«Nie wieder»

Dachauer Gedenkstättenleiterin warnt vor ritualisierten Formeln

Gabriele Hammermann, Leiterin der Gedenkstätte Dachau Foto: Marina Maisel

Kurz vor dem 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau hat Gedenkstättenleiterin Gabriele Hammermann vor einem formelhaften Gedenken gewarnt. Die oft zitierte Mahnung des »Nie wieder« drohe angesichts der politischen Lage in Deutschland und weltweit zu einer Formel zu werden, sagte die Historikerin. »Wenn diese Formel nur ein Appell ist, der kein eigenes Handeln fordert, verkommt sie zum Ritual«, betonte Hammermann. Die KZ-Gedenkstätte Dachau erinnert am 4. Mai mit einer großen Feier mit 1.800 Gästen an die Befreiung des ältesten Konzentrationslagers durch amerikanische Truppen am 29. April 1945.

Laut Hammermann ist der Jahrestag von der politischen Lage überschattet. Angesichts von Kriegen wie dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine oder durch das Erstarken extrem rechter Parteien stelle man an der KZ-Gedenkstätte »verschiedene Formen der Renationalisierung des Gedenkens« fest. Historische Verbrechen würden relativiert, zudem gebe es Versuche, die Erinnerungskultur infrage zu stellen und die Arbeit der Gedenkstätten zu vereinnahmen. »Der Druck, der dadurch entsteht, belastet uns sehr«, sagte Hammermann, die die Gedenkstätte seit 2009 leitet.

Jahrestag von der politischen Lage überschattet

Zugleich müsse ein neues Format für die Feiern zu den Befreiungstagen gefunden werden. Während sich vor fünf Jahren noch 70 Überlebende angemeldet hatten, könnten am 80. Jahrestag nur noch acht Überlebende und zwei Befreier des Konzentrationslagers Dachau teilnehmen. Sie befürchte, dass »zum letzten Mal Überlebende zu uns sprechen« werden, sagte Hammermann. Als neues Format wolle man mit einer Auftaktveranstaltung im Mai ein internationales Forum für deren Nachkommen etablieren.

Lesen Sie auch

Mit Blick auf die lange geplante Neukonzeption der Gedenkstätte, die zuletzt auch durch das Tauziehen um Mittel und Anträge zwischen dem Freistaat Bayern und dem Bund ausgebremst worden war, nannte Hammermann das Jahr 2026 als Startpunkt. Bis 2029 sollten dann die beiden rekonstruierten Häftlings-Baracken saniert und mit neuem Konzept ausgestattet werden. Zudem soll ein Bildungszentrum und ein Depot für Sammlungsstücke errichtet sowie das Archiv ausgebaut werden. Die geplanten Kosten, die sich Freistaat und Bund teilen, belaufen sich auf 38,8 Millionen Euro.

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Gastbeitrag

Kein Ende in Sicht

Der Antisemitismus ist in den vergangenen zwei Jahren eskaliert. Wer jetzt glaubt, dass es eine Rückkehr zum Status vor dem 7. Oktober 2023 gibt, macht es sich zu leicht. Denn auch vor dem »Schwarzen Schabbat« trat der Antisemitismus zunehmend gewaltvoller und offener zutage

von Katrin Göring-Eckardt, Marlene Schönberger, Omid Nouripour  13.11.2025

Israel

Altkanzlerin Merkel besucht Orte der Massaker

Angela Merkel besuchte den Ort des Nova-Festivals und den Kibbuz Nahal Oz

 13.11.2025

Schleswig-Holstein

Polizei nimmt weiteren Hamas-Terroristen fest

Mahmoud Z. soll ein Sturmgewehr, acht Pistolen und mehr als 600 Schuss Munition für Anschläge gegen jüdische und israelische Einrichtungen organisiert haben

 13.11.2025

Berlin

Israelfeindliche Aktivisten klettern auf Brandenburger Tor

Oben angelangt entrollten sie ein Banner, auf dem sie Israel Völkermord vorwarfen

 13.11.2025

Diplomatie

Israel drängt Merz auf Ende des Teilwaffenembargos

Der Bundeskanzler hatte am 8. August angeordnet, keine Güter auszuführen, die im Krieg gegen die Hamas verwendet werden könnten

 13.11.2025

Entscheidung

Waffen an Israel: Berliner Gericht weist Klagen ab

Sechs überwiegend in Gaza wohnende Personen klagten in zwei Fällen gegen deutsche Waffenlieferungen an Israel. Das Berliner Verwaltungsgericht sieht die Klagen als unzulässig an

 13.11.2025

Interview

»Wir müssen viel mehr für die Rückführung von Antisemiten tun«

Der Bundestagsabgeordnete Johannes Volkmann (CDU) über den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland, die zögerliche Reaktion der Politik und Abschiebungen als Gefahrenabwehr

von Joshua Schultheis  13.11.2025

Berlin

Wegner setzt im Fördermittelstreit auf Aufklärung

»Es sind Vorwürfe im Raum, die muss man sich genau anschauen. Und dann werden wir gegebenenfalls, wenn es notwendig ist, die richtigen Konsequenzen ziehen«, betont der Regierende Bürgermeister

 12.11.2025