Antisemitismus

Gelbe Karte für den roten Ken

Ken Livingstone Foto: dpa

Das britische Parlament hat am Mittwoch den Weg für vorgezogene Neuwahlen am 8. Juni frei gemacht. Damit die Labour-Partei von Jeremy Corbyn eine Chance gegen die konservative Premierministerin Theresa May haben könnte, die in Umfragen deutlich führt, ist bei Labour Einigkeit geboten.

Davon aber war – zumindest in der jüngsten Auseinandersetzung um Antisemitismus – wenig zu spüren: Anfang April suspendierte ein parteiinterner Disziplinarausschuss die Mitgliedschaft des Londoner Ex-Bürgermeisters Ken Livingstone für ein weiteres Jahr. Daraufhin entbrannte die Antisemitismusdebatte in der Partei erneut.

oberrabbiner Für unsägliche Ausfälle war Livingstone schon immer zu haben. Anlass für die neuerliche Parteimaßnahme war, dass der 71-Jährige Adolf Hitler »einen Unterstützer des Zionismus« genannt hatte. Doch während Livingstone tobte, der Disziplinarausschuss habe agiert wie ein nordkoreanisches Gericht, erklärte der britische Oberrabbiner Ephraim Mirvis, Labour habe die Juden enttäuscht. Die Entscheidung beweise, »dass es die Partei mit der Bekämpfung von Antisemitismus nicht ernst meint«.

Mirvis bezieht sich nicht nur auf den Fall Livingstone. Diverse Affären, in die auch Parteichef Corbyn verwickelt war, führten sogar zu einem parlamentarischem Ausschuss bei Labour, der sich mit dem Thema Antisemitismus befasste. Der Fall Livingstone, so Rabbiner Mirvis, sei eine Chance gewesen, zu beweisen, dass man keine absichtlichen Angriffe auf die jüdische Gemeinschaft toleriere. Doch die Chance sei vertan worden.

Tom Watson, stellvertretender Parteichef, gab öffentlich zu verstehen, dass er Rabbiner Mirvis vollkommen recht gibt. Außer Watson meldeten sich etwa 100 Labourabgeordnete zu Wort. Sie wollen zeigen, dass sie hinter der jüdischen Gemeinschaft stehen. Die Livingstone-Entscheidung sei »nicht in ihrem Namen gefallen«. Ein Offener Brief des »Jewish Labour Movement«, der fordert, Livingstone aus der Partei zu werfen, fand mehr als 1000 Unterzeichner. Corbyn sah sich genötigt zu erklären, dass er von Livingstone enttäuscht sei, wenn dieser seine Fehler nicht einsehe. Reue fordert auch John McDonnell, Finanzminister in Labours Schattenkabinett und wie Corbyn ein Vertrauter Livingstones.

zionismus Während die Bemühungen um einen Ausschluss Livingstones weitergehen, formieren sich auch seine Unterstützer. Auf ihrer Facebook-Seite schrieb die ostenglische Sektion der Gruppe Momentum, die zum linken Flügel von Labour gehört, die Suspendierung Livingstones sei »erbärmlich«, sie sei vom Staat Israel betrieben worden, der Einfluss in der Partei bündele, »um Kritik an einem neuen Apartheidstaat« unmöglich zu machen.

Solche Bemerkungen, ganz gleich, ob sie von Momentum oder von Livingstone kommen, seien »Absicht«, schreibt der Soziologe David Hirsh im »Jewish Chronicle«: Immer gehe es darum, Zionismus mit Rassismus, ja sogar mit dem Nationalsozialismus in Verbindung zu bringen, um ihn so zu diskreditieren.

Etwas Positives kann Douglas Murray von der liberalen Henry Jackson Society der Affäre immerhin abgewinnen. Im »Spectator« schreibt er, gerade Livingstones verstocktes Beharren habe die Geschichte öffentlich gemacht, von der man sonst nie erfahren hätte. Ob Murrays Optimismus begründet ist, bleibt aber offen. Schließlich wurde Livingstone schon 2006, als er noch Londoner Bürgermeister war, für vier Wochen von diesem Amt suspendiert, nachdem er einen jüdischen Journalisten als KZ-Aufseher beschimpft hatte. Danach konnte der »rote Ken« noch weitere zwei Jahre amtieren.

Berlin

JSUD fordert Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Teheran

»Ohne den Iran hätte der 7. Oktober nicht passieren können«, sagt die Vorsitzende Hanna Veiler

 25.04.2024

Virginia

Biden: »Dieser unverhohlene Antisemitismus ist verwerflich und gefährlich«

US-Präsident Biden verurteilt antiisraelische Proteste an Universitäten

 25.04.2024

Terror

Argentinien schreibt Irans Innenminister zur Fahndung aus

Er war offenbar 1994 an dem Bombenanschlag 1994 auf das jüdische Gemeindezentrum Amia beteiligt

 25.04.2024

Oranienburg

Mehr antisemitische Vorfälle in Gedenkstätte Sachsenhausen

»Geschichtsrevisionistische Tabubrüche und Grenzverschiebungen von rechts« werden registriert

 25.04.2024

Berlin

Ausstellung im Haus der Wannsee-Konferenz beschädigt

Kuratorin: «Auffällig, dass ausgerechnet Plakate zum israelbezogenen Antisemitismus beschädigt wurden«

 24.04.2024

Kommentar

AfD in Talkshows: So jedenfalls nicht!

Die jüngsten Auftritte von AfD-Spitzenpolitikern in bekannten Talk-Formaten zeigen: Deutsche Medien haben im Umgang mit der Rechtsaußen-Partei noch viel zu lernen. Tiefpunkt war das Interview mit Maximilian Krah bei »Jung & Naiv«

von Joshua Schultheis  24.04.2024

Umfrage

Studie: Für die meisten muslimischen Schüler ist der Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Fast die Hälfte der Befragten will einen islamischen Gottesstaat

 22.04.2024

Vereinte Nationen

»Whitewash«: UNRWA-Prüfbericht vorgelegt

Eine Untersuchung sollte die schweren Vorwürfe gegen das UN-Hilfswerk aufklären - vorab sickerten erste Details durch

von Michael Thaidigsmann  22.04.2024

Berlin

Ausstellung will Leben in Geiselhaft simulieren

In der Fasanenstraße werden in einem Container die Bedingungen der Geiseln in Gaza simuliert

von Pascal Beck  22.04.2024