Berlin

Ein Plausch zum 70.

Zentralratspräsident Josef Schuster (l.) am Donnerstagnachmittag im Bundespräsidialamt Foto: Uwe Steinert

Zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes scheint schon die Aufstellung beim Fest des Bundespräsidenten sagen zu wollen, wer hier wem dient. Während Frank-Walter Steinmeier eine Ansprache hält, stehen neben ihm seine Frau Elke Büdenbender und die Vertreter der weiteren vier Verfassungsorgane: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesratspräsident Daniel Günther (alle CDU) und Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle – aufgereiht, als müssten sie gleich nach vorn zur Prüfung treten. Ihr Publikum ist der Souverän: 200 Gäste, die zuhören, applaudieren, Handybilder machen.

Im Grundgesetz stehe nicht »Alles Gute kommt von oben«, sondern »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus«, referiert Steinmeier. Zum 70. Jahrestag der Verkündung der Verfassung hat er einen Appell an dieses Volk: »Zieh dich nicht zurück und übernimm Verantwortung!« Das Staatsoberhaupt fordert die Bürger dazu auf, sich in gesellschaftliche Debatten einzumischen, nicht »ohnmächtig« zu werden. »Ohnmacht ist Gift für die Demokratie«, sagt er.

Zu Kaffee und Kuchen lud er Bürger und Politiker an einen Tisch, um sich über Probleme auszutauschen.

Dazu formuliert er eine Bedingung für die Debatte in einem Land, dessen Grundgesetz die freie Meinungsäußerung garantiert. »Freiheit braucht auch Regeln«, sagt er und fordert, Anstand und Vernunft zu wahren. Er wolle nicht, dass Hass und Feindseligkeit wie Gift in die Debatten sickere und dass die Unterscheidung von Fakt und Lüge verloren gehe.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

EINLADUNG Zum Geburtstag des Grundgesetzes hatte Steinmeier die Gäste, darunter auch Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, zu Kaffeetafeln eingeladen. 20 Tische standen am Donnerstag im Park von Schloss Bellevue in Berlin – als Einladung, miteinander in den Dialog zu treten über das, was momentan schiefläuft im Land und wie es besser werden kann. Moderiert wurden die Tafeln von Journalisten, Politikern und auch Vertretern von Religionsgemeinschaften, darunter der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, und die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs.

Um Bildung, Gleichberechtigung von Mann und Frau, das Ost-West-Gefälle, sei es in den Gesprächen immer wieder gegangen, berichtet Verfassungsgerichtspräsident Voßkuhle danach. Auch das »Rumoren« in der Bevölkerung, das Gefühl, von Politik und Institutionen nicht gehört zu werden, benannte er als wichtiges Thema und versprach, sich stärker für das Zuhören einzusetzen.

Moderiert wurden die Tafeln auch von Vertretern der Religionsgemeinschaften wie Zentralratspräsident Josef Schuster.

Diakoniepräsident Ulrich Lilie, dessen Wohlfahrtsverband mit der Kampagne »Unerhört!« für mehr gegenseitiges Zuhören wirbt, war einer der Moderatoren der Gespräche. In einem schriftlichen Statement hatte er zuvor vor Gefahren für die Demokratie durch Populismus, aber auch durch Menschen, die sich aus dem öffentlichen Diskurs verabschieden, gewarnt. Man brauche frische Ideen und Impulse, damit die Demokratie lebendig bleibe.

Für die Idee der Kaffeetafeln ernteten Steinmeier und Büdenbender großen Applaus der Gäste, in Worten auch von der Kanzlerin. Man müsse häufiger in solchen Formaten ins Gespräch kommen, nicht nur an solch einem Jahrestag, sagte sie nach der Veranstaltung. Ihr sei deutlich geworden, dass die Menschen sich nicht mehr lebenslang an etwas binden wollten, auch nicht an eine Partei. Daher müsse man neue Möglichkeiten suchen, miteinander ins Gespräch zu kommen, sagte Merkel, die nach der Kaffeetafel dieses Fazit zog: »Es war ein schöner Geburtstag.«

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025

Menschenrechte

Immer schriller: Amnesty zeigt erneut mit dem Finger auf Israel

Im neuesten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation wirft sie Israel vor, einen »live übertragenen Völkermord« zu begehen

von Michael Thaidigsmann  29.04.2025

Berlin

Streit um geforderte Yad-Vashem-Straße

Zwischen dem Freundeskreis Yad Vashem und dem Roten Rathaus herrscht Unmut

von Imanuel Marcus  29.04.2025

Den Haag

Strafgerichtshof verpflichtet Chefankläger zur Vertraulichkeit

Karim Khan, der unter anderem gegen Benjamin Netanjahu einen Haftbefehl erwirkt hat, darf einem Bericht des »Guardian« zufolge künftig nicht mehr öffentlich dazu Stellung nehmen

 29.04.2025

Urteil

»Impfen macht frei«-Bild ist Volksverhetzung

Ein 65-Jähriger hatte während der Corona-Pandemie die Schutzmaßnahmen der Regierung mit dem Holocaust verglichen

 29.04.2025