Atomprogramm

Im Alleingang?

»Wir sind eine Atommacht«: Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad Foto: imago

Der Iran bleibt auf Nuklearkurs. Stolz hat Präsident Mahmud Ahmadinedschad in der vergangenen Woche sein Land zur »Atommacht« erklärt. Es werde Uran auf 20 Prozent anreichern. Deshalb erhöht US-Präsident Barack Obama den Druck auf das Mullah-Regime, bis Ende März soll die vierte Sanktionsrunde stehen. Zu den Maßnahmen könnten Reiserestriktionen für Offiziere der Revolutionsgarden gehören, die das Nuklearprogramm überwachen, ein Investitionsstopp für Energieanlagen oder das Einfrieren iranischer Ver- mögenswerte auf ausländischen Banken. Es ist vielleicht der letzte Anlauf, Teheran mithilfe der Diplomatie zu einem Verzicht auf sein Atomprogramm zu bewegen, bevor möglicherweise kriegerische Mittel eingesetzt werden.

boykott Leicht wird es nicht sein, allein mit Sanktionen Teheran das Projekt Atombombe auszureden. Denn es hat für den Iran höchste Priorität. Zudem unterstützen wichtige Nationen wie China oder Russland die Sanktionen bislang nur halbherzig, weil sie mit dem Land wichtige Geschäftsinteressen verbinden. China liebäugelt mit Erdöl aus der Islamischen Republik, Russland schätzt den Iran als einen der wichtigsten Kunden seiner Rüstungsindustrie. Und im nahen Dubai, darauf können sich die Mullahs verlassen, finden man stets willige Helfer, die sich nicht an den Boykott des Westens halten.

US-Außenministerin Hillary Clinton versucht es trotzdem. Sie will Saudi-Arabien und Katar dazu bewegen, Öllieferungen nach China zu garantieren. Damit soll der Abhängigkeit Pekings von iranischen Ölfeldern entgegengewirkt werden, um die Chancen zu erhöhen, dass sich die Großmacht an verschärften Sanktionen beteiligt. Der israelische Premier Benjamin Netanjahu wollte dieser Tage die Regierung in Moskau davon überzeugen, dass die weitere Lieferung von russischen S-300-Flugabwehrraketen gefährlich sei, weil sie nuklear bestückt werden können.

erstschlag Ob das israelische Militär indessen einen Angriff vorbereitet, um das iranische Nuklearprogramm zu zerstören oder zumindest zu verzögern, darüber kann man nur spekulieren. Fest steht nur: Die USA setzen derzeit alles daran, Israel von einem Alleingang abzuhalten. Während in den Medien bereits über mögliche Flugrouten der israelischen Kampfjets spekuliert wird, fordert Washington von Jeru- salem Zurückhaltung. Denn ein israelischer Erstschlag könnte auch für die USA Folgen haben. Generalstabschef Mike Mullen hat deshalb zu Beginn dieser Woche seine israelischen Gesprächspartner vor einem militärischen Alleingang gegen die Atomanlagen gewarnt. Er befürchtet unter anderem, dass amerikanische Truppen im Irak und in Afghanistan zum Ziel von Vergeltungsmaßnahmen werden könnten. Washington rechnet auch mit einer Schließung der Straße von Hormuz, was zu einem rasanten Anstieg des Ölpreises führen würde.

Unterstützt wird Mullen bei seinen Mahnungen neuerdings vom ehemaligen israelischen Generalstabschef Dan Halutz: Ein Angriff auf den Iran wäre eine Nummer zu groß für Israel, meinte er kürzlich in einem Interview. Die Nuklearanlagen könnten zwar beschädigt werden, aber aufhalten lasse sich das Atomprogramm nicht mehr, sagen Experten. Israels Sicherheit würde durch einen Angriff seiner Luftwaffe nicht erhöht werden.

Beobachter bezweifeln zudem, dass Israel über genügend Kampfjets verfügt, um die Vielzahl von Zielen anzugreifen – je nach Schätzung sechs oder gar ein paar Dutzend. Die Luftwaffe könnte darüber hinaus nicht alle Flugzeuge einsetzen, weil sie stets damit rechnen müsste, dass iranische Verbündete – zum Beispiel die Hisbollah, die Hamas oder Syrien – einen Gegenangriff führen würden.

mossad Als Ausweg aus den Optionen »Abwarten« und »Alleingang« setzt Israel, so scheint es, derweil auf Aktionen des Mossad, um das Programm zu verzögern. Der iranische Nuklearapparat sei auf höchstem Niveau mit Spitzeln durchsetzt, werden Geheimdienstkreise zitiert. So kamen in der Vergangenheit wiederholt Experten unter mysteriösen Umständen ums Leben. Ob hinter diesen Unfällen der israelische Geheimdienst steckt, darüber kann nur spekuliert werden. Sicher ist aber, dass sie den Termin immer wieder verzögern, an dem Teheran verkündet: »Unser Atomprojekt ist einsatzbereit.«

Genf

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