Gespräch

»Der Dialog ist unverzichtbar«

Leo-Baeck-Preisträger 2013: Nikolaus Schneider Foto: Marco Limberg

Herr Schneider, Sie haben am vergangenen Donnerstag den Leo-Baeck-Preis erhalten. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Diese Auszeichnung bedeutet mir persönlich sehr viel. Sie ist eine große Ehre für mich, auch weil sie sich mit dem Namen Leo Baeck verbindet. Leo Baeck war nicht nur ein herausragender Mensch, der sich durch die Erfahrungen mit der deutschen Nazi-Barbarei nicht verbittern ließ. Er war auch ein bedeutender Wissenschaftler, der dem jüdisch-christlichen Gespräch wegweisende Impulse gab. Der Dialog mit dem Judentum ist für eine fundierte christliche Theologie unverzichtbar.

Der Preis wurde Ihnen aufgrund Ihres Einsatzes für die christlich-jüdische Aussöhnung verliehen. Wie würden Sie den aktuellen Stand des Dialoges charakterisieren?
Nach meinem Eindruck wurde der Dialog im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts von jüdischen und christlichen Theologen vorangebracht, die mit ihrer Lebensgeschichte für Versöhnung und Neuanfang einstanden. Beispielhaft nenne ich für das Rheinland Heinz Kremers und Yehuda Aschkenasy. In diesen Jahren ist in Deutschland eine Generation von christlichen Theologinnen und Theologen herangewachsen, für deren theologische Existenz die tiefe Erkenntnis des Apostels Paulus aus dem 11. Kapitel, Vers 18 des Römerbriefes, »Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich«, einen unverrückbaren Platz hat. Darauf aufzubauen und dahinter nicht zurückzufallen, ist eine bleibende Aufgabe. Ich bin dankbar, dass der Zentralrat der Juden uns dafür ein zuverlässiger Partner ist.

In der Preisbegründung wird Ihre tiefe Verbundenheit mit der jüdischen Gemeinschaft und dem Staat Israel betont. Woher kommt diese Verbundenheit?
Schon als Gemeindepfarrer in Duisburg-Rheinhausen bin ich mit Gemeindegruppen nach Israel gereist. Die Erfahrungen und Begegnungen im Land haben mich sehr berührt und führten zu einer andauernden Verbundenheit, die auch durch kritische Anfragen an die konkrete Politik der jeweiligen Regierungen Israels nie infrage steht.

Sie haben die aggressiven Töne in der Beschneidungsdebatte im vergangenen Jahr beklagt. Ist die Stimmung hierzulande religionsfeindlicher geworden?
Zumindest die Religionsferne nimmt zu. Das heißt, wir können immer weniger davon ausgehen, dass die Verantwortlichen in Politik und Medien vertraut sind mit den religiösen Traditionen und mit dem Religionsrecht in unserem Land. Wir müssen mehr Überzeugungsarbeit leisten und bewährte Prinzipien unseres Grundgesetzes – wie zum Beispiel die Religionsfreiheit oder die Zuordnung von Staat und Religionsgemeinschaft – immer wieder erklären. Dass es von manchen Seiten vor einem Jahr zu unsäglichen Einlassungen zum Thema Beschneidung kam, hatte sicherlich auch in dieser Religionsferne seinen Ursprung. Es beunruhigt mich durchaus, dass Stimmen laut werden, die Religionslosigkeit zum Normalfall erheben und religiöse Bindung begründungspflichtig machen wollen.

Das Interview mit dem Vorsitzenden des Rates der EKD führte Detlef David Kauschke.

Nuklearprogramm

Atominspektoren der IAEA verlassen den Iran

Nach dem Krieg mit Israel setzt Teheran weiter auf Konfrontation mit der Internationalen Atomenergiebehörde

 05.07.2025

Extremismus

BSW-Chefin Wagenknecht will Brandmauer zur AfD einreißen 

Gespräche zwischen BSW und AfD? Landespolitiker in Thüringen haben es vorgemacht. Selbstverständlich sei das auch auf Bundesebene möglich, sagen beide Seiten

von Torsten Holtz  04.07.2025

Medien

Eurovision künftig ohne Israel?

Die Regierung droht mit der Schließung des öffentlich-rechtlichen Senders Kan. Das könnte das Aus für die Teilnahme am weltgrößten Gesangswettbewerb sein

von Sabine Brandes  04.07.2025

Berlin

Russland steuert Hetzkampagne gegen Nicholas Potter

Das Propaganda-Portal »Red« ist Treiber der Diffamierungskampagne gegen den Journalisten. Das Auswärtige Amt ist sich nun sicher, dass Russland hinter dem Portal steht

 04.07.2025

USA

Edan Alexander bedankt sich bei Donald Trump

Die freigelassene Geisel Edan Alexander trifft erstmals US-Präsident Trump. Um sich zu bedanken und auch, um darauf zu drängen, alle verbleibenden Geiseln so schnell wie möglich nach Hause zu holen

 04.07.2025

Rassistischer Polizist bleibt im Dienst

Gericht »nicht auf rechtem Auge blind«

Der Verwaltungsgerichtshof München steht in der Kritik, weil er einen ehemaligen Personenschützer von Charlotte Knobloch im Dienst belassen hat - obwohl dieser Juden in KZs wünschte. Jetzt wehrt sich das Gericht

 04.07.2025 Aktualisiert

Berlin

Wie viel Migration verträgt das Klassenzimmer – und sind Grenzen nötig?

Bundesbildungsministerin Prien hält eine Obergrenze für Schüler mit Migrationshintergrund für denkbar

 04.07.2025

Österreich

Hitler-Geburtsort Braunau benennt Straßennamen mit NS-Bezug um

Ausgerechnet in Adolf Hitlers Geburtsort gibt es bis dato nach Nationalsozialisten benannte Straßen. Das soll sich ändern - und trifft bei einigen Politikern auf Widerstand

 03.07.2025

Hamburg

Hamas-Anhänger tritt bei staatlich gefördertem Verein auf

Das Bündnis Islamischer Gemeinden in Norddeutschland wird durch das Programm »Demokratie leben« gefördert und lud einen Mann ein, der Sinwar als »Märtyrer« bezeichnet hat

 03.07.2025