Einspruch

Das Schweigen der Mitte

Nora Goldenbogen Foto: Steffen Giersch

Was in Sachsen in diesen Tagen passiert ist und wohl noch weiter passiert, macht mir große Angst. Das gilt nicht nur für die schlimmen Ausschreitungen in Chemnitz, das gilt leider auch für andere Entwicklungen.

Bislang konnten wir als Zivilgesellschaft meist noch deutlich machen, dass wir den Rechtsextremisten nicht das Feld überlassen wollen. Aber, und das hat vor allem Chemnitz gezeigt, wir erleben eine Eskalation und Radikalisierung in einem bislang nicht bekannten Maße. Wir sehen, wie schnell sich Rechtsradikale organisieren können. Das ist eine neue Qualität.

rechtsradikalismus Der Freistaat Sachsen muss darauf reagieren. Dass wir in Sachsen ein großes Problem mit Rechtsradikalismus haben, ist ja bekannt. Es soll auch niemand sagen, das habe alles nichts mit Juden zu tun. Am Rande der jüngsten Pegida-Kundgebung in Dresden fand sich ein Stand, an dem »Solidarität mit Ursula Haverbeck« gefordert wurde – das Milieu der Schoa-Leugner fühlt sich hier wohl. Und vieles von dem, was gegen Nichtdeutsche und ihren angeblichen Hang zur Kriminalität zu hören ist, erinnert fatal an die 30er-Jahre.

Sorgen macht mir die schweigende Mitte. Das sind die Leute, die das alles geschehen lassen, als ginge es sie nichts an. Aber wir brauchen auch diese Menschen: Ein Schulterschluss von Zivilgesellschaft, Staat und eben dieser bislang schweigenden Mitte ist nötig. Es gibt ja in Sachsen eine wache und aktive Zivilgesellschaft, bloß reicht deren Engagement nicht mehr aus.

Auch wenn ich Angst habe: Ganz pessimistisch müssen wir nicht sein. Es gibt Beispiele, etwa in Dresden am 13. Februar, wo dieser Schulterschluss funktioniert. Die Menschenkette gegen die Naziaufmärsche ist seit vielen Jahren solch ein Symbol und hatte immer die aktive Unterstützung der Stadtspitze. Die Politik, also auch der Freistaat, muss erkennen, dass sie nicht nur für Kontrolle und Ordnung zuständig ist, sondern dass sie auch als gesellschaftliche, demokratische Kraft gebraucht wird.

Die Autorin ist Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden und der Jüdischen Gemeinde Dresden.

Staatsbesuch

Kanzler Merz reist am nächsten Wochenende nach Israel

Das Datum steht: Bundeskanzler Merz reist in gut einer Woche zum Antrittsbesuch nach Israel. Der Gaza-Krieg hatte die Reise verzögert, durch die Waffenruhe wird sie jetzt möglich

 28.11.2025

Berlin

Anschlag auf israelische Botschaft geplant? Prozess beginnt

Ein mutmaßlicher IS-Unterstützer kommt vor Gericht. Der Prozess gegen den inzwischen 19-Jährigen beginnt am Montag

 28.11.2025

Brüssel

Weimer warnt vor Antisemitismus und Ausgrenzung beim ESC

Der Kulturstaatsminister will darüber mit seinen europäischen Kollegen sprechen

 28.11.2025

Eurovision Song Contest

Spanien bekräftigt seine Boykottdrohung für ESC

Der Chef des öffentlich-rechtlichen Senders RTVE gibt sich kompromisslos: José Pablo López wirft Israel einen »Genozid« in Gaza und Manipulationen beim Public Voting vor und droht erneut mit dem Austritt

 28.11.2025

USA

Mehrheit der Juden blickt nach Mamdani-Sieg mit Sorge nach New York

Eine Umfrage zeigt: Fast zwei Drittel der Befragten sind der Ansicht, Mamdani sei sowohl antiisraelisch als auch antisemitisch

 28.11.2025

Berlin

Israel, der Krieg gegen die Hamas und die Völkermord-Legende

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellte im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 27.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Düsseldorf

Breite Mehrheit im Landtag wirbt für Holocaust-Zentrum in NRW

Große Mehrheit im NRW-Landtag: Fast alle Fraktionen werben für NRW als Standort eines vom Bund geplanten Holocaust-Bildungszentrums. Bayern und Sachsen sind ebenfalls im Rennen

von Andreas Otto  27.11.2025