Einspruch

Gerechtigkeit für Sarah Halimi

Einspruch

Gerechtigkeit für Sarah Halimi

Leonard Kaminski bedauert, dass das antisemitische Motiv im Pariser Mordfall nicht ausschlaggebend für das Urteil war

von Leonard Kaminski  29.04.2021 08:39 Uhr

Am 4. April 2017 dringt mitten in Paris ein Mann in die Wohnung der 65-jährigen Jüdin Sarah Halimi ein, misshandelt sie schwer und wirft sie aus dem dritten Stock. Der Mörder wird wohl für längere Zeit nicht in Freiheit leben – dennoch haben am vergangenen Sonntag 25.000 Menschen in Frankreich für Gerechtigkeit für Sarah Halimi demonstriert. Denn der Täter wird nicht etwa nach einem Strafprozess, in dem seine antisemitische Mordlust aufgearbeitet wird, ins Gefängnis kommen.

Stattdessen wird er aufgrund einer »bouffée délirante«, einer kurzzeitigen, durch Marihuanakonsum verstärkten Psychose, in der Psychiatrie verwahrt. Die Entscheidung, ihn als »nicht schuldfähig« einzustufen, war höchst umstritten und ist mit nur knapper Mehrheit gefallen. Ob und wann er freikommt, liegt in der Hand der behandelnden Ärzte, nicht etwa der Strafrichter.

motivation Da er jedoch lediglich als zu Psychosen neigend eingestuft wurde, könnte der Moment seiner Freiheit eher früher als später kommen. Eine der wenigen Entscheidungen, die in diesem Fall von Richtern und nicht von Ärzten getroffen wurde, stellt die antisemitische Motivation der Tat klar. Nur wird diese im faktischen Umgang mit dem Mörder gar nicht beachtet.

Recht und Gerechtigkeit sind nicht dasselbe.

Juristen vermitteln oft den Eindruck, ihr Metier sei eine präzise Wissenschaft, weshalb auch die – nach geltendem französischen Recht korrekten – Entscheidungen in diesem Fall richtig seien. Immer wenn Menschen und nicht die Natur die Regeln aufstellen, werden aber unweigerlich Fehler gemacht. Dafür ist der Fall Halimi ein perfektes Beispiel. Recht und Gerechtigkeit sind nicht dasselbe.

Wenn das Verlangen nach Gerechtigkeit für den Mord an einer Großmutter, deren einziges Verbrechen ihr Jüdischsein war, und die von der Justiz geschaffene Realität so weit auseinanderklaffen, stimmt etwas nicht. Glücklicherweise erkennt das auch die Politik in Paris und arbeitet an entsprechenden Reformen. Für Gerechtigkeit für Sarah Halimi kommt das leider zu spät.

Der Autor ist politischer Berater in Berlin. 2017 arbeitete er für das American Jewish Committee (AJC) in Paris.

Nahost

Israel: Wir stehen kurz vor Abschluss des Einsatzes in Gaza

US-Präsident Donald Trump sagte jüngst, dass es bald im Gaza-Krieg eine Waffenruhe geben könnte. Auch Israels Verteidigungsminister Katz äußert sich nun optimistisch

 30.06.2025

Debatte

Anti-Israel-Parolen: USA entziehen britischer Band Visa

Ein britischer Festivalauftritt mit israelfeindlichen Parolen wird live von der BBC übertragen. Der Sender steht unter Druck – und die USA kündigen an, der Band die Einreise zu verweigern

 30.06.2025

Interview

Nuklearforscher: »Das iranische Atomprogramm neu aufzubauen wird Jahre dauern«

Georg Steinhauser über die israelischen und amerikanischen Schläge gegen Atomanlagen im Iran, die Eigenschaften von Uran-235 und mögliche Szenarien für die Zukunft

von Michael Thaidigsmann  30.06.2025

Israel

Früherer Geheimdienstchef der israelischen Armee: Jerusalem musste das Atomprogramm der Mullahs stoppen

Im Juni 1981 war Amos Yadlin an der Zerstörung von Saddam Husseins Kernreaktor beteiligt. Nun hat er ausführlich über Israels Präventivschlag gegen das Mullah-Regime und den angeblichen »Völkermord« in Gaza Auskunft gegeben

von Imanuel Marcus  30.06.2025 Aktualisiert

Drohung

Iranische Zeitung fordert Todesstrafe gegen IAEA-Chef Grossi

Das staatliche Propagandablatt wirft Rafael Grossi vor, für Israel spioniert zu haben

 30.06.2025

Düsseldorf

Islamistischer Tiktok-Star gesteht Spendenbetrug

Der Islamist »Abdelhamid« hat unter seinen Followern Spenden »für Palästina« gesammelt und diese dann unter anderem für einen BMW ausgegeben. Das gestand er nun vorm Düsseldorfer Landgericht

von Martin Höke  30.06.2025

Düsseldorf

NRW: Zahl antisemitischer Straftaten gestiegen

Fast 700 Fälle wurden im vergangenen Jahr registriert - ein Zuwachs von 27 Prozent

 30.06.2025

Uni Duisburg

Online-Mahnmal gegen Schändung jüdischer Friedhöfe gestartet

Die Universität Duisburg-Essen hat ein Online-Projekt zum Schutz jüdischer Friedhöfe vorgestellt. Grundlage dafür ist eine interaktive Karte

von Raphael Schlimbach  30.06.2025

Atomprogramm

Iran signalisiert Bereitschaft zu Verhandlungen

Nach den US-Angriffen auf iranische Nuklearanlagen wurden die Atomgespräche zunächst unterbrochen. Nun mehren sich Signale Teherans, an den Verhandlungstisch zurückzukehren - unter Bedingungen

 30.06.2025