Urteil

Hausverbot ist rechtens

Hat Zivilcourage gezeigt: Heinz Baumeister, der Direktor des Esplanade-Hotels in Bad Saarow Foto: dpa

Hotels sind nicht verpflichtet, rechtsextremen Gästen eine Unterkunft zu bieten. Grundsätzlich könnten nicht nur Privatleute, sondern auch Unternehmen auf ihr Hausrecht pochen. Darüber hat am Freitag der Bundesgerichtshof in Karlsruhe geurteilt. Hat der Hotelbetreiber jedoch einmal eine Buchung bestätigt, sei er an die Erfüllung des Vertrages in der Regel gebunden, so die Richter.

Im verhandelten Rechtsstreit war der frühere NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt vor Gericht gezogen. Der rechtsextreme Politiker fühlte sich diskriminiert, weil das Esplanade-Wellness-Hotel im brandenburgischen Bad Saarow ihm wegen seiner politischen Überzeugung ein Hausverbot erteilt hatte.

Überzeugung Voigt und seine Frau hatten bei einem Touristikunternehmen für einige Tage im Dezember 2009 den Hotelaufenthalt gebucht. Der Hotelbetreiber bestätigte die Buchung. Doch als der Hoteldirektor realisierte, dass es sich um den damaligen NPD-Vorsitzenden handelte, erteilte er ihm ein Hausverbot. »Die politische Überzeugung von Herrn Voigt ist mit dem Ziel unseres Hauses, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten, nicht zu vereinbaren«, begründete das Hotel seine Entscheidung.

Voigt verlangte vor Gericht den Widerruf des Hausverbots. Er werde wegen seiner politischen Anschauung diskriminiert und in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt. Bei seinem Aufenthalt in dem Hotel habe er nicht vor, sich politisch zu äußern, so Voigt. Die Befürchtung, dass Gäste sich gestört fühlen könnten, sei allein schon deshalb haltlos.

Der Bundesgerichtshof gab Voigt nur teilweise recht. Der Hotelbetreiber könne sich auf sein Recht der Privatautonomie berufen. Er könne selbst entscheiden, wem er Zutritt gestattet und wem nicht. Eine Verletzung des Diskriminierungsverbotes liege nicht vor. Der Gesetzgeber habe dieses Verbot nicht auf Benachteiligungen wegen politischer Überzeugung ausgedehnt. Laut Grundgesetz dürfe zwar niemand wegen seiner politischen Überzeugung benachteiligt werden, dies gelte jedoch nicht unmittelbar im privaten Bereich.

Sachgründe Für den von Voigt gebuchten Zeitraum war das Hausverbot jedoch rechtswidrig, so die Karlsruher Richter. Der NPD-Politiker habe einen zivilrechtlichen Anspruch auf Erfüllung des Vertrages. Schließlich habe das Hotel die Buchung auch bestätigt. In solch einem Fall sei ein Hausverbot nur mit »besonders gewichtigen Sachgründen« gerechtfertigt. Diese lagen aber nicht vor. So habe der Hotelbetreiber nicht klargemacht, dass Voigt mit rechtsextremen Thesen im Hotel »Unruhe« stiften wolle.

Der Direktor des Esplanade-Hotels, Heinz Baumeister, hat mittlerweile wegen des erteilten Hausverbots mehrere Preise erhalten, darunter den »Preis für Zivilcourage gegen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Rassismus« der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und des Förderkreises des Holocaust-Denkmals. Wegen des Hausverbotes erhielt Baumeister jedoch auch mehrfach Drohungen und wurde deshalb zeitweise unter Polizeischutz gestellt.

Baumeister kündigte nach dem Urteil an, das Hausverbot für Voigt bleibe bestehen. Er sehe es als seine Pflicht an, sowohl Gäste als auch Mitarbeiter »vor allem zu schützen, was die Philosophie unseres Hauses beeinträchtigen oder den Alltagsbetrieb stören könnte«.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) wertete die Entscheidung des BGH als »Ermutigung für Zivilcourage«. Rechtsextreme Demokratiefeinde müssten wissen und auch täglich spüren, dass sie in der Gesellschaft nicht willkommen seien. epd

Extremismus

BSW-Chefin Wagenknecht will Brandmauer zur AfD einreißen 

Gespräche zwischen BSW und AfD? Landespolitiker in Thüringen haben es vorgemacht. Selbstverständlich sei das auch auf Bundesebene möglich, sagen beide Seiten

von Torsten Holtz  04.07.2025

Medien

Eurovision künftig ohne Israel?

Die Regierung droht mit der Schließung des öffentlich-rechtlichen Senders Kan. Das könnte das Aus für die Teilnahme am weltgrößten Gesangswettbewerb sein

von Sabine Brandes  04.07.2025

Berlin

Russland steuert Hetzkampagne gegen Nicholas Potter

Das Propaganda-Portal »Red« ist Treiber der Diffamierungskampagne gegen den Journalisten. Das Auswärtige Amt ist sich nun sicher, dass Russland hinter dem Portal steht

 04.07.2025

USA

Edan Alexander bedankt sich bei Donald Trump

Die freigelassene Geisel Edan Alexander trifft erstmals US-Präsident Trump. Um sich zu bedanken und auch, um darauf zu drängen, alle verbleibenden Geiseln so schnell wie möglich nach Hause zu holen

 04.07.2025

Rassistischer Polizist bleibt im Dienst

Gericht »nicht auf rechtem Auge blind«

Der Verwaltungsgerichtshof München steht in der Kritik, weil er einen ehemaligen Personenschützer von Charlotte Knobloch im Dienst belassen hat - obwohl dieser Juden in KZs wünschte. Jetzt wehrt sich das Gericht

 04.07.2025 Aktualisiert

Berlin

Wie viel Migration verträgt das Klassenzimmer – und sind Grenzen nötig?

Bundesbildungsministerin Prien hält eine Obergrenze für Schüler mit Migrationshintergrund für denkbar

 04.07.2025

Österreich

Hitler-Geburtsort Braunau benennt Straßennamen mit NS-Bezug um

Ausgerechnet in Adolf Hitlers Geburtsort gibt es bis dato nach Nationalsozialisten benannte Straßen. Das soll sich ändern - und trifft bei einigen Politikern auf Widerstand

 03.07.2025

Hamburg

Hamas-Anhänger tritt bei staatlich gefördertem Verein auf

Das Bündnis Islamischer Gemeinden in Norddeutschland wird durch das Programm »Demokratie leben« gefördert und lud einen Mann ein, der Sinwar als »Märtyrer« bezeichnet hat

 03.07.2025

«Stimme der verstummten Millionen»

Anita Lasker-Wallfisch blickt ernüchtert auf die Welt

Sie gehörte dem Mädchen-Orchester von Auschwitz an, überlebte das Lager und später das KZ Bergen-Belsen. Am 17. Juli wird die Cellistin Anita Lasker-Wallfisch 100. Und ist verzweifelt angesichts von Antisemitismus, Rechtsruck und Krieg, sagt ihre Tochter

von Karen Miether  03.07.2025