Kirchliche Hilfswerke

Den Ärmsten der Armen?

Werden die Spender ausreichend über die Verwendung der Gelder informiert? Foto: dpa

Bei dem evangelischen Hilfswerk »Brot für die Welt« scheint der Titel Programm zu sein. »Weniger ist leer« oder »Satt ist nicht genug« lauten die Slogans, mit denen zu Spenden aufgerufen wird. Den Armen in den unterentwickelten Ländern der Welt soll geholfen werden. Bei der katholischen Initiative »Misereor« ist es nicht viel anders: »Ich erbarme mich« lautet die Übersetzung des Namens des größten katholischen Hilfswerks.

Doch mit Brot und Armenspeisung ist es nicht getan. Brot für die Welt etwa gab im Jahr 2014 an, zwei Projekte in Israel mit 501.000 Euro und zwölf Initiativen in den palästinensischen Gebieten mit insgesamt 3,5 Millionen Euro zu fördern – die sich allesamt nicht mit der Bekämpfung des Hungers beschäftigen. Misereor hat 2014 vier Projekte in Israel mit insgesamt 326.000 Euro gefördert, 1,2 Millionen gehen an neun palästinensische Initiativen.

gaza-krieg Eine der vom katholischen Misereor geförderten Gruppen ist »Schovrim Schtika«, eine Organisation israelischer Soldaten, bekannter unter dem Namen »Breaking the Silence«. Nach dem Gaza-Krieg 2009 hatten sich Zahal-Soldaten zusammengetan und über Menschenrechtsverletzungen des israelischen Militärs gesprochen. Die Regierung in Jerusalem, aber auch Institutionen wie »NGO Monitor« werfen Breaking the Silence vor, dass die Zeugenaussagen, auf die sie ihre Vorwürfe stützt, nicht überprüfbar sind.

Nach Angaben von NGO Monitor fördert Misereor Breaking the Silence mit jährlich etwa 80.000 Euro. Damit ist das katholische Hilfswerk nach der EU deren zweitgrößter Finanzier. Misereor tut dies, weil sich die Gruppe »für die Einhaltung von Menschenrechten und für eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts einsetzt«, wie Misereor-Sprecher Ralph Allgaier der Jüdischen Allgemeinen sagte. Durch die Zeugenaussagen werde »ein öffentlicher Diskurs über die Menschenrechtssituation« ermöglicht.

Ob Misereor auch in anderen Ländern oppositionelle Soldatenorganisationen finanziert, beantwortet er nicht. Man unterstütze, heißt es stattdessen sehr allgemein, »Partner, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte starkmachen«.

Brot für die Welt unterstützt Breaking the Silence nicht, heißt es auf Anfrage. Allerdings wurde die umstrittene Ausstellung der Gruppe, die in etlichen europäischen Städten zu sehen war, auch von dem evangelischen Hilfswerk gefördert. Was Brot für die Welt jedoch finanziert, ist B’Tselem, eine NGO, die sich auch »Israeli Information Center for Human Rights in the Occupied Territories« nennt. B’Tselem dokumentiert, wie es bei Brot für die Welt heißt, »Menschenrechtsverletzungen durch die israelische Armee in den besetzten palästinensischen Gebieten«.

Dass mit der Darstellung von israelischen Menschenrechtsverletzern auf der einen und palästinensischen Opfern auf der anderen Seite die Verhältnisse im Land adäquat beschrieben sein sollen, zeigt sich schon an der Bildauswahl: ein Foto der israelischen Grenzanlage nahe einem palästinensischen Dorf, dazu der Hinweis, dass viele Dorfbewohner »wegen dieser Anlagen ihr Land nicht bebauen« könnten.

gewalt Dass es auch Gewalt von Palästinensern gibt, wird nicht geleugnet, zu deren Motiven liest man bei Brot für die Welt allerdings: »Langeweile und Aggressionen führen zu Zusammenstößen mit den israelischen Soldaten. Doch auch friedliche Proteste werden oft gewaltsam aus unersichtlichen Gründen aufgelöst. In den letzten Jahren stieg außerdem die Zahl der Übergriffe von israelischen Siedlern.« Menschenrechtsverstöße, die von der palästinensischen Autonomiebehörde verantwortet werden, dokumentiert B’Tselem nicht.

