documenta

Antisemitismus-Skandal weitet sich noch mehr aus

Seit Monaten steht die documenta15 wegen antisemitischer Kunst in der Kritik. Foto: IMAGO/Rüdiger Wölk

Aktuelle Recherchen des »Tagesspiegel« und der »Welt« offenbaren ein neues Ausmaß des Antisemitismus auf der documenta. Demnach haben Dutzende an der Kasseler Ausstellung Beteiligte in der Vergangenheit an israelfeindlichen Aufrufen oder Veranstaltungen mitgewirkt.

Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass die offen antisemitischen Karikaturen auf dem mittlerweile abgehängten Wandgemälde »People’s Justice« der indonesischen Gruppe Taring Padi nur die Spitze des Eisbergs waren.

Kommission In einem Artikel des »Tagesspiegel« wurde der Hintergrund der Mitglieder der sogenannten Findungskommission der documenta näher beleuchtet. Das internationale Gremium besteht aus acht Künstlern und Kuratoren und war dafür verantwortlich, dass die künstlerische Leitung der documenta an ruangrupa übertragen wurde.

Dem indonesischen Künstlerkollektiv wurde bereits im Vorfeld der documenta eine israelfeindliche Haltung vorgeworfen, weil mehrere Mitglieder im Mai 2021 den Aufruf »A letter against Apartheid« unterschrieben hatten, in dem Israel vorgeworfen wird, ein Apartheidssystem zu sein. Ruangrupa erwies sich im Laufe der Kasseler Ausstellung als unfähig, judenfeindliche Darstellungen zu erkennen und den Antisemitismus-Skandal der documenta aufzuarbeiten.

Von acht Mitgliedern der Findungskommission sind nur drei nicht durch problematische Aussagen zu Israel aufgefallen.

Die Recherchen des Tagesspiegel zeigen nun, dass auch die Mehrzahl der Mitglieder der Findungskommission an israelfeindlichen Aufrufen oder Veranstaltungen beteiligt war. So unterstütze der indische Künstler Amar Kanwar die Ziele der mit der BDS-Bewegung assoziierten »Indian Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel«. BDS steht für »Boycott, Divestment and Sanctions« und wurde vom Deutschen Bundestag als antisemitisch verurteilt.

Ein anderes Beispiel ist die Kuratorin Gabi Ngcobo. Die Südafrikanerin hat an dem Workshop »Gefesselte Kunst – Künstlerischer Aufbruch in Südafrika und Palästina« teilgenommen, berichtet der Tagesspiegel. Bei der Veranstaltung sei eine Gleichsetzung zwischen der historischen südafrikanischen Apartheid und der Situation in Israel vorgenommen worden. Von den acht Mitgliedern der Kommission seien nur drei nicht durch problematische Aussagen oder Betätigungen zu Israel und dem Nahostkonflikt aufgefallen.

Apartheid Auch die »Welt« recherchierte zu israelfeindlichen Aktivitäten von documenta-Beteiligten. Das Ergebnis: Von 2276 überprüften Personen haben 84 Personen – 17 documenta-Mitarbeiter sowie 67 ausstellende Künstler –  israelfeindliche Aufrufe unterstützt.

Allein 70 von ihnen sollen demnach ebenfalls den offenen Brief »A letter against Apartheid« unterschrieben haben. Darin heißt es unter anderem: »Israel ist die kolonisierende Macht. Palästina ist kolonisiert. Das ist kein Konflikt: Das ist Apartheid.« Mit einem Boykott-Aufruf gegen Israel wenden sich die Unterzeichner an die Regierungen der Welt und fordern sie auf, »die Handels-, Wirtschafts- und Kulturbeziehungen abzubrechen«. Die in dem offenen Brief formulierten Ziele sind deckungsgleich mit denen der BDS-Bewegung.

In Reaktion auf diese Enthüllungen forderten erneut mehrere Politiker den Rücktritt von documenta-Verantwortlichen. Linda Teuteberg, Antisemitismus-Beauftrage der FDP-Bundestagsfraktion, sagte gegenüber der »Welt«: »Die Documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann sollte zurücktreten.« Und Helge Lindh, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, forderte einen einstweiligen Stopp der Finanzierung der documenta durch Bundesmittel und »selbstverständlich auch personelle Konsequenzen«.

»Mich überrascht, dass das noch jemanden überrascht.«

Daniel Botmann, Geschäftsführer des zentralrats der juden

Der Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, Daniel Botmann, zeigte sich über das Ergebnis der »Welt«-Recherche wenig erstaunt. »Mich überrascht, dass das noch jemanden überrascht«, sagte er gegenüber der Jüdischen Allgemeinen. »Wir haben gewarnt, Expertise angeboten und den Dialog gesucht.« Die Warnungen des Zentralrats seien jedoch »beschwichtigt, weggebügelt und teils als rassistisch abgetan« worden.

Die Hauptverantwortlichen für das Antisemitismus-Desaster seien die documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann und Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle. »Sie sind untragbar«, findet Botmann. »Nach deren Rücktritt von ihren documenta-Ämtern bestünde zumindest die Chance, dass die Skandale aufgearbeitet werden.« js

Thüringen

Jüdische Landesgemeinde und Erfurt feiern Chanukka

Die Zeremonie markiert den Auftakt der inzwischen 17. öffentlichen Chanukka-Begehung in der Thüringer Landeshauptstadt

 08.12.2025

Frankfurt am Main

Lufthansa Cargo stoppt Militärtransporte nach Israel

Während die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem eine Annäherung erleben, ist dies im Luftfahrt-Bereich nicht der Fall. Warum?

 08.12.2025

Berlin

Presseschau zum Israel-Besuch von Kanzler Friedrich Merz

Wie bewerten deutsche Leit- und Regionalmedien Merz‘ Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu?

 08.12.2025

Toronto

Miriam Mattova aus Uber geworfen, weil sie Jüdin ist

»Was passiert ist, ist nicht nur ein unangenehmer Moment. Es ist eine Erinnerung daran, warum es wichtig ist, sich zu äußern«, sagt das Model

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Jerusalem

Ein neuer Sound?

Unterwegs mit Bundeskanzler Friedrich Merz bei seinem Amtsantritt in Israel

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 08.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025

Justiz

Gericht bestätigt Verbot der Parole »From the river to the sea«

Ein von der Stadt Bremen erlassenes Verbot sei rechtmäßig, entschied nun das Verwaltungsgericht Bremen

 07.12.2025