»Weiße Rose«

Im Schatten der Geschwister Scholl

Anneliese Knoop-Graf, die Schwester von Willi Graf, bei der Benennung eines Platzes in Bensheim nach ihrem Bruder. Foto: dpa

Nicht: Es muss etwas geschehen, sondern ich muss etwas tun.» So beschrieb Anneliese Graf das Lebensmotto ihres Bruders. Heute vor 75 Jahren bezahlte Willi Graf seinen Widerstand gegen das Regime der Nationalsozialisten mit dem Leben.

Am 12. Oktober 1943 wurde der damals 25-Jährige in der Münchner Strafanstalt Stadelheim mit dem Fallbeil enthauptet. Graf gilt heute als ein Vorbild für den Widerstand gegen die Diktatur, manchen gar als Held.

schulen Sein Widerstand und sein Verhalten gelten als vorbildlich. Schulen und andere Einrichtungen bundesweit sind nach Willi Graf benannt. «Wir brauchen so etwas mehr denn je», sagt Burkhard Jellonnek, Leiter des saarländischen Landesinstituts für Pädagogik und Medien. Er will der Jugend von heute auch vermitteln, dass Willi Graf kein «Übermensch», sondern ein ganz normaler Jugendlicher seiner Zeit gewesen sei, der aber weiter gedacht habe als viele andere.

Bei Euskirchen im heutigen Nordrhein-Westfalen am 2. Januar 1918 geboren, wuchs er in seinem katholisch orientierten, bürgerlichen Elternhaus in Saarbrücken auf. Während seiner Schulzeit auf dem protestantisch geprägten Ludwigsgymnasium schloss Graf sich der katholischen Jugendgruppe «Neudeutschland» (ND) an und – als diese von den Nazis aufgelöst wurde – dem «Grauen Orden», in dem sich konfessionell geprägte Jugendliche zusammenfanden.

Er widersetzte sich schon in seiner Schulzeit den Versuchungen der Nationalsozialisten. So weigerte Graf sich, der Hitlerjugend beizutreten, auch dann noch, als ihm die Lehrer drohten, ihm das Abitur zu verweigern. Letzteres erhielt er 1937 dennoch, fing an, in Bonn Medizin zu studieren und wurde nach Beginn des Zweiten Weltkrieges als Sanitätssoldat an verschiedene Fronten geschickt.

Deformation Die grausigen Erfahrungen vor allem an der Ostfront – die «Deformation des Menschen durch das NS-Regime», wie es Hans-Christian Herrmann vom Stadtarchiv Saarbrücken ausdrückt – bestärkten Graf in seinem Willen zum Widerstand gegen die Nazis. Im April 1942 wurde er zur Fortsetzung seines Medizinstudiums nach München abkommandiert. Dort schloss er sich der Widerstandsgruppe «Weiße Rose» um Hans und Sophie Scholl, Alexander Schmorell und Christoph Probst an.

Im Sommer 1942 mussten Willi Graf, Hans Scholl und Alexander Schmorell erneut an die Ostfront, wo die Schlacht von Stalingrad begann. Zurück in München nahm die Gruppe ihre Aktivitäten wieder auf. Am 4. Februar 1943 schrieben die drei Widerstandsparolen an die Wände der Uni wie: «Hitler, der Massenmörder» und «Nieder mit Hitler». Am 18. Februar wurden Hans Scholl und seine Schwester Sophie erwischt, als sie Flugblätter in den Lichthof der Münchner Uni warfen – die Widerstandsgruppe flog auf.

Die Scholls, Schmorell, Graf, Probst sowie der Universitätsprofessor Kurt Huber wurden vom «Blutrichter» Roland Freisler zum Tode verurteilt. Die Todesstrafe gegen Willi Graf wurde zuletzt vollstreckt. Acht Monate lang versuchten die Gestapo-Schergen, die Namen anderer Mitglieder der «Weißen Rose» aus ihm herauszupressen. Wegen seines Schweigens wird Graf heute von vielen als Held angesehen.

Menschenbild Die Haltung Grafs wurzelt zu einem großen Teil in seinem christlichen Menschenbild. «Allein dieser Glaube ist mir Halt und Hoffnung», diktierte er in der Haft dem Gefängniskaplan in einem Brief an seine Schwester Anneliese. Gerade die katholische Kirche sieht Willi Graf – die Scholls kamen aus einem protestantischen Elternhaus - daher als eine herausragende Figur.

Die letzten Worte von Hans Scholl vor seiner Hinrichtung durch die Nationalsozialisten lauteten: «Es lebe die Freiheit!». Die letzten Worte von Willi Graf sind nicht überliefert.

Meinung

Die »Staatsräson« mit neuem Leben füllen

Umfragen zeigen, dass Israel hierzulande alles andere als beliebt ist. Dabei sollte allen Deutschen das Schicksal des jüdischen Staates am Herzen liegen - gerade angesichts der Bedrohung aus dem Iran

von Nikolas Lelle  16.06.2025

Terror

Sorge vor Anschlägen auf jüdische Einrichtungen

Die Auswirkungen des Kriegs gegen den Iran könnten auch in Deutschland zu spüren sein, warnt Felix Klein. Auch Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer rechnet mit erhöhter Terrorgefahr

von Christoph Arens  16.06.2025

Luftfahrtmesse

Frankreich schließt israelische Stände

Die Betreiber sollen entgegen der Auflagen Angriffswaffen ausgestellt haben

 16.06.2025

Krieg gegen Iran

Exodus aus Teheran

Der Krieg gegen das iranische Regime und dessen Atom- und Raketenprogramm treibt Bewohner der Hauptstadt in die Flucht

von Aref Taherkenareh, Arne Bänsch  16.06.2025

Urteil

Sicherungsverwahrung nach Brandanschlag auf Oldenburger Synagoge

Der Mann hatte die Tat eingeräumt und von »Stimmen« berichtet, die ihn zu dem Brandanschlag aufgefordert hatten

von Jörg Nielsen  16.06.2025

Brüssel

EU-Chefdiplomatin organisiert Krisenschalte zu Nahost-Krieg

Kann die EU einen Beitrag zur Deeskalation des Konflikts zwischen Israel und dem Iran leisten? Am Dienstag soll es eine Videokonferenz der zuständigen Außenminister geben

 16.06.2025

Nahost

Krieg gegen Iran: EU will mit USA Energiemarkt sichern

Seit dem Angriff Israels auf das iranische Atomprogramm steigen die Rohölpreise und in der Folge die Sprit- und Heizölpreise. Die EU und die USA sind alarmiert - und wollen notfalls handeln

 16.06.2025

Berlin

Karin Prien: »Ich gestatte mir keine Ängstlichkeit«

Die Bundesbildungsministerin spricht in einem Interview über ihre jüdischen Wurzeln. Und geht bei manchen Themen auf Distanz zu ihrem Parteivorsitzenden

von Alexander Missal  16.06.2025

Iran

Iran: Geheimdienstchef der Revolutionsgarden und sein Vize getötet

Israel hat seit Beginn des Krieges mit dem Iran bereits etliche führende Militärs getötet. Nun sind bei einem weiteren Angriff Geheimdienstvertreter der nationalen Eliteeinheit getötet worden

 15.06.2025