Rechtsextremismus

»Diese Leute hassen auch uns«

Reinhard Schramm Foto: dpa

Herr Schramm, am Samstag wollen Neonazis einen »Trauermarsch der Erinnerungen« abhalten. Dagegen wehrt sich das Bündnis »Weimar gegen rechts«. Sind Sie dabei?
In Thüringen gab es einige Städte, die im Zweiten Weltkrieg bombardiert wurden, auch Weimar. Die Rechten missbrauchen die Gefühle der Menschen, die sich daran erinnern. Weimarer Juden – das sind nicht wenige – werden auch an der Gegendemonstration teilnehmen.

Hat sich die Stimmung verändert?

Nicht nur in Thüringen! Menschen mit rechtsextremen Ansichten sind generell im Aufwind. Das ist eine Atmosphäre, die uns ängstigt, die uns aber auch aktiv werden lässt – auch mit Demonstrationen und Sitzblockaden. Ganz schlimm waren die westdeutschen Demonstrationen im Sommer 2014, als wieder »Juden ins Gas« gerufen wurde. Jetzt haben wir zum rechtsextremen Antisemitismus, den wir kannten, noch den islamischen.

Was genau ist anders geworden?

Die Quantität ist etwa gleichgeblieben: Es sind immer noch viele Angriffe, teils per Mail oder Post, teils physische. Was sich aber geändert hat, ist die Qualität. Der Ton wird schärfer, bedrohlicher, da sind ernstgemeinte Morddrohungen dabei. Rechtsextremismus und Islamismus verbinden sich. Und die Orthografie und der Stil der Briefe ist besser! Das sind inzwischen gebildetere Leute!

Welche Rolle spielt die »Flüchtlingskrise«?
Sie hat die Aggressivität zunehmen lassen. Es wäre naiv zu glauben, dass sich der Hass ausschließlich gegen Muslime richten würde. Das geht auch gegen Juden.

Die AfD weist Antisemitismusvorwürfe zurück. Welche Rolle spielt die Partei?
Wir in Thüringen haben das Pech, bei der AfD den Herrn Höcke zu haben, der ja besonders rechts ist. Die AfD tritt manchmal mit der Idee an uns heran, dass wir uns doch mit ihnen gegen islamischen Antisemitismus wenden sollten. Aber ich habe mir deren Veranstaltungen angeschaut: Diese Leute hassen heute die Muslime, und morgen hassen sie uns.

Die AfD ist derzeit mit ihrer Forderung nach Schusswaffeneinsatz in der Kritik.
Dass man da sofort an das Grenzregime der DDR denkt, ist ja naheliegend. Das war menschenfeindlich, und die AfD-Forderung ist genauso menschenfeindlich. Mich ängstigt schon der Gedanke, dass man der ostdeutschen Bevölkerung zutraut, das zu begrüßen.

Eine Selbsterhöhung der Westdeutschen?
Ja, als ob nur Ostdeutsche der AfD hinterherliefen. Diese Sicht ist völlig fehl am Platze. Gerade, wenn ich sehe, wie sich hier sehr viele Menschen gegen Rechtsextremismus engagieren. Am 9. November waren in Erfurt der Ministerpräsident von den Linken, der Landtagspräsident von der CDU und der Innenminister von der SPD auf den Veranstaltungen der Gemeinde. Wer hier politisch aktiv ist, ist in der Regel sehr sensibel für diese Themen.

Mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen sprach Martin Krauß.

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

»Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben«, schreibt Rafael Seligmann

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Sydney/Canberra

Nach Terroranschlag von Bondi Beach: Australien plant nationalen Trauertag

Die Regierung kündigt zudem umfassende Maßnahmen an. Dazu gehört eine landesweite Rückkaufaktion für Schusswaffen

 19.12.2025

New York

Antisemitische Äußerungen: Mitglied von Mamdanis Team tritt zurück

Die Tiraden von Catherine Almonte Da Costa sorgen für Entsetzen

 19.12.2025

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025