27. Januar

»Ein Triumph über die Nazis«

Ruth Klüger Foto: dpa

Frau Klüger, welche Erinnerung haben Sie an den 27. Januar 1945?
Wenn ich an diese Zeit zurückdenke, ist da erst einmal nur Kälte. Eine entsetzliche Kälte, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann. Wir Gefangenen waren ja über Monate hinweg zweistelligen Minustemperaturen ausgesetzt. Das ist jetzt 70 Jahre her, aber seitdem habe ich nie wieder einen Winter erlebt, der so kalt war. Das vergisst man nicht.

Sie werden am Mittwoch die Hauptrede im Bundestag zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz halten. Mit welchen Gefühlen blicken Sie dieser Aufgabe entgegen?
Von Kalifornien nach Berlin zu kommen und über diese Zeit Zeugnis abzulegen, ist für mich auch ein Triumph über die Nazis. Ich habe ja nur deshalb überlebt, weil ich mich mit 13 Jahren in Auschwitz-Birkenau bei der Selektion als älter ausgegeben habe. Die Befreiung des Konzentrationslagers durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 habe ich selbst nicht miterlebt. Zusammen mit meiner Mutter wurde ich kurz zuvor ins Frauenlager Christianstadt deportiert.

Wie viele andere Schoa-Überlebende konnten Sie jahrzehntelang nicht von Ihrem Schicksal berichten. Worüber genau werden Sie nun im Bundestag sprechen?
Ich habe in Auschwitz Zwangsarbeit leisten müssen. Und mein Gefühl damals war – es hört sich heute grotesk an, das so sagen zu müssen – ein ungeheurer Stolz. Ich war nicht bemitleidenswert, ich überlebte, weil ich die Nazis über mein Alter täuschte und Zwangsarbeit verrichtete. Das möchte ich herausstellen. Ein anderes Thema wird die Prostitution in Konzentrationslagern sein. Den Umgang mit diesem Kapitel nach 1945 muss man als zweite Schuld Deutschlands bezeichnen.

Inwiefern?
Die Bundesregierung stufte die Prostituierten damals nicht als Zwangsarbeiter ein. Demgemäß hatten sie keinen Anspruch auf »Entschädigung«. Bis heute ist dieses Thema wenig bekannt. Bei der Gedenkrede wird der Bundestag auch an die Zwangsarbeiter erinnern. Ich werde darauf hinweisen, dass das Gedenken auch für Zwangsprostituierte gilt.

In unserem Vorgespräch sagten Sie, dass Sie die Einladung des Bundestags vor einigen Jahren womöglich noch abgelehnt hätten. Weshalb?
Weil Deutschland vor ein paar Jahrzehnten noch ein komplett anderes Land war. Damals war es für die schlimmsten Verbrechen verantwortlich. Heute hat es dank der Großzügigkeit für Flüchtlinge den Beifall der Welt gewonnen. Ich habe das nie für möglich gehalten.

Sorgt es Sie nicht, dass viele Flüchtlinge aus Ländern zu uns kommen, in denen der Hass auf Juden weit verbreitet ist, und die Grenzen der Aufnahme bald erreicht sind?
Das treibt auch mich um. Aber ich glaube, dass die Notwendigkeit zu helfen schwerer wiegt als die Gefahren. Deutschland ist zudem reif genug, diese Menschen zu integrieren – und notfalls rote Linien zu ziehen.

Mit der Schriftstellerin und Schoa-Überlebenden sprach Philipp Peyman Engel.

Vatikanstadt

Papst Leo XIV. verurteilt Terroranschlag in Sydney

Bei einem Terroranschlag auf eine Chanukka-Feier in Australien gibt es mindestens 15 Todesopfer. Der Papst findet deutliche Worte

 15.12.2025

USA

Ministerin: Silvester-Terrorattacke in Kalifornien vereitelt

Eine »linksextreme, propalästinensische, regierungsfeindliche und antikapitalistische« Gruppe soll Terroranschläge an der Westküste der USA vorbereitet haben

 15.12.2025

Australien

Faktencheck zum Terroranschlag in Sydney

Nach dem Blutbad am Bondi Beach ist noch vieles unklar. Solche Situationen nutzen Menschen in sozialen Netzwerken, um Verschwörungsmythen zu verbreiten

 15.12.2025

Faktencheck

Ahmed Al Ahmed hat einen Angreifer am Bondi Beach entwaffnet

Ein Passant verhindert Schlimmeres - und wird im Netz umbenannt. Angeblich soll Edward Crabtree einen der Täter von Sydney entwaffnet haben. Doch die Geschichte stammt von einer Fake-Seite

 15.12.2025

Dresden

Hauptverfahren gegen »Sächsische Separatisten«

Acht Mitglieder einer rechtsextremistischen Gruppe sollen sich vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden verantworten. An einem »Tag X« wollten sie laut Anklage gewaltsam an die Macht

 15.12.2025

Oranienburg

Gedenken an NS-Völkermord an Sinti und Roma

Bei der Gedenkveranstaltung wollen Schülerinnen und Schüler Textpassagen aus Erinnerungsberichten verfolgter Sinti und Roma vortragen

 15.12.2025

Sydney

Australiens Premierminister widerspricht Netanjahu

Nach dem Anschlag in Sydney betont Premierminister Albanese: Die Anerkennung Palästinas durch Australien steht nicht im Zusammenhang mit der Tat

 15.12.2025

Berlin

Hitlergruß im Bundestag? Anklage gegen AfD-Abgeordneten

Nach dem Vorwurf verliert Matthias Moosdorf seine Immunität. Auch innerhalb der AfD-Fraktion gab es zuletzt Spannungen um den Politiker

 15.12.2025

Anschlag

Sydney: Neue Details zu den mutmaßlichen Tätern

Hinweise aus Ermittlerkreisen deuten darauf hin, dass die Familie ursprünglich aus Pakistan stammt

 15.12.2025