Einspruch

Im Süden was Neues

Etwa eine halbe Million Juden wird zu Rosch-Haschana- und Jom-Kippur-Gottesdiensten in über 1350 Synagogen in ganz Europa erwartet. Ist das der Beweis, dass jüdisches Leben auf dem Alten Kontinent blüht? Nein. Eine Studie des Rabbinical Center of Europe, die zu den Hohen Feiertagen veröffentlicht wurde, belegt, dass »anderthalb Millionen Juden ihr Jüdischsein verstecken« und nicht an Gebeten teilnehmen werden. Etwa 75 Prozent aller jüdischen Kinder in Europa gehen nicht auf eine jüdische Schule, stellt die Studie fest.

Die zunehmende islamistische Bedrohung, der Erfolg rechtsextremer Parteien und der Anstieg antisemitischer Straftaten tragen zu dieser Selbstentfremdung bei. Es gibt viele andere Gründe. Doch Assimilation – ob freiwillig oder erzwungen – hat sich bereits in der Vergangenheit als unwirksamer Schutz vor Diskriminierung erwiesen. Sind wir also verloren? Ist womöglich das europäische Judentum vom Untergang bedroht? Keineswegs.

marrano
Ein Beispiel aus meiner italienischen Heimat, aus dem Süden des Landes: Sizilien, Apulien und Kalabrien erleben derzeit, dass immer mehr Menschen zum Judentum zurückkehren. Viele von ihnen kommen aus früheren Marrano-Familien, berichtet Shalom Bahbout, Oberrabbiner von Neapel und des Mezzogiorno. Die Liebe zum Judentum ist mittlerweile ein derart verbreitetes Phänomen, dass Rabbiner aus den USA nach Kalabrien fliegen, um Menschen, die sich lediglich daran erinnern, dass ihre Großmutter am Freitagabend Kerzen angezündet hat, beim Übertritt zu helfen.

Die einen kehren also formell zum Judentum zurück. Viele andere, nicht nur in Italien, auch in Deutschland und anderswo, unternehmen kleinere Schritte. Und wenn es die sind, die an den Hohen Feiertagen in die Synagogen führen. Wir sollten uns nicht verstecken. Und in Sachen Begeisterung können wir vielleicht von den früheren Marranos in Italien noch etwas lernen.

Der Autor ist italienischer Journalist in Berlin.

Regierung

Mit Davidstern ins Kabinett

Karin Prien wird Deutschlands erste Bundesministerin mit jüdischen Wurzeln. Erst seit wenigen Jahren spricht die CDU-Politikerin öffentlich über ihre Familiengeschichte

von Michael Thaidigsmann  30.04.2025

Iran

Mullahs lassen angeblichen Mossad-Informanten hinrichten

Die Zahl der Hinrichtungen hat in den vergangenen Jahren drastisch zugelegt

 30.04.2025

Buenos Aires

Argentinien stellt Dokumente über geflohene Nazis online

Viele hochrangige Nationalsozialisten flohen nach dem Zweiten Weltkrieg vor Strafverfolgung – vor allem nach Südamerika. In Argentinien sind Dokumente zu den NS-Tätern nun digital zugänglich

 30.04.2025

Hanau

Antisemitisches Plakat an Schule: Staatsschutz ermittelt

In einem angrenzenden Park gab es eine Veranstaltung der Jüdischen Gemeinde. Besteht ein Zusammenhang?

 30.04.2025

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025