Der künftige Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat die EU sowie die Nato-Staaten in der Ukraine-Krise zu Zusammenhalt aufgerufen und die Diskussion über mögliche deutsche Waffenlieferungen an Kiew befeuert.
In einem Interview mit der »Rheinischen Post« und dem Bonner »General-Anzeiger« sagte Heusgen: »Geschlossenheit ist ein starkes Mittel, um Russland zu beeindrucken. Putins Methode war und ist es ja immer wieder, zu versuchen zu spalten: zwischen Europa und den USA und innerhalb der Europäischen Union. Deswegen müssen die Staaten von Nato und EU zusammenstehen.«
AGGRESSION Die Diplomatie zeige inzwischen erste Erfolge. »Aus Russland kommen etwas weniger aggressive Töne. Aber die Gefahr ist noch nicht gebannt.« Russlands Präsident Wladimir Putin habe seine mehr als 100.000 Soldaten noch nicht von der Grenze zur Ukraine abgezogen. »Diese Aggression ist gezielt, und sie ist gewollt«, so Heusgen.
Deutschland sei zwar aufgrund der eigenen Geschichte bei Waffenlieferungen in Spannungsgebiete sehr zurückhaltend. «Gleichzeitig exportieren wir ebenfalls mit dem Verweis auf unsere Geschichte modernste U-Boote nach Israel», sagte Heusgen weiter. Es werde «zurecht» gefragt, ob die Bundesregierung nicht aus dem gleichen Grund auch Waffen in die Ukraine liefern müsse.
Der frühere außenpolitische Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel und spätere deutsche UN-Botschafter in New York erinnerte dabei insbesondere an die «bestialische» Ermordung von mehr als 30.000 jüdischen Ukrainern in Babyn Jar bei Kiew durch die deutschen Besatzer im September 1941.
SICHERHEITSRAT Am Wochenende hatte auch der scheidende Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, die Zurückhaltung der Bundesregierung in dieser Angelegenheit kritisiert. Deutschlands Ansehen in der Welt stehe auf dem Spiel, das Land stehe aktuell «in einem miesen, schlechten Licht» da, sagte Ischinger, der wie Heusgen ein ehemaliger deutscher Spitzendiplomat ist.
Die Spannungen an der Grenze beschäftigen am Montag erstmals den UN-Sicherheitsrat. Die USA haben das Thema vergangene Woche nach informellen Gesprächen mit anderen Mitgliedern des Rats und der Ukraine auf die Tagesordnung gesetzt.
Washington und seine Verbündeten befürchten eine russische Invasion in der Ukraine. Sie verlangen einen Rückzug der an der ukrainischen Grenze versammelten russischen Soldaten. Vor dem Sicherheitsrat wird weniger mit Lösungen bezüglich des Konflikts gerechnet. Vielmehr könnten die USA die internationale Bühne als Druckmittel gegen Moskau benutzen. dpa/ja