Antisemitismus

»Es gibt keine Entwarnung«

Alexander Rasumny Foto: www.fotomorgana.de

Herr Rasumny, der Berliner Antisemitismusbericht hat für 2019 Zahlen und Fakten ermittelt. Im vergangenen Jahr haben Sie 881 antisemitische Vorkommnisse erfasst. Gegenüber 2018 bedeutet das einen Rückgang um 19 Prozent. Zeigt der Kampf gegen Juden- und Israelhass Wirkung?
Das ist schwer zu sagen. Wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung. Ein entscheidender Faktor für den Rückgang antisemitischer Vorfälle 2019 ist die im Vergleich zum Vorjahr veränderte Debatte über Israel. Entsprechende Themen standen 2019 weniger im Fokus der medialen Öffentlichkeit als 2018, als die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt wurde. Israelbezogener Antisemitismus spielte 2019 eine geringere Rolle. Entwarnung gibt es aber nicht. Für viele Menschen ist die bloße Anwesenheit von Juden nach wie vor ein ausreichender Anlass zu antisemitischen Anfeindungen, ob auf der Straße oder im Netz.

Gegen wen richteten sich die Anfeindungen?
Häufig gegen jüdische und als jüdisch wahrgenommene Menschen. Physische Angriffe auf diese Gruppe haben sich im Vergleich zu 2018 sogar von 19 auf 25 erhöht. Während im Vorjahresvergleich jüdische und israelische Organisationen vor allem im Internet weniger betroffen waren, war das jüdische Gemeindeleben stärker Ziel von antisemitischen Vorfällen. Hier ist der versuchte Angriff auf die Synagoge Oranienburger Straße durch einen Mann mit Messer Anfang Oktober zu nennen.

Von wem gingen die Attacken aus?
Die Mehrzahl der Taten ließ sich wegen unklarer Hintergründe nicht zuordnen. Mit 29 Prozent können die meisten Vorfälle dem rechtsextremen Milieu zugeordnet werden. Antiisraelischer Aktivismus machte mit zehn Prozent etwa den gleichen Anteil wie im Vorjahr aus.

Wie sieht der Trend in anderen Bundesländern aus?
Dort ist die Erfassung noch nicht so weit wie in Berlin, wo wir seit 2015 ein dichtes Meldenetzwerk aufgebaut haben. Sachsen-Anhalt wird nun auf der Basis der »Problembeschreibung« eine Meldestelle einrichten. RIAS Bayern ist seit April 2019 aktiv und hat nun einen ersten Bericht vorgestellt. Es zeichnet sich aber ab, dass vor allem die Ablehnung der Erinnerung an die Schoa in all diesen Regionen eine zentrale Rolle spielt.

Wie nimmt die jüdische Community die Bedrohung aktuell wahr?
In der Corona-Krise hat sich das Geschehen in den virtuellen Raum verlagert. Videoveranstaltungen jüdischer Organisationen werden bewusst gestört. Die derzeitige Ausnahmesituation darf nicht über die analoge Bedrohungslage hinwegtäuschen. Wie mörderisch Antisemitismus und Verschwörungsmythen sind, haben die Taten von Halle und Hanau gezeigt.

Mit dem Referenten für Öffentlichkeitsarbeit des Bundesverbandes der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) sprach Jérôme Lombard.

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen der gemeinnützigen Organisation wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025

New York

Mitglieder von Mamdanis Team haben Verbindungen zu »antizionistischen« Gruppen

Laut ADL haben mehr als 80 Nominierte entsprechende Kontakte oder eine dokumentierte Vorgeschichte mit israelfeindlichen Äußerungen

 23.12.2025

Düsseldorf

Reul: Bei einer Zusammenarbeit mit der AfD wäre ich weg aus der CDU

Die CDU hat jede koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Sollte sich daran jemals etwas ändern, will Nordrhein-Westfalens Innenminister persönliche Konsequenzen ziehen

 23.12.2025

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025

Australien

Behörden entfernen Blumenmeer für die Opfer von Bondi Beach

Die Regierung von New South Wales erklärt, man habe sich vor dem Abtransport der Blumen eng mit der jüdischen Gemeinde abgestimmt

 22.12.2025