Einspruch

Die dritte Schuld

Horst Selbiger über die Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes

von Horst Selbiger  28.11.2019 07:21 Uhr

Horst Selbiger Horst Selbiger, holocaust survivor Foto: Gregor Zielke

Horst Selbiger über die Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes

von Horst Selbiger  28.11.2019 07:21 Uhr

Die Berliner Finanzverwaltung hat der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) die Gemeinnützigkeit aberkannt. Diese Maßnahme ist nichts anderes als die Einführung der dritten Schuld Deutschlands.

Über dessen Erstschuld müssen wir nicht streiten, denn die Opferzahlen von 60 Millionen Toten in Europa sprechen eine deutliche Sprache. Die zweite Schuld Deutschlands, so hatte es der Publizist Ralph Giordano formuliert, von dem der Begriff stammt, war der lasche Umgang (wenn überhaupt!) mit den NS-Verbrechen und der Verfolgung der Täter.

Die dritte Schuld, von der wir jetzt sprechen müssen, muss Bundesfinanzminister Olaf Scholz auf sich nehmen, der zugleich für den Vorsitz der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands kandidiert. Der SPD-Politiker Scholz entzieht dem Verein die Gemeinnützigkeit – ohne Sinn und Verstand.

Der SPD-Politiker Scholz entzieht dem Verein die Gemeinnützigkeit – ohne Sinn und Verstand.

faschismus Die VVN-BdA ist 1945 nach der Befreiung vom Faschismus gegründet worden. Widerstandskämpfer, Überlebende der Konzentrationslager und andere Gefangene, ob politisch, religiös, »rassisch« oder aus anderen Gründen verfolgt, hatten sich in ihr zusammengeschlossen.

Leicht hatte es VVN-BdA nie. Sie galt einigen, etwa in der Argumentation des Berliner Finanzamtes oder des bayerischen Verfassungsschutzes, als linksextrem. Nun, nach dem Entzug der Gemeinnützigkeit, drohen dem finanzschwachen Verein hohe Steuernachzahlungen, die seine Existenz gefährden. Und das in Zeiten, in denen Rechtsextremisten die Demokratie angreifen und in denen, wie jüngst in Halle, Naziterroristen Synagogen attackieren.

Als Überlebender der Schoa, von dessen Familie 61 Menschen ermordet wurden, empfinde ich diese Maßnahme der Finanzverwaltung wie einen Keulenschlag direkt ins Gesicht. Danke, Herr Scholz, Ihr Alt-Parteimitglied Noske lässt grüßen, AfD und andere Nazis werden ihre Freude daran haben.

Der Autor, Jahrgang 1928, ist Journalist in Berlin und Überlebender der Schoa.

Nahost

Islamisten übernehmen Kontrolle über Damaskus - Assad flieht

Seit mehr als 13 Jahren dauert der Bürgerkrieg in Syrien an. Nun geht es rasend schnell. Erst vor anderthalb Wochen starteten die Islamisten ihre Offensive - und scheinen ihr Ziel erreicht zu haben

 08.12.2024

Andreas Nachama

Gesine Schwan rechnet die Schoa gegen Israels Politik auf

Die SPD-Politikerin sollte die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit würdigen, doch ihre Rede geriet zur Anklage gegen Israel

von Rabbiner Andreas Nachama  07.12.2024

Debatte

Saarland verpflichtet alle Schüler zum Besuch von NS-Stätten

Eine Pflicht für Schüler zum Besuch von Gedenkstätten der NS-Zeit hat der saarländische Landtag auf den Weg gebracht. Künftig soll mindestens ein solcher Besuch in der Schullaufbahn stattfinden

von Matthias Jöran Berntsen  07.12.2024

Deutschland

Zentralratspräsident Josef Schuster: Halte AfD und BSW für gefährlich

Der Präsident des Zentralrats der Juden hat deutliche Worte für die AfD - aber auch für das BSW. Wie er auf die Neuwahlen im Februar blickt

von Leticia Witte  07.12.2024

Berlin

Bundesregierung teilt Völkermord-Vorwurf nicht

Eine »klare Absicht zur Ausrottung einer Volksgruppe« sei nicht erkennbar, heißt es

 06.12.2024

Vatikan

Jüdischer Weltkongress: Sorge über Papstwort zu Genozid

Mit seiner Forderung Genozid-Vorwürfe gegen Israel sorgfältig zu prüfen, hatte der Papst kürzlich für Kritik gesorgt. Eine Unterredung im Vatikan.

 06.12.2024

Australien

Anschlag auf Synagoge »völlig vorhersebare Entwicklung«

Die jüdische Gemeinde in Australien steht unter Schock. Auf die Synagoge in Melbourne wurde ein Anschlag verübt. Die Ermittlungen laufen

 06.12.2024

Berlin

Ron Prosor rechnet mit Amnesty International ab

Die Organisation verbreite in ihrem Israel-Bericht Narrative und Zahlen der Hamas, so der israelische Botschafter

von Imanuel Marcus  06.12.2024

Würzburg/Berlin

Zentralrat der Juden wirft Amnesty International Terrorrelativierung vor

Die »dämonisierende Verurteilung Israels« sprenge jeden Rahmen, kritisiert der Zentralratspräsident

 06.12.2024