Der Iran hat erneut Sanktionen gegen europäische Unternehmen, Politiker und Vertreter der Zivilgesellschaft verhängt. 23 Einzelpersonen sowie 13 Firmen und Vereinigungen seien wegen Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Iran auf die Sanktionsliste genommen worden, teilte die Regierung in Teheran am Dienstagabend mit.
Auch mehrere deutsche Außenpolitiker, darunter der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), der Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuss, Roderich Kiesewetter, sowie die FDP-Abgeordnete Renata Alt wurden mit einem Einreiseverbot belegt. Ebenfalls auf der Liste steht Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Damit reagierte der Iran erneut mit Gegenmaßnahmen auf die Verhängung von Sanktionen durch die Europäische Union. Am Montag hatten die EU-Außenminister beschlossen, 32 Einzelpersonen sowie zwei Organisationen wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen auf die EU-Sanktionsliste zu setzen. Neben Gefängnisdirektoren, Staatsanwälten und Richtern wurden auch Kulturminister Mohammed-Mehdi Esmaeili sowie Bildungsminister Jussef Nuri sanktioniert und gegen sie ein Einreiseverbot in die Staaten der Europäischen Union ausgesprochen. Es war das fünfte Sanktionspaket der EU seit Oktober 2022.
STRAFMASSNAHMEN Zuletzt hatte auch der Iran deutsche und europäische Politiker mit Strafmaßnahmen belegt. Im Dezember wurden unter anderem die Kulturstaatsministerin des Bundes, Claudia Roth, der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert sowie die ehemalige CDU-Vorsitzende und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer entsprechend genannt. Auch der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy sowie mehrere deutsche Europaabgeordnete wurden auf die »schwarze Liste« der iranischen Regierung gesetzt.
Dort finden sich nun neben jüdischen Persönlichkeiten wie Alex Benjamin, dem Direktor der Europe-Israel Press Association (EIPA) in Brüssel, auch die European Coalition for Israel, das niederländische Center for Information and Documentation Israel (CIDI) und die Vereinigung Christians for Israel. Ihre Vertreter dürfen künftig auch an keinen offiziellen Treffen mit Repräsentanten der Islamischen Republik mehr teilnehmen oder das Land besuchen.
Als Gründe nannte das Außenministerium in Teheran die angebliche »Unterstützung von Terrorismus und terroristischen Gruppen, Anstiftung und Ermutigung zu terroristischen Handlungen und Gewalt gegen das iranische Volk, Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Islamischen Republik Iran, Schüren von Gewalt und Unruhen im Iran, Verbreitung falscher Informationen über den Iran und die Beteiligung an der Verschärfung grausamer Sanktionen gegen das iranische Volk als Wirtschaftsterrorismus.« Die Aufrufe und Handlungen der Betreffenden, »grausame Sanktionen« gegen den Iran zu verhängen oder bestehende Sanktionen zu verschärfen, stelle einen »offensichtlichen Verstoß gegen die in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundprinzipien des Völkerrechts« dar, behauptete das Ministerium.
Auslöser der landesweiten Proteste im Iran war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb am 16. September im Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war. Die Proteste gegen die repressive Regierung sowie das islamische Herrschaftssystem haben die politische Führung in eine der schwersten Krisen seit Jahrzehnten gestürzt.
AUSWEISUNG Unterdessen hat die Bundesregierung als Reaktion auf das Todesurteil eines Revolutionsgerichts in Teheran gegen den Deutsch-Iraner Djamshid Sharmahd zwei iranische Diplomaten ausgewiesen. Das teilte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Mittwoch in Berlin mit. Der 67-jährige Sharmahd wird im Iran unter anderem für einen Terroranschlag verantwortlich gemacht und der Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten beschuldigt, wie das Nachrichtenportal »Misan« bekanntgab.
Baerbock erklärte, sie habe angesichts des Todesurteils den Geschäftsträger der iranischen Botschaft einbestellen lassen. Ihm sei mitgeteilt worden, »dass wir die massive Verletzung der Rechte eines deutschen Staatsangehörigen nicht akzeptieren«, teilte die Außenministerin weiter mit. Als Folge habe die Bundesregierung zwei Angehörige der iranischen Botschaft zu unerwünschten Personen erklärt und mit kurzer Frist aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Baerbock betonte erneut: »Wir fordern Iran auf, das Todesurteil für Jamshid Sharmahd zu widerrufen und ihm ein faires und rechtsstaatliches Berufungsverfahren zu ermöglichen.«
Auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte scharfe Kritik am Iran geäußert. Das Todesurteil gegen Sharmahd sei ein Affront, schrieb Merz am Mittwoch auf Twitter. »Er hatte keinen Anwalt seines Vertrauens und die deutsche Botschaft keinen konsularischen Zugang.« Merz forderte die Rückstufung der diplomatischen Beziehungen Deutschlands auf die Ebene der Geschäftsträger. mth/dpa