Nach Ansicht des israelischen Instituts NGO Monitor sind es gerade Brot für die Welt und Misereor, die »wichtige Geldquellen für hetzerische antiisraelische Aktivitäten« sind, wie dessen Direktor Gerald Steinberg sagt.

»Wir fördern Projekte zivilgesellschaftlicher Organisationen«, teilt Brot für die Welt dieser Zeitung mit, »die sich vor allem für Demokratie, Menschenrechte und die Einhaltung des Völkerrechts, friedliche Konfliktbearbeitung sowie die Förderung von Geschlechtergerechtigkeit und Zukunftschancen Jugendlicher einsetzen«.

NGO Monitor hat anderes beobachtet: Das Geld fließe zum größten Teil in politische PR-Feldzüge gegen Israel, etliche unterstützten die antiisraelische Boykottbewegung BDS. Das sei besonders schlimm, weil beide viel Geld von der Bundesregierung erhielten – neben den Spenden, die sie mit Hinweis auf die Armut in der Welt einsammelten.

Meinung

Europa ist im Nahen Osten bedeutungsloser denn je

Während die USA unter Präsident Donald Trump keinen Zweifel darüber haben aufkommen lassen, wo es steht, hat Europa komplett versagt

von Daniel Neumann  13.10.2025

Gaza

Hamas kündigt Fortsetzung des Terrors gegen Israel an

Die Hamas will Israel weiterhin zerstören und einen islamischen Staat errichten

 13.10.2025 Aktualisiert

Berlin

Merz: »Der Krieg in Gaza ist zu Ende«

Der Kanzler würdigt den 13. Oktober als historischen Tag. Er hofft nun, dass von der Waffenruhe im Gazastreifen auch ein Signal in ein anderes Kriegsgebiet ausgeht

 13.10.2025

Nahost

Trumps Triumph in Nahost: wie ihm das gelang

Er versprach, schnell den Ukraine-Konflikt zu lösen - doch daran beißt sich US-Präsident Trump bislang die Zähne aus. Nun gelang ihm aber der Durchbruch im Gaza-Krieg. Wie hat Trump das gemacht?

von Andrej Sokolow, Anna Ringle  13.10.2025

Prognose

Beauftragter Klein erwartet nach Waffenruhe Rückgang von Judenhass

Hoffnung über Gaza hinaus: Der Antisemitismusbeauftragte des Bundes schätzt, dass mit der Waffenruhe auch der Judenhass in Deutschland abnimmt. Gleichzeitig brauche es Präventionsarbeit

 13.10.2025

Israel

Donald Trump vor der Knesset: Lob, Preis und Dank

Es war ein Empfang nach seinem Geschmack: Fast zeitgleich zur Freilassung der israelischen Geiseln in Gaza kam Donald Trump für ein paar Stunden nach Israel - und sprach zur Knesset

von Michael Thaidigsmann  13.10.2025

Stimmen

Erleichterung über Geisel-Freilassung - »Wechselbad der Gefühle«

Nach 738 Tagen sind die noch verbliebenen lebenden israelischen Geiseln von der Terrororganisation Hamas freigelassen worden. Unter die Freude über ihre Rückkehr mischt sich auch die Trauer um die Getöteten

von Niklas Hesselmann  13.10.2025

Meinung

Neues Semester, alter Antisemitismus?

Seit zwei Jahren sind deutsche Hochschulen keine sicheren Orte mehr für jüdische Studierende. Es wird viel Mühe kosten, diese Entwicklung zurückzudrehen

von Ron Dekel  13.10.2025

Nach Freilassung

Zentralrat der Juden: Geisel-Rückkehr Beginn eines Heilungsprozesses

Unter die Freude über die Freilassung der lebenden Geiseln mischt sich beim Präsidenten des Zentralrats auch die Trauer über die getöteten. Dieser Tag bedeute auch noch keine Rückkehr zur Normalität

von Niklas Hesselmann  13.10.2025