Atomstreit

Israel lobt die EU

Gedrosselt: Der Boykott seiner Öl-Industrie trifft das Regime in Teheran an einer empfindichen Stelle. Foto: dpa

Ausnahmsweise ist die israelische Regierung derzeit mit der Europäischen Union sehr zufrieden. Den Beschluss der EU, mit einem Öl-Embargo und dem Einfrieren der Zentralbankkonten Teherans die Wirtschaftskraft Irans zu schwächen, wertet Premier Benjamin Netanjahu als »Schritt in die richtige Richtung«. Es sei nötig, den Druck auf den Iran zu erhöhen, weil dieser pausenlos an seinem Nuklearprojekt arbeite.

Auch Außenminister Avigdor Lieberman lobt die Bereitschaft der EU, der »größten Gefahr der Welt« entschlossen zu begegnen. Und Verteidigungsminister Ehud Barak preist den EU-Beschluss als »außerordentlich wichtig«.

vorbehalte Allerdings melden sowohl Barak als auch Netanjahu Vorbehalte an. Es sei zu früh, um die Wirkung der Sanktionen zu beurteilen, sagte der Regierungschef, kurz nachdem der EU-Beschluss bekannt gegeben worden war. Und Barak drängt die EU, die Sanktionen möglichst rasch wirken zu lassen.

Kritisiert wird von vielen Israelis, dass Brüssel mit dem vollen Inkrafttreten seiner Beschlüsse bis zum Sommer abwarten will. Es bestehe die Gefahr, sagt ein Strategieexperte in Tel Aviv, dass Teheran in den nächsten Monaten entscheidende Fortschritte bei seinem Nuklearprogramm machen werde. Auch ein ehemaliger Aufklärungsoffizier der Zahal teilt diese Befürchtung: »Im Sommer könnte der Point of no return erreicht sein.«

Einig ist man sich in Israel darüber, dass die Sanktionen ein harter Schlag für die iranische Wirtschaft sind. Wenn die EU auf iranisches Öl verzichtet, muss Teheran neue Märkte für sein schwarzes Gold finden, sagt der Politikwissenschaftler Yohanan Ben-Jacov. Rund 20 Prozent der iranischen Ölexporte werden derzeit in der EU abgesetzt, vor allem in Griechenland, Italien und Spanien.

Optimistisch beurteilen Beobachter in Tel Aviv auch die Haltung der Türkei gegenüber den Sanktionen. Ankara hat zwar kürzlich dem Iran eine Ausdehnung des Handelsvolumens in Aussicht gestellt, was auch höhere Importe von iranischem Öl bedeuten würde. Doch jetzt stehe Ankara vor einer neuen Situation, meint ein israelischer Türkeiexperte. Das Land beziehe zwar rund ein Drittel seines Ölbedarfs aus dem Iran. Doch Ankara habe kein Interesse daran, sich mit Brüssel anzulegen. Deshalb werde es die Sanktionen unterstützen, und türkische Energiemanager sähen sich bereits in Saudi-Arabien um.

Derzeit ist nur China ein noch größerer Ölkunde beim Iran als die EU. Doch auch die Volksrepublik unterstützt offenbar die Kampfansage der EU. Israels stellvertretender Premier Dan Meridor erklärte jüngst in einem Interview, er begrüße die Haltung Pekings gegenüber den iranischen Atomplänen.

Der chinesische Premierminister Wen Jiabao sagte, sein Land halte nichts von der atomaren Aufrüstung der Islamischen Republik. Zu den Sanktionen äußerte sich Wen Jiabao nicht. Er erklärte lediglich, dass er sich für eine atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten einsetzen werde. Das wäre auch für Israel eine erstrebenswerte Option, kommentierte Meridor diese Aussage, vermied es aber, auf den ausgedehnten Handel zwischen China und dem Iran einzugehen.

leidensdruck Um der Wirkung der Sanktionen zu entgehen, werde sich Teheran nach neuen Absatzmärkten umsehen, vermutet Ben-Jacov. Als Alternativen zur EU sieht er zum Beispiel China und Indien, beides Länder, die bereits heute gute Kunden der Iraner seien. Sie nehmen 35 Prozent der iranischen Exporte ab. Aus israelischer Sicht wäre ein Bruch in der Sanktionsfront »bedauerlich«, so der Experte: Es würde den Leidensdruck Teherans reduzieren.

Damit müsste das Regime in Teheran auch nicht befürchten, durch die Wirkung der Sanktionen in Schwierigkeiten zu geraten. Vor allem der Mittelstand in den großen Städten, argumentieren Geheimdienstoffiziere in Tel Aviv, könnte den Aufstand proben, wenn er durch die Auswirkungen der Sanktionen ökonomisch getroffen würde. Dann könnte es sogar sein, dass der Iran auf das kostspielige Nuklearprojekt verzichtet, um die eingesparten Budgetmittel der Bevölkerung zukommen zu lassen.

Berlin

JSUD fordert Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Teheran

»Ohne den Iran hätte der 7. Oktober nicht passieren können«, sagt die Vorsitzende Hanna Veiler

 25.04.2024

Virginia

Biden: »Dieser unverhohlene Antisemitismus ist verwerflich und gefährlich«

US-Präsident Biden verurteilt antiisraelische Proteste an Universitäten

 25.04.2024

Terror

Argentinien schreibt Irans Innenminister zur Fahndung aus

Er war offenbar 1994 an dem Bombenanschlag 1994 auf das jüdische Gemeindezentrum Amia beteiligt

 25.04.2024

Oranienburg

Mehr antisemitische Vorfälle in Gedenkstätte Sachsenhausen

»Geschichtsrevisionistische Tabubrüche und Grenzverschiebungen von rechts« werden registriert

 25.04.2024

Wien

Spätwerk von Gustav Klimt für 30 Millionen Euro versteigert

Der Künstler malte das »Bildnis Fräulein Lieser« kurz vor seinem Tod

 25.04.2024

Berlin

Ausstellung im Haus der Wannsee-Konferenz beschädigt

Kuratorin: «Auffällig, dass ausgerechnet Plakate zum israelbezogenen Antisemitismus beschädigt wurden«

 24.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Umfrage

Studie: Für die meisten muslimischen Schüler ist der Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Fast die Hälfte der Befragten will einen islamischen Gottesstaat

 22.04.2024

Vereinte Nationen

»Whitewash«: UNRWA-Prüfbericht vorgelegt

Eine Untersuchung sollte die schweren Vorwürfe gegen das UN-Hilfswerk aufklären - vorab sickerten erste Details durch

von Michael Thaidigsmann  22.04.2024