Interview

»Ich will unser Gemälde zurück!«

Max Liebermanns Gemälde Foto: screenshot JA

Herr Toren, Sie haben die Bundesrepublik und Bayern auf Rückgabe des Gemäldes »Zwei Reiter am Strand« von Max Liebermann verklagt. Warum soll die Bundesregierung Ihnen das Werk übergeben?
Weil ich der rechtmäßige Eigentümer bin! Ich fordere nichts Unanständiges, ich möchte nur das zurück, was meiner Familie gehörte, bevor es uns von den Nazis während der Schoa gestohlen wurde. Es ist lückenlos dokumentiert, dass mein Großonkel David Friedmann bis 1939 offizieller Eigentümer des Bildes war. Dass das Werk auch zwei Jahre nach der Beschlagnahmung in Cornelius Gurlitts Wohnung immer noch in staatlichem Gewahrsam ist, ist ein Skandal. Es handelt sich immerhin um NS-Raubkunst aus jüdischem Besitz.

Sie waren 13 Jahre alt, als Sie das Gemälde zuletzt sahen. Welche Erinnerung haben Sie daran?
Das Werk hatte große Anziehungskraft auf mich. Die leuchtenden Farben, das fließende Meer und vor allem die stolzen Pferde beeindruckten mich sehr. Damals hatte ich gerade reiten gelernt. Das Gemälde hing in einem Vorraum zum Wintergarten meines Großonkels, der wie ich in Breslau wohnte. Das Liebermann-Gemälde war sein absolutes Lieblingsbild. Er war eben nicht nur Zuckerfabrikant, sondern auch begeisterter Kunstsammler.

Die Staatsanwaltschaft Augsburg informierte die Öffentlichkeit erst 18 Monate nach der Beschlagnahmung des Gemäldes. Fühlen Sie sich von den Behörden getäuscht?
Das ist nicht nur ein Gefühl. Die Augsburger Staatsanwaltschaft hat die Wahrheit vor mir und anderen Eigentümern systematisch verschwiegen. Nur durch einen Whistleblower erfuhr die Öffentlichkeit, dass auch »Zwei Reiter am Strand« in Gurlitts Wohnung gefunden wurde. Ohne diese Enthüllung würde heute außerhalb der Staatsanwaltschaft womöglich niemand von den Titeln der gefundenen Kunstwerke Kenntnis haben.

Wie enttäuscht sind Sie vom Vorgehen der deutschen Justiz?
Enttäuscht kann man nur von jemandem sein, von dem man vorher viel erwartet hat. Das hatte ich in Bezug auf Deutschland nie. Die Nazis haben fast meine gesamte Familie ermordet. Ich lebe aus Überzeugung in den USA. Dass die Justiz heute anscheinend immer noch auf Zeit spielt, hätte selbst ich nicht für möglich gehalten. Ich habe keine Geduld mehr. Ich möchte meinen Liebermann zurück. Das Gemälde gehört unserer Familie.

Für wie wahrscheinlich halten Sie es, vor Gericht Recht zu bekommen?
Als früherer Anwalt glaube ich, dass die Chancen fifty-fifty stehen. Eine andere Frage ist, ob ich das Urteil noch erleben werde. Ich werde bald 89 Jahre alt. Mein älterer Bruder ist vergangene Woche 92-jährig gestorben. Sein Wunsch war immer, das Bild unseres Großonkels noch einmal in den Händen halten zu können. Wenn die deutsche Justiz weiterhin so langsam arbeitet, werde auch ich das Urteil nicht mehr erleben. Vielleicht geschieht ja jetzt passend zu Pessach ein kleines Wunder.

Mit dem Holocaust-Überlebenden und Juristen sprach Philipp Peyman Engel.

Nahost

Wie das iranische Atomprogramm begrenzt werden sollte

Seit mehr als 20 Jahren gibt es Bemühungen um eine Begrenzung des iranischen Atomprogramms. Es diene friedlichen Zwecken, betont der Iran bis heute - daran gibt es aber vielerorts Zweifel

von Christiane Oelrich  20.06.2025

Berlin

Wadephul fordert mehr Verlässlichkeit vom Iran

Vor fast einer Woche begann der Krieg gegen das iranische Regime und dessen Atomprogramm. Der deutsche Außenminister setzt auf Diplomatie gegen die Eskalation. Was erwartet er von den Gesprächen in Genf?

 20.06.2025

Meinung

Israel hat eine historische Chance auf Frieden

Nach den militärischen Erfolgen der vergangenen 20 Monate hat der jüdische Staat keinen Feind mehr, der seine Existenz ernsthaft bedrohen könnte. Nun ist die Zeit für Diplomatie gekommen

von Joshua Schultheis  19.06.2025

Straßburg/Berlin

Israelfeindliche Demos: Europarat kritisiert Deutschland

Menschenrechtskommissar Michael O’Flaherty kritisiert das Vorgehen gegen Demonstranten. Er bezieht sich auch auf die »Nakba-Tag«-Demo am 15. Mai, bei der ein Polizist fast zu Tode geprügelt wurde

 19.06.2025

Diplomatie

»Israel macht die Drecksarbeit für uns«

Beim G7-Gipfel in Kanada lobt der Bundeskanzler den Angriff auf Iran

von Michael Thaidigsmann  19.06.2025

Nahost

NGO: Iran seit über zwölf Stunden vom Internet getrennt

Viele Iraner haben nun keinen Kontakt mehr zur Außenwelt

 19.06.2025

Diplomatie

Europäische Außenminister wollen mit Iran verhandeln

In Genf sollen am Freitag direkte Gespräche europäischer Top-Diplomaten mit dem iranischen Außenminister stattfinden

 19.06.2025

Bundesregierung

Kabinett Merz: Bisher 4 Mio. Euro Rüstungsexporte für Israel

In der ersten fünf Wochen ihrer Amtszeit hat die neue Bundesregierung aber keine Ausfuhrgenehmigungen für Kriegswaffen erteilt

 19.06.2025

Berlin

Prosor nimmt Merz gegen Kritik in Schutz

Der Kanzler hat sich hinter die israelischen Angriffe auf den Iran gestellt. Für seine drastische Wortwahl wird Merz scharf kritisiert, aber er bekommt auch Unterstützung

 19.06.2025