Justiz

Das unerträgliche Lachen des Stephan B.

Foto: imago images/Christian Grube

Im Prozess gegen den Synagogen-Attentäter von Halle, Stephan B., ist am Mittwoch das Verhalten des Angeklagten in der Justizvollzugsanstalt in den Blick genommen worden. Ein Bediensteter der JVA Burg, in der B. seit dem Sommer untergebracht ist, gab vor dem Oberlandesgericht Naumburg an, dass der Angeklagte nur Kontakt zu den JVA-Mitarbeitern habe.

Persönliche Gespräche gebe es aber nicht. Der Umgang in der JVA beschränke sich auf »Guten Tag« oder »bitte, danke«, auf das Dienstliche. Seine Eltern würden zu Besuch kommen und ein evangelischer Pfarrer zur Seelsorge. Kontakt zu anderen Gefangenen gebe es nicht.

Ein Psychologe, der mit ihm anfangs viele Gespräche führte, stellte Auffälligkeiten fest, die sich auch im Prozess immer wieder zeigen.

B. hatte am Pfingstsamstag einen Fluchtversuch aus der JVA Halle unternommen und wurde daraufhin in das Hochsicherheitsgefängnis nach Burg verlegt. Dort sei er auf einer Sicherheitsstation untergebracht, der Haftraum werde von einer Kamera überwacht. Außerhalb des Haftraumes werde er von mindestens zwei Bediensteten bewacht. Gefühlsschwankungen, etwa in Zusammenhang mit dem Prozess, seien den Bediensteten nicht aufgefallen, erklärte ein JVA-Beamter.

Ein Psychologe der JVA Halle, wo B. zuerst untergebracht war, berichtete von den Gesprächen mit dem Angeklagten. B. sei sehr schnell auf seine Tatmotive zu sprechen gekommen, sagte der 53-Jährige. Zudem habe er immer wieder in unpassenden Situationen gelacht.

Der Psychologe sagte, B. habe eine »verfestigte Denkweise, die schwer zu durchbrechen« sei. Dies sei beinahe unmöglich. Mit Gegenargumenten komme man bei ihm nicht weiter. Er sei überzeugt von seinem Weltbild. Dass er zwei Menschen erschossen habe, habe er verbal bedauert, aber emotional sei keine Schwingung bei ihm wahrnehmbar gewesen.

Dem Psychologen habe B. gesagt, er erwarte, dass er nie wieder aus der Haft entlassen werde.

Dem Psychologen habe B. gesagt, er erwarte, dass er nie wieder aus der Haft entlassen werde. Er habe dies auf sich genommen, um ein Zeichen zu setzen. Er hätte daher auch nichts dagegen, wenn gegen ihn die Todesstrafe verhängt werden würde, wenn es diese denn gebe. Der Psychologe sagte, dies zeige, dass B. auch sich selbst gegenüber relativ gleichgültig sei. Er habe sich zudem ausdrücklich auf den Attentäter von Christchurch (Neuseeland) bezogen. Im Internet gebe es »viele Maulhelden«, soll B. gesagt haben. Er habe handeln wollen. Reue für die Tat hatte B. auch gegenüber dem Psychologen nicht gezeigt.

Eine weitere Beschäftigte der JVA Halle beschrieb B. als ruhigen, unauffälligen Gefangenen. Er habe sich korrekt benommen, »fast militärisch«. Aggressionen seien ihr nicht aufgefallen. Zum Fluchtversuch des Angeklagten machte sie keine Angaben, dazu habe sie keine Genehmigung der Anstaltsleitung, erklärte die 54-Jährige.

Die Bundesanwaltschaft hat B. wegen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in mehreren Fällen sowie weiterer Straftaten angeklagt.

B. hatte am 9. Oktober 2019 aus einer antisemitischen Motivation heraus einen Anschlag auf die Synagoge in Halle verübt. Weil es ihm nicht gelang, mit Sprengsätzen und Schusswaffen in die Synagoge zu gelangen, erschoss er eine 40 Jahre alte Passantin und anschließend in einem Döner-Imbiss einen 20-jährigen Mann.

Die Bundesanwaltschaft hat B. wegen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in mehreren Fällen sowie weiterer Straftaten angeklagt. Ihm droht eine lebenslange Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung. Der Prozess findet aus Platzgründen im Gebäude des Magdeburger Landgerichts statt.

Der Prozess wird am 3., 4., 17. und 18. November sowie am 1., 8., 9., 15. und 16. Dezember fortgesetzt.

Deutschland

Rechtsextremismus beunruhigt Deutsche stärker als Zuwanderer

Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu, während die Angst vor Rechtsextremismus bei Deutschen ohne Migrationshintergrund besonders hoch ist. Was verrät die neue KAS-Studie noch?

 09.12.2025

Medien

Äußerst ungewöhnlicher Schritt: Irans Staatssender gesteht Fehler bei Kriegsberichterstattung ein

Nach dem Krieg gegen Israel gesteht der Präsident des iranischen Staatssenders eine Falschmeldung ein. Die Hintergründe

 09.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 09.12.2025

Naher Osten

Bericht: Keine Rolle für Tony Blair bei Gaza-Friedensrat

Anstelle Blairs ist der bulgarische Diplomat und ehemalige Nahostgesandte Nickolay Mladenov im Gespräch, wie die »Financial Times« vermeldete

 09.12.2025

Frankfurt am Main

Lufthansa Cargo stoppt Militärtransporte nach Israel

Während die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem eine Annäherung erleben, ist dies im Luftfahrt-Bereich nicht der Fall. Warum?

 08.12.2025

Berlin

Presseschau zum Israel-Besuch von Kanzler Friedrich Merz

Wie bewerten deutsche Leit- und Regionalmedien Merz‘ Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu?

 08.12.2025

Toronto

Miriam Mattova aus Uber geworfen, weil sie Jüdin ist

»Was passiert ist, ist nicht nur ein unangenehmer Moment. Es ist eine Erinnerung daran, warum es wichtig ist, sich zu äußern«, sagt das Model

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Jerusalem

Ein neuer Sound?

Unterwegs mit Bundeskanzler Friedrich Merz bei seiner Antrittsreise in Israel

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025