Brüssel

Genozid-Debatte: EU-Kommission distanziert sich von Ribera

Auf Distanz zur Vizepräsidentin: Kommissionssprecherin Paula Pinho Foto: picture alliance / Anadolu

Die von Ursula von der Leyen geführte Europäische Kommission hat dem Vorwurf widersprochen, bei Israels militärischem Vorgehen im Gazastreifen gegen die palästinensische Terrororganisation Hamas handele es sich um einen Völkermord. Sprecherin Paula Pinho betonte in Brüssel, Kommissionsvizepräsidentin Teresa Ribera habe bei einer Rede am Donnerstag in Paris nicht im Namen der Brüsseler Institution gesprochen, als sie das Wort »Genozid« gebrauchte. Es gebe zu dieser Thematik keine Position der 27 Kommissare und es obliege den Gerichten, über die Frage zu entscheiden, so Pinho.

Die Sozialistin Ribera, die bis vergangenes Jahr noch als stellvertretende Ministerpräsidentin Spaniens amtierte, hatte am Donnerstag in einer Rede an der Pariser Universität »Sciences Po« gesagt, der »Genozid in Gaza« zeige »Europas Versagen«, gemeinsam zu handeln und mit einer Stimme zu sprechen.

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In Israel hatte Ribera damit Empörung ausgelöst. Ein Sprecher des Außenministeriums wies ihre Äußerung als haltlos und inakzeptabel zurück und warf von der Leyens Stellvertreterin, die eigentlich für Klimapolitik zuständig ist, vor, sich »zum Sprachrohr der Hamas-Propaganda« gemacht zu haben.

Auch aus Deutschland kam Kritik an Ribera. Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag Alexander Hoffmann nannte die Äußerungen der Vizepräsidentin »einseitig und unangemessen«. Der Deutschen Presse-Agentur sagte Hoffmann: »Man kann Israels Vorgehen in Gaza kritisieren, aber nicht in dieser Form und nicht ohne die Hamas als Auslöser dieser schrecklichen Gewaltspirale zu benennen«. Die Hamas habe es in der Hand, durch die Freilassung der Geiseln endlich diesem Krieg ein Ende zu setzen, den sie selbst auf brutalste Art und Weise losgetreten habe.

Keine Einigkeit über Sanktionsvorschlag der Kommission

Mit den Äußerungen zur Handlungsunfähigkeit der EU spielte Teresa Ribera offenbar auch darauf an, dass die 27 EU-Staaten sich trotz der schwierigen humanitären Lage im Gazastreifen bislang nicht auf eine von der EU-Kommission vorgeschlagene Strafmaßnahme gegen Israel verständigt haben. Diese sieht den Ausschluss israelischer Unternehmen aus einem Teilbereich des Forschungsförderungsprogramms »Horizon Europe« vor.

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Laut einer Bewertung der Kommission verstößt Israel mit seinem Vorgehen im Gazastreifen und der daraus resultierenden humanitären Katastrophe gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht. Damit werde ein wesentliches Prinzip der Zusammenarbeit zwischen der EU und Israel im Rahmen des Assoziierungsabkommens verletzt, heißt in der Beschlussvorlage.

Am Mittwoch berieten die EU-Botschafter der Mitgliedsstaaten erneut über den Vorschlag. Die erforderliche Mehrheit von 16 Staaten, welche gemeinsam mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, ist bislang nicht erreicht. Deutschland hatte bereits vergangene Woche angekündigt, dem Vorschlag nicht zustimmen zu wollen. Auch Österreich, Tschechien und Ungarn haben sich Informationen dieser Zeitung zufolge in der Sitzung dagegen ausgesprochen. Italien hat sich noch nicht festgelegt.

Israel verteidigt sein Vorgehen als notwendige Reaktion auf den Terrorangriff der Hamas und anderer Extremisten vom 7. Oktober 2023. Neben der Freilassung aller in den Gazastreifen verschleppten Geiseln will die Regierung in Jerusalem die Terrororganisation Hamas entmachten und entwaffnen. Jerusalem betont dabei immer wieder, das Humanitäre Völkerrecht zu achten. dpa/mth

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