Yitzhak Melamed

»Ich war geschockt«

Im Bonner Hofgarten wurde der israelische Hochschulprofessor von einem jungen Mann mit palästinensischen Wurzeln attackiert. Danach wurde Melamed von der Polizei verletzt. Foto: dpa

Der israelische Hochschulprofessor aus den USA, der nach einem antisemitischen Angriff in Bonn irrtümlich von der Polizei für den Täter gehalten wurde, wirft den Polizisten »brutale Polizeigewalt« und die Verbreitung von Lügen vor.

Die Beamten hätten ihn zu Boden geworfen und ihm mehrmals ins Gesicht geschlagen, sagte der in den USA lebende Philosophieprofessor Yitzhak Melamed den Zeitungen der »Funke Mediengruppe«. »Ich war geschockt, und ich rief: Ich bin die falsche Person«, berichtete Melamed. Zu dem Vorfall kam es am Mittwoch im Bonner Hofgarten, nachdem ein 20-jähriger Mann mit palästinensischen Wurzeln dem Professor die Kippa vom Kopf geschlagen hatte.

PASSIV Der Professor bestreitet entschieden, dass er Gegenwehr geleistet habe. »Ich war nicht zu 100, sondern zu 500 Prozent passiv, ich habe nichts gemacht«, erklärte Melamed. »Ich bin kein trainierter Kämpfer, sondern ein Philosoph. Dann fingen sie an, mir ins Gesicht zu schlagen. Völlig verrückt! Ich war geschockt.«

Die Polizei gab an, den Professor aus Baltimore mit dem Angreifer verwechselt zu haben. Deswegen sei er zunächst festgehalten worden. Die Polizei teilte zudem mit, dass der Wissenschaftler geschlagen worden sei, nachdem er sich gewehrt habe. Der Professor sagte dazu: »Ganz sicher habt ihr ein Problem mit dem Antisemitismus, aber ihr habt auch ein Problem mit brutaler Polizeigewalt.« Das sei ein »abscheuliches Polizeiverhalten, wie man es sonst nur in einem Entwicklungsland findet«.

Die Polizei habe ihn im Anschluss an den Vorfall im Bonner Hofgarten dazu überreden wollen, von einer Anzeige gegen die Beamten abzusehen. Die Beamten hätten ihm deutlich gemacht, sollte er sich über sie beschweren, wären sie gezwungen, ihn zu beschuldigen, sich seiner Festnahme widersetzt zu haben.

drohung Zum weiteren Verlauf des Vorfalls sagte der Philosophieprofessor: »Sie lösten mir die Handschellen, und es kam eine Polizistin, ich glaube, es war die Vorgesetzte. Ein anderer sagte zu mir auf Englisch: ›Machen Sie der deutschen Polizei keinen Ärger.‹ Und ich antwortete: ›Ich habe keine Angst vor der deutschen Polizei. Mein Großvater wurde von der deutschen Polizei ermordet, meine Großmutter wurde von der deutschen Polizei ermordet, meine Tante wurde von der deutschen Polizei ermordet, mein Onkel wurde von der deutschen Polizei ermordet. Und ich habe keine Angst mehr vor der deutschen Polizei‹.«

In einem Brief unter anderem an die Nachrichtenagentur dpa beschuldigte Yitzhak Melamed die Polizei, Lügen über den Vorfall am Mittwoch zu verbreiten. »Die Bonner Polizeipräsidentin versprach mir, dass es eine Untersuchung geben wird. Was mich wirklich ärgert, ist, dass es später eine Mitteilung gab, in der steht, ich hätte mich widersetzt. Nur, um sich zu rechtfertigen. Das ist so enttäuschend.«

Der mutmaßliche Täter, ein 20-jähriger Deutscher mit palästinensischen Wurzeln, hatte dem Professor zuvor die Kippa heruntergeschlagen und ihn zudem geschubst und geschlagen. Dabei hat der offenbar psychisch verwirrte junge Mann nach Angaben von Melamed unter anderem »Kein Jude in Deutschland« und »I fuck Jews« gerufen.

flucht Als die von der Begleiterin des Angegriffenen alarmierte Polizei vor Ort erschien, flüchtete der Angreifer. Der Professor verfolgte ihn und wurde von der Polizei fälschlicherweise für den Angreifer gehalten.

Gegen die Beamten, die den Wissenschaftler bei dem Einsatz verletzt hatten, wird wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt ermittelt. Aus Neutralitätsgründen übernahm das Polizeipräsidium Köln die Ermittlungen. ja/epd

Der Rest der Welt

Warum ich wegen Annalena Baerbock »Sex and the City« gucke

Die Ex-Außenministerin ist Präsidentin der UN-Generalversammlung und zeigt auf Instagram ihr Carrie-Brad­shaw-mäßiges Leben in New York

 09.09.2025

London

Israels Präsident Herzog besucht Großbritannien

Der Besuch des israelischen Präsidenten erfolgt auf Einladung jüdischer Organisationen in einer spannungsgeladenen Zeit

 09.09.2025

Rechtsterrorismus

Ex-Innenminister Beckstein: NSU-Morde »größte Niederlage des Rechtsstaats«

25 Jahre nach dem ersten NSU-Mord zieht der frühere bayerische Innenminister Beckstein ein gemischtes Fazit zur Aufklärung. Er spricht außerdem über weitere mögliche Mitwisser - und räumt Fehler ein

von Hannah Krewer  09.09.2025

Tunesien

Feuer an Bord eines Schiffs der »Gaza Sumad Flotilla«

Die Aktivisten sprechen von einem israelischen Drohnenangriff. Doch die tunesischen Behörden glauben nicht an diese Theorie

 09.09.2025

Washington D.C.

Demokraten zeigen angebliches Trump-Schreiben an Epstein

Ein angebliches Geburtstagsschreiben Donald Trumps an den Sexualstraftäter sorgt für Aufsehen. Jetzt stellen Demokraten das fragliche Dokument ins Netz. Die Republikaner zürnen

 09.09.2025

Berlin

Polizei zählt 899 antisemitische Delikte in drei Monaten

Die Linken-Politikerin Bünger fordert mehr Schutz für jüdisches Leben und warnt zugleich vor einer »Kriminalisierung« von Gaza-Protesten

 09.09.2025

Berlin/Ulm

Ron Prosor: Angriff auf israelischen Rüstungskonzern Elbit in Ulm ist ein terroristischer Akt

In Ulm ist eine israelische Firma angegriffen worden. Die Polizei vermutet einen politischen Hintergrund. Nun äußert sich der Botschafter des Landes

 09.09.2025

Saarbrücken

Saarland setzt Signal gegen Antisemitismus - Verfassung wird geändert

Der saarländische Landtag will den Schutz jüdischen Lebens in die Verfassung schreiben. Eine Einigung von SPD und CDU macht den Weg dafür frei. Auch der Verfassungsgerichtshof soll gestärkt werden

 08.09.2025

Berlin

Rückkehr einer Unerwünschten

Francesca Albanese will diese Woche nach Berlin kommen, um bei einem Genozid-Workshop an der Freien Universität zu sprechen. Wie schon im Februar werden nun Forderungen nach Absage der Veranstaltung laut

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025