Hamburg

»Ein Armutszeugnis«

Der Allende-Platz im Grindelviertel Foto: picture alliance / imageBROKER

Eigentlich wollte man im Hamburger Grindelviertel die Vielfalt jüdischen Lebens feiern. Doch das »Grindelfest: Kultur.Jüdisch.Bunt«, das in Zusammenarbeit mit den Kammerspielen und der Jüdischen Gemeinde der Hansestadt vom 13. bis zum 15. September stattfinden sollte, ist nun mit dem Verweis auf die Ereignisse in Solingen abgesagt worden.

»Wir sind leider zu dem Entschluss gekommen, dass wir trotz Security und Unterstützung der Polizei keine Sicherheit garantieren können«, so Jimmy Blum, Vorsitzender des Grindel e.V., am Mittwoch vergangener Woche auf der Facebook-Seite des Vereins. Man habe Angst vor Nachahmern und wolle deshalb kein Risiko eingehen.

Harsche Kritik an dieser Entscheidung gab es von der Politik. »Die Absage des Grindelfestes ist ein Armutszeugnis für unsere Stadt«, erklärt Anke Frieling, stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion. »Ich kann die Be­weggründe des Veranstalters sehr gut nachvollziehen, doch gerade jetzt ist es wichtig, dass solche friedlichen Feste für Toleranz und Vielfalt in unserer Stadt sicher durchgeführt werden können.«

»Dass das Grindelfest abgesagt wurde, macht mich traurig und nachdenklich«, sagte auch Sonja Jacobsen, Landesvorsitzende der FDP in Hamburg. »Wenn öffentliches jüdisches Leben in Hamburg nicht mehr stattfinden kann, ist das ein Alarmsignal.« Und Gabor Gottlieb, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bezirk Eimsbüttel, ergänzte: »Wir lassen uns weder unsere Feste noch den öffentlichen Raum nehmen.«

»In der aktuellen Situation ist die Absage des Grindelfestes einfach das falsche Signal.«

David Rubinstein

Auch die Jüdische Gemeinde hätte anders entschieden. »In der aktuellen Situation ist die Absage des Grindelfestes einfach das falsche Signal«, so ihr Geschäftsführer David Rubinstein. »Diejenigen, die ein solches Fest gerne verhindern wollen, haben so bereits gewonnen.« Er kann die Entscheidung des Vereins deshalb nicht nachvollziehen. »Andere Veranstaltungen wie das Uhlenhorster Stadtteilfest fanden ja zeitgleich zum Anschlag in Solingen statt und wurden nicht einfach abgesagt.«

Man sei sich sehr bewusst, dass man mit der Entscheidung, das Grindelfest nicht auszutragen, genau das gemacht hätte, was Terroristen erreichen wollen, erklärte Jimmy Blum gegenüber dem »Hamburger Abendblatt«. Auch sei es angesichts der vielen Arbeit, die man monatelang in die Planung der Veranstaltungen investiert habe, alles andere als einfach gewesen, die Veranstaltung abzublasen. Aber Solingen hätte alles geändert. »Am Ende stehen wir als Veranstalter in der Verantwortung, wenn etwas passiert.«

Gespräche, die es laut Blum im Interview mit dem Sender NDR 90.3 nach Solingen mit der Polizei gegeben habe und bei denen ihm viel Unterstützung bei der Sicherheit versprochen wurde, hätten nichts an dem Entschluss geändert. Trotzdem will man nicht aufgeben und weitermachen. Gern möchte er das nun abgesagte Grindelfest im kommenden Jahr nachholen.

Existenzrecht Israels

Objektive Strafbarkeitslücke

Nicht die Gerichte dafür schelten, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht macht. Ein Kommentar

von Volker Beck  23.11.2025

Dortmund

Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager 

Die Polizei ermittelt gegen einen Ex-Wachmann des früheren NS-Kriegsgefangenenlagers in Hemer. Er soll an Tötungen beteiligt gewesen sein - und ist laut »Bild« inzwischen 100 Jahre alt

 22.11.2025

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025