Meinung

Erst kommt Frieden, dann die Moral

Mordechay Lewy Foto: Marco Limberg

Papst Franziskus ist nie verlegen, wenn es darum geht, die Sprache der Gesten und Symbole aufzurufen. In dem Moment, als er die Idee eines gemeinsamen Friedensappells in den Vatikangärten ausgesprochen hatte, konnten die Angesprochenen, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und der scheidende israelische Präsident Schimon Peres, nicht mehr absagen. Keiner wollte als Friedensverweigerer erscheinen. Ob die Begegnung zukunftweisend wirken wird, bleibt abzuwarten. Die Kraft des Gebetes ist ja eine Glaubenssache. Aber auch die größten Skeptiker werden beipflichten: Wenn es auch nicht hilft, schaden kann es nicht.

botschaft Papst Franziskus hat, indem er den Patriarchen Bartholomäus mit eingeladen hat, eine Botschaft an seine Gäste formuliert: Genau wie ich mich um die Beilegung eines historisch-religiösen Zwistes mit meinen griechisch-orthodoxen Brüdern bemühe, so könntet ihr alles versuchen, um euren historisch-territorialen Konflikt zu lösen.

Liest man sich die Ansprachen durch, die gewiss einen Kompromiss zwischen der Vorgabe des Vatikans und dem eigenen Narrativ darstellen, zeigt sich, dass keine Gelegenheit ausgelassen wurde, um für die jeweils eigene Sache zu werben. Während der Begriff »Frieden« von beiden jeweils 40-mal aufgegriffen wurde, hat nur Abbas »Gerechtigkeit« erwähnt – im Kontext eines »gerechten Friedens«. Die Formel fasst das palästinensische Narrativ zusammen, doch sie birgt Widersprüche in sich. Der politische Frieden ist eine Formel, die beide Parteien zu Kompromissen zwingt. Die Machbarkeit ist der Leitfaden, um dieses Ziel zu erreichen – nicht moralische Vorsätze. Für einen religiös geprägten endzeitlichen Frieden sind Staatspräsidenten nicht zuständig.

gerechtigkeit Dem steht das Prinzip der Gerechtigkeit gegenüber, und es erscheint moralisch überhöht. Wenn ein quasi sakrosanktes Prinzip wirkt, sind kaum Kompromisse möglich. Wie viel Prozent man von seinem gerechten Anliegen abtreten sollte, lässt sich nicht so quantifizieren wie bei einem Territorium. Daher eignet sich dieses Gerechtigkeitsprinzip auch nicht als Mittel, um Kompromisse und Frieden zu schließen. Diese Erkenntnis war schon unseren Weisen bekannt. Mosche und Aharon erscheinen im Babylonischen Talmud, Traktat Sanhedrin 6b, als gegenübergestellte Befürworter der Gerechtigkeit und des Friedens. »Mosche pflegte zu sagen ›Die Gerechtigkeit wird den Felsen durchbohren‹, aber Aharon mag den Frieden und sucht den Frieden, damit Frieden einkehrt zwischen den Menschen.«

Der Autor war israelischer Botschafter im Vatikan.

Krieg

Luftwaffe fliegt Deutsche aus Israel aus. Die Maschinen sind auf dem Rückweg in die Bundesrepublik

Die Hintergründe

von Anna Ringle  20.06.2025

Standpunkt

Vom Iran-Geschäft zum Krieg

Die verfehlte europäische Politik gegenüber dem Terror-Regime hat die israelischen Präventivschläge notwendig gemacht

von Stephan Grigat  20.06.2025

Meinung

Es geht um mehr als Deeskalation oder »Drecksarbeit«

In der deutschen Debatte um Israels Luftschläge gegen das Teheraner Regime wird das entscheidende ausgeklammert: die seit langem völlig verfehlte deutsche Iranpolitik

von Constantin Ganß  20.06.2025

Nikosia

Zypern bestätigt Ankunft von US-Militärflugzeugen

Die Menschen auf Zypern bemerken Nacht für Nacht die Raketen und die Luftabwehr über Israel. Nun verlegt das US-Militär Tank- und Transportflugzeuge auf die Insel

 20.06.2025 Aktualisiert

Umfragen

Mehrheit der Amerikaner wollen keine US-Beteiligung am Krieg gegen Iran

Zugleich sehen die meisten US-Bürger die Gefahr, die vom Teheraner Regime ausgeht

 20.06.2025

Nahost

UN arbeiten an Krisenplänen für Iran-Flüchtlinge

Menschen fliehen im Iran vor den israelischen Angriffen auf ihr Regime und dessen Atomprogramm. Manche suchen außerhalb der Städte Zuflucht, andere verlassen das Land. Wie sich das UN-Flüchtlingshilfswerk darauf einstellt

 20.06.2025

Großbritannien

Palästina-Aktivisten auf Rollern in Militärbasis eingedrungen

Die Gruppe »Palestine Action« will dabei zwei Transportflugzeuge der britischen Luftwaffe beschädigt haben

 20.06.2025

Krieg gegen Iran

Irans Außenminister lehnt Verhandlungen ab

Drei europäische Außenminister wollen in Genf Gespräche mit ihrem iranischen Amtskollegen führen. Es geht um eine Deeskalation im Konflikt mit Israel. Doch aus Teheran kommen andere Töne

 20.06.2025

Umfrage

Ansehen Israels in Deutschland verschlechtert sich seit Hamas-Massakern

Nur noch 13 Prozent der Befragten halten den Krieg gegen die Terroristen der Hamas für angemessen

 20.06.2025