Berlin

»Da müssen wir ran«

Auf dem Podium: Frank Müller Rosentritt, Gösta Nissen, Petra Pau, Michael Borchard, Peter Harry Carstensen, Michaela Engelmeier und Marlene Schönberger (v.l.) Foto: Rolf Walter

Politiker von FDP, Grünen und SPD haben sich zuversichtlich geäußert, dass eine bessere Alterssicherung jüdischer Kontingentflüchtlinge unter einer künftigen Bundesregierung gelingen kann. Dies sei auch Thema bei den Gesprächen über eine Ampelkoalition.

Bei einer Konferenz des Tikvah-Instituts und der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin zum Thema »Wie deutsch ist Jiddisch?« bekräftigten zudem Vertreter von CDU und Linke bei der Abschlussdiskussion am Montag, die Schlechterstellung von Kontingentflüchtlingen aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion im Vergleich zu sogenannten Spätaussiedlern müsse beendet werden.

ASCHKENAS Die Begründung für diese Ungleichbehandlung gehöre auf den Prüfstand, hatte zuvor Volker Beck vom Tikvah-Institut gefordert, der die Tagung moderierte. Deutsche Verwaltungen und Gerichte hätten das aschkenasische Judentum wie dessen historische Muttersprache, das Jiddische, aus dem »deutschen Sprach- und Kulturkreis« hinausdefiniert.

Die Rechtsprechung, so Beck, liege bisher auf der Linie des Gesetzgebers. Der Bundestag habe noch 1989 einhellig festgestellt: »Die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis bedeute, dass Deutsch wie eine Muttersprache im persönlichen Bereich überwiegend benutzt worden sein müsse und dadurch ein Zugang zur deutschen Kultur möglich gewesen sei.«

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Bereits im Februar 2019 hatten die bisherigen Oppositionsfraktionen von FDP, Linken und Bündnis 90/Die Grünen eine Lösung für Rentnerinnen und Rentner aus dem Kreis der jüdischen Kontingentflüchtlinge angemahnt. Als mögliche Lösungen waren ein Härtefallfonds oder eine Änderung des Fremdrentengesetzes im Gespräch. Im Februar beschloss der Bundesrat, dass man nicht länger warten dürfe, doch bis zur Bundestagswahl blieb es dabei.

chance Nun sieht der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank-Müller Rosentritt in dem von Beck propagierten Vorgehen eine neue Chance. Es gehe nicht in erster Linie darum, das Jiddische zu stärken, sondern um »eine Aufhebung von massiven Diskriminierungen«, sagte er. Dass jemand weniger Rente habe als ein Spätaussiedler, weil er als jüdischer Flüchtling gekommen sei, sei inakzeptabel: »Deshalb müssen wir da ran.«

Marlene Schönberger, Bundestagsabgeordnete der Grünen, sagte: »Wenn die Anerkennung des Jiddischen als ein Teil des deutschen Sprach- und Kulturraums ein Weg ist, das zu lösen, muss der gegangen werden.« Michaela Engelmeier, ehemalige Bundestagsabgeordnete der SPD und Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, erklärte, die ihrer Meinung nach rechtswidrige Ungleichbehandlung müsse korrigiert werden. »Wir versuchen es, zusammen hinzukriegen«, sagte sie.

Auch Peter Harry Carstensen (CDU), ehemaliger Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, äußerte prinzipielles Einverständnis. Und die Linken-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau sagte: »Seht zu, dass ihr da was auf den Tisch legt.« Es gehe um viele Menschen, die keine Zeit mehr hätten, zu warten.

Lesen Sie mehr über die Tagung in der kommenden Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

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