Interview

»Eine tiefe Verbundenheit«

Verbundenheit: Das Interesse an Israel gerade von Jugendlichen ist sehr groß und geht über Urlaub, Sonne und Party weit hinaus. Foto: Stephan Pramme

Herr Graumann, Sie haben die Schirmherrschaft über die bundesweiten Israel-Tage übernommen, die ihm Rahmen der Jom Haazmaut-Feiern stattfinden. Warum?
Die Schirmherrschaft erfüllt mich mit großer Freude. Ich empfinde eine ganz besondere und starke persönliche Nähe zu Israel und zu den Menschen dort, emotional und religiös, aber auch in Hinblick auf unsere gemeinsamen Werte. Oft wird Israel hierzulande lediglich aus einer sehr begrenzten Perspektive wahrgenommen und meist nur mit dem Nahostkonflikt in Verbindung gebracht. Die bundesweiten Israel-Tage sind daher ein wunderbarer Anlass, das Land in all seiner Vielfalt, seinem kulturellen Reichtum, seinem lebendigen Temperament zu präsentieren und für einen Tag das »richtige« Israel hier zu uns nach Deutschland zu holen.

Können solche Feiern das Interesse am heiligen Land wecken?
Ich hoffe sehr, dass sie nicht nur Interesse wecken, sondern dass die Besucher gleich ihr nächstes Urlaubsziel dabei entdecken. Israel hat nämlich so viel zu bieten. Ob man religiöse Stätten besuchen will, sich für neueste Fortschritte in Sachen Hightech interessiert oder einfach nur lebensfrohe Partys feiern möchte. Ist man erst einmal in seinem wundervollen Bann, wirkt Israels Anziehungskraft weiter, ganz gleich ob bei Juden oder Nichtjuden.

Was bedeutet Israel den Juden in Deutschland?
Für uns und für Juden weltweit, ist dieses Land eine starke emotionale Stütze, für viele mit spiritueller Dimension. Israel ist in unseren Köpfen und liegt uns am Herzen. Besonders nach dem Grauen der Schoa war der neu gegründete jüdische Staat ein Symbol des Überlebens und Garant für eine sichere Heimstätte. Heute leben Juden in Deutschland zum Glück so sicher wie noch nie, dennoch ist unsere emotionale Verbundenheit mit Israel lebendig und stark, alleine schon aus religiösen oder familiären Gründen. Deshalb schmerzt es uns auch, wenn Israel ungerechtfertigt mit Hass und Hetze überzogen wird. Daher setzen wir uns leidenschaftlich für seine Existenz ein. Dies sollten übrigens alle tun, die für Demokratie und Freiheit eintreten.

Muss das Interesse an Israel möglicherweise noch gestärkt werden?
Ich halte es für elementar wichtig, dass gerade unsere Kinder und Jugendlichen viel über den Staat erfahren und ihn vor Ort »erleben« – auch, um sich dann besser äußern zu können, falls man nach Israel gefragt wird. Die Bindung an dieses besondere Land wird und muss auf jeden Fall kraftvoll bleiben.

Es gibt viele Programme, die es gerade Jugendlichen ermöglichen, das Land kennenzulernen. Werden diese Angebote ausreichend genutzt?
Das Interesse und die Neugier sind gerade bei Jugendlichen besonders stark. Für viele ist es oft die erste Israelreise überhaupt. Andere verbringen ihren Urlaub meist nur an einem einzigen Ort. Bei den speziellen Angeboten haben sie die Möglichkeit, ganz Israel zu bereisen, seine grünen Landschaften, die schneeweißen Berge oder die hellen Strände zu genießen und dabei die Menschen vor Ort kennenzulernen und Freundschaften zu schließen. Manchmal reicht einfach das Geld nicht, um noch mehr Programme anbieten zu können.

Kann das junge Menschen in ihrer jüdischen Identität stärken?
Wie in jeder Religion nimmt die religiöse Anziehungskraft auch für unsere Jugendlichen ab. In der Tat vermag gerade eine Reise nach Israel, die jüdische Identität zu stärken. Dort wird oft noch deutlicher, dass man nicht unbedingt religiös sein muss, um eine derart innige Verbundenheit zu spüren. Außerdem: Wenn eine Gruppe von Teenagern gemeinsam zur Klagemauer geht oder am Strand die Hawdallah-Zeremonie begeht, so gibt dies ein überwältigendes Zusammengehörigkeitsgefühl. Das hält dann oft auch hier in Deutschland weiter an und stärkt so die jüdische Gemeinschaft.

Unterscheidet sich das Verhältnis der älteren Migrantengeneration zu Israel von dem der so genannten Alteingesessenen?
Ich glaube, dass wir alle – sogenannte Migrantengeneration oder Alteingesessene – uns Israel gleichermaßen tief verbunden fühlen. Gerade, wenn es um politische Unterstützung geht, wie etwa pro-israelische Demonstrationen, stehen oft die älteren Zuwanderer an vorderster Stelle. So plurale und vielfältig die jüdische Gemeinschaft in Deutschland heute auch ist, so sehr wir uns auch zuweilen unterscheiden, zweifele ich nicht daran, dass jeder von uns sich von Herzen wünscht, der jüdische Staat möge in Sicherheit und Frieden leben und dass wir noch viele Geburtstage von Israel gemeinsam feiern werden.

Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland sprach Heide Sobotka

Europäische Union

Sanktionspaket: Wie die EU-Kommission Israel treffen will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Meinung

Sánchez missbraucht ein Radrennen für seine Israelpolitik

Dass Spaniens Regierungschef die Störer der Vuelta lobte, ist demokratieschwächend und gehört zu seinem Kalkül, Israel weltweit zu isolieren

von Nicole Dreyfus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Zentralrat

Schuster: Zwei-Staaten-Lösung nach Friedensverhandlungen mit Israel

Ein jeweils selbstständiger Staat Israel und Palästina - dafür spricht sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland aus. Unter bestimmten Voraussetzungen

von Leticia Witte  17.09.2025

Köln

Antisemitische Ausschreitungen bei Kreisliga-Spiel

Spieler des Vereins Makkabi wurden offenbar beschimpft, bespuckt und körperlich attackiert

 17.09.2025

Antisemitismus

Berliner Treitschkestraße wird am 1. Oktober umbenannt

Der Straßenname erinnert künftig an die im KZ Theresienstadt gestorbene ehemalige Direktorin des früheren jüdischen Blindenheims von Steglitz, Betty Katz (1872-1944)

 17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Ahmetovic: Berlin muss Weg für Israel-Sanktionen freimachen

Der SPD-Politiker fordert, dass die schwarz-rote Koalition ihre »Blockadehaltung« beendet und die Vorschläge von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für konkrete Maßnahmen gegen den jüdischen Staat unterstützt

 17.09.2025

München

Dirigent Shani kritisiert Konzertabsage durch Festival in Belgien

Der israelischen Dirigent hat zu dem Vorfall geschwiegen - bis jetzt

von Britta Schultejans  17.09.2025