Interview

»Er war ein grausamer Mann«

Herr Haft, Sie haben für Ihren Vater dessen Erinnerungen an Auschwitz aufgeschrieben. Fiel Ihnen das schwer?
Gar nicht so sehr. Mein Vater war damals schon fast 80 Jahre alt, als ich anfing. Wir mussten uns beeilen.

Sein Überlebenskampf in Auschwitz, von dem er Ihnen erzählt hat, muss doch auch für Sie ungeheuer bedrückend gewesen sein.
Ja, aber ich hielt Distanz, sonst hätten wir das nicht machen können. Wir hatten mein ganzes Leben lang eine sehr schwierige Beziehung. Er war ein grausamer und gewalttätiger Mensch. Das war er auch noch, als er schon alt war und ich langsam verstanden habe, wie viel Schlimmes er in seinem Leben mitgemacht hat.

Haben Sie irgendwann verstanden, warum er so grausam war?
So ganz habe ich ihn nie verstanden. Man kann nicht in die Schuhe eines anderen Menschen schlüpfen. Was ich verstanden habe, und das sehr spät – da war ich schon erwachsen, hatte eine eigene Familie und lebte schon längst nicht mehr zu Hause –, war, dass mein Vater unerträglich schreckliche Dinge erlebt hat. Die haben ihn geprägt.

Können Sie das genauer beschreiben?
Mein Vater war noch ein Kind, 14 Jahre alt, als er ins KZ kam. Hier hat er die schlimmsten Dinge erlebt. Er musste Menschen im Boxring erschlagen! Er hat gesehen, wie sich Menschen tatsächlich aufgegessen haben!

Wollte Ihr Vater, dass Sie diese brutale Geschichte aufschreiben?
Ja, das war ihm wichtig. Er fühlte das als Verpflichtung, und ich habe es übrigens auch so verstanden.

Eine Verpflichtung für wen?
Für das jüdische Volk vor allem. Die Juden sollen wissen, was jemand von ihnen im KZ hat erleiden müssen. Wenn er seine Geschichte nicht erzählt hätte und ich seine Geschichte nicht aufgeschrieben hätte, dann wäre sie vergessen worden. Niemand hätte sie gekannt. Wenn Sie so wollen, ist es eine Anne-Frank-Geschichte. Ich hoffe auf eine große Verbreitung.

Was ist aus Ihrer Sicht das Bedeutende an dieser Geschichte?
Sie handelt von unglaublichem Leiden. Zugleich ist es aber die Geschichte von jemandem, der aus diesem Grauen kam und gegen die besten Schwergewichtsboxer seiner Zeit gekämpft hat, unter anderem gegen Rocky Marciano!

Ihr Vater ist 2007 gestorben. Hat er noch das Buch gelesen?
Er war Analphabet, er hat es nicht lesen können. Er konnte nur Comics verstehen, und im Sportteil der Zeitung hat er die Ergebnisspalten gelesen. Mehr nicht. Aber wir haben es ihm natürlich vorgelesen. Und er war sehr glücklich, dass er das noch erlebt hat.

Mit dem Rechtsanwalt in New Mexico/ USA sprach Martin Krauß.

Wien

Juden protestieren gegen FPÖ-Veranstaltung für Antisemiten im Parlament

Als »radikalen Antisemiten« hatte sich der Österreicher Franz Dinghofer einst selbst bezeichnet - auch der NSDAP trat er bei. Die rechtsextreme FPÖ gedenkt des Politikers nun - und wird dafür hart kritisiert

 11.11.2025

Projekte gegen Antisemitismus

Berliner Kultursenatorin räumt Defizite bei Fördermittel-Vergabe ein

In Berlin sollen Mittel für Projekte gegen Antisemitismus nach unklaren Kriterien und auf Druck und Wunsch aus der CDU-Fraktion vergeben worden sein. Kultursenatorin Wedl-Wilson will nun »aufräumen«

 11.11.2025

Initiative

Knesset stimmt über Gesetz zu Todesstrafe ab

Wer in Israel tötet, um dem Staat und »der Wiedergeburt des jüdischen Volkes« zu schaden, soll künftig die Todesstrafe erhalten können. Das sieht zumindest ein umstrittener Gesetzentwurf vor

 11.11.2025

Berlin

Ein streitbarer Intellektueller

Der Erziehungswissenschaftler, Philosoph und Publizist Micha Brumlik ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Ein persönlicher Nachruf

von Julius H. Schoeps  11.11.2025

Terror

Netanjahu: Israels Kampf gegen Feinde noch nicht vorbei

Laut Ministerpräsident Netanjahu beabsichtigen die Hamas und die Hisbollah weiterhin, Israel zu vernichten. Die Waffenruhe-Abkommen mit beiden will Israel demnach durchsetzen - solange diese gelten

 11.11.2025

Diplomatie

Al-Schaara schließt normale Beziehungen zu Israel aus

Der syrische Staatschef wurde von US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus empfangen. Bei dem historischen Treffen ging es auch um die Abraham-Abkommen

 11.11.2025

Meinung

Wahlen in Ostdeutschland: Es gibt keine Zeit zu verlieren

In Mecklenburg-Vorpommer und Sachsen-Anhalt wird im September gewählt. Es steht viel auf dem Spiel: Eine AfD-Regierung könnte großen Schaden anrichten. Leidtragende wären nicht zuletzt die jüdischen Gemeinden

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Medien

So erzeugt man einen gefährlichen Spin

Wie das Medienunternehmen »Correctiv« den Versuch unternimmt, die Arbeit des israelischen Psychologen Ahmad Mansour fragwürdig erscheinen zu lassen

von Susanne Schröter  10.11.2025 Aktualisiert

Würzburg

Zentralrat der Juden fordert mehr Zivilcourage gegen Hass

Beim Gedenken an die Novemberpogrome in Würzburg hat Juden Schuster die grassierende Gleichgültigkeit gegen Judenhass kritisiert

 10.11.2025