurden.
Schon vor dem 7. Oktober kam es gerade in Berlin immer wieder zu israelfeindlichen Demonstrationen, bei denen Teilnehmer regelmäßig Polizisten angriffen und sich der Volksverhetzung und anderer Vergehen schuldig machten. Seit den Massakern der Hamas finden noch weitaus mehr davon statt.
»Keine Pauschalen Verbote«
Im Februar hatte die Berliner Polizei eine Kundgebung nur an einem beschränkten Versammlungsort statt als Protestzug erlaubt. Als weitere Auflage galt, dass nur Deutsch und Englisch gesprochen werden durfte. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) erklärte dazu im Februar, es habe bei einer vorangegangenen Versammlung Hass und Hetze gegeben, die nicht zu dulden seien. Zugleich betonte sie: »Wir werden keine pauschalen Verbote aussprechen.«
Beschränkungen seien mit dem Hinweis auf die öffentliche Ordnung und den öffentlichen Frieden verhängt worden, so schreibt O’Flaherty in seinem Brief weiter. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lege aber fest, dass die Meinungsfreiheit »nicht nur für »Informationen« und »Ideen« gilt, die positiv aufgenommen werden, als harmlos angesehen werden oder jemanden gleichgültig lassen«.
Der Europarat ist von der EU unabhängig und wurde 1949 zum Schutz von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaat in Europa gegründet. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gehört zum Europarat. dpa/ja