Nachruf

Einsatz für die Schwachen

Georg Heuberger sel. A. (1946 – 2010) Foto: Marco Limberg

Georg Heuberger, der bis zuletzt die Claims Conference in Deutschland repräsentierte und bis 2006 im Jüdischen Museum Frankfurt als Direktor wirkte, gehörte Zeit seines Lebens zu den Persönlichkeiten, die das Judentum in Deutschland nach 1945 geprägt haben.

Geboren wurde Heuberger 1946 in Budapest als Sohn von Überlebenden des Holocaust, die aus dem Ghetto Krakau fliehen und in einem Versteck in Ungarn den deutschen Verfolgern entkommen konnten. 1948 kam seine Familie nach Frankfurt am Main. Dieser Stadt blieb er verbunden. An der Goethe-Universität studierte Heuberger Rechtswissenschaft und später, an der Hebräischen Universität Jerusalem, Sozialwissenschaften und Jüdische Geschichte.

Nach einer Tätigkeit an der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg wurde er 1985 vom Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann zum ersten Direktor des neu gegründeten Jüdischen Museums der Stadt berufen. Im ehemaligen Rothschild-Palais baute er in kurzer Zeit eine eindrucksvolle Institution auf, die am 9. November 1988 durch den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl eröffnet wurde. Mit der Dauerausstellung, zahlreichen Sonderschauen, Veranstaltungen und einem umfangreichen pädagogischen Programm gelang es ihm, jüdische Geschichte, Kultur und Kunst einem breiten Publikum zu vermitteln. Ausstellungen wie die über das Ghetto Lodz, die Rothschilds, Moritz Daniel Oppenheim, Marc Chagall und die Deportationen aus Frankfurt zeigen die große Spannbreite der Themen, die ihm wichtig waren. Die Auseinandersetzung mit der Schoa spielte dabei eine besondere Rolle – nicht nur in wichtigen Ausstellungsvorhaben, sondern etwa auch in der dauerhaften Sicherung der Nachlässe von vertriebenen jüdischen Künstlern, die in dem von ihm begründeten Ludwig-Meidner-Archiv aufbewahrt und bearbeitet werden. Es war dann also nicht überraschend, dass Heuberger 2006, nachdem er in den Ruhestand getreten war, eine neue Aufgabe fand: als Deutschland-Repräsentant der Claims Conference. Ihn empörte besonders der Umgang mit Überlebenden des Holocaust in Osteuropa, für deren Besserstellung er sich engagierte. Seine beiden Wirkungskreise verbanden sich in einem Plädoyer für die Restitution von Raubkunst. Damit setzte er sich auch Angriffen früherer Kollegen unter den Museumsdirektoren aus.

Ehrenamtlich war er Vorsitzender der Freunde und Förderer des Leo Baeck Institutes. Dort initiierte er das Programm »Jüdisches Leben in Deutschland – Schule und Fortbildung«, das die immer noch vernachlässigten Themen der jüdisch-deutschen Geschichte in der Schule verankern will. Diese Initiataive wird mit seinem Namen verbunden bleiben.

Mitarbeiter und Familie wissen: Georg Heuberger war ein warmherziger Mensch. Er starb am Sonntag nach kurzer, schwerer Krankheit. Er hinterlässt eine Frau und zwei Söhne. Ihr Verlust ist wohl kaum zu ermessen.

Senat

Mehrere Berliner Abgeordnete verlassen Linkspartei

Wegen eines Antisemitismus-Streits kehren einige Politiker der Linkspartei den Rücken - auch der ehemalige Senator Klaus Lederer

 23.10.2024

Straßburg

Alle Klarheiten beseitigt

Der Streit über EU-Gelder für die Palästinenser und die UNRWA entzweit das Europäische Parlament

von Michael Thaidigsmann  23.10.2024

USA/Israel

FBI übernimmt Ermittlungen nach Geheimdienstleck

Dokumente über Israels Vorbereitungen für einen Angriff gegen den Iran gelangten an die Öffentlichkeit. Wer steckt dahinter?

 23.10.2024

Washington D.C.

Trump wollte »Militärs wie Hitlers Generäle«

Sein ehemaliger Stabschef John Kelly erinnert sich an höchst problematische Aussagen

 23.10.2024

Herta Müller

»Das Wort ›Märtyrer‹ verachtet das Leben schlechthin«

Die Literaturnobelpreisträgerin wurde mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

von Herta Müller  23.10.2024

Dokumentation

»Eine Welt ohne Herta Müllers kompromisslose Literatur ist unvorstellbar«

Herta Müller ist mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet worden. Lesen Sie hier die Laudatio von Josef Joffe

von Josef Joffe  23.10.2024

Antisemitismus

Auch in Halle Stolpersteine gestohlen

In Halle wurden ebenfalls Stolpersteine aus dem Boden gebrochen

 22.10.2024

USA

Israelfeindliche Gruppen an Unis werden immer radikaler

Auch an der Columbia University ist die Situation alarmierend

von Imanuel Marcus  22.10.2024

Umfrage

Grüne am ehesten für Waffenexporte nach Israel

Die Mehrheit der Deutschen lehnt Waffenlieferungen an den jüdischen Staat jedoch ab

 22.10.2024