Meinung

Brüderlichkeit: Neuer Dialog ist nötig

Ist der jüdisch-christliche Dialog obsolet geworden? Eine Selbstrechtfertigungsveranstaltung katholischer und evangelischer Christen mit einigen »Alibijuden«? Ist die offizielle »Brüderlichkeit« für eine Woche nur ein symbolpolitischer Ersatz für eine »Geschwisterlichkeit«, die nie enden sollte? Und ist das »wahre« Gespräch für Juden heute nicht eher das mit Muslimen?

Diese Fragen sind offen zu stellen, zumal in einer jüdischen Einwanderungsgesellschaft, die schlicht anders tickt als die jüdische Gemeinschaft der »Bonner Republik«. Eine andere Epoche prägt einen anderen Dialog.

Differenz Dieser braucht ein vitales Interesse auf beiden Seiten. Eine Bereitschaft, die Differenz und auch das Absurde im Dialog zuzulassen, muss her. Denn was uns heute trennt, ist nicht mehr nur »die Geschichte«, wie Ernst Ludwig Ehrlich, einer der jüdischen Pioniere des Dialogs nach dem Holocaust, trefflich formulierte.

Heute trennen uns Ahnungslosigkeit und Ignoranz. Manche Christen lieben die für sie abstrakten jüdischen Opfer und glauben an die heilsgeschichtliche Gegenwart des Staates Israel. Der Philosemitismus ist heiß und blind. Das reale Judentum von heute interessiert dabei weniger. Auch einige junge Juden, deren Eltern in der Sowjetunion der 70er- und 80er-Jahre im jüdisch-christlichen religiösen und kulturellen Bereich Antworten suchten, wollen davon nichts mehr hören. Das sei vorbei und reaktionär.

judenmission Vieles wurde im jahrzehntelangen Dialog erreicht. Der Verzicht auf Judenmission durch die EKD ist eine wichtige Errungenschaft. Die irritierende Karfreitagsfürbitte durch Benedikt XVI. gehört abgeschafft – die Bitte um eine »Erleuchtung der Juden« ist ja nicht gerade eine gute Gesprächsgrundlage. Die Nationalisten, die von einem »jüdisch-christlichen Abendland« reden, trennen uns noch mehr. Was sie in Aussicht stellen, ist eine ideologische Mauer. Juden, die auf dieses »Abendland« als Schutz gegen den Antisemitismus von Teilen der muslimischen Community hoffen, irren.

Wir sollten die Akteure des früheren jüdisch-christlichen Dialogs auf beiden Seiten respektieren und nicht zögern, von ihnen direkt zu lernen. Die notwendigen Änderungen im Gespräch sind substanziell. Wir benötigen eine neue politische Kommunikationssprache sowie eine dezente religiöse Alphabetisierung.

Der Autor ist Historiker, Referent bei ELES und sitzt im Vorstand der AG Juden und Christen beim Deutschen Evangelischen Kirchentag.

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025

Menschenrechte

Immer schriller: Amnesty zeigt erneut mit dem Finger auf Israel

Im neuesten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation wirft sie Israel vor, einen »live übertragenen Völkermord« zu begehen

von Michael Thaidigsmann  29.04.2025

Berlin

Streit um geforderte Yad-Vashem-Straße

Zwischen dem Freundeskreis Yad Vashem und dem Roten Rathaus herrscht Unmut

von Imanuel Marcus  29.04.2025

Den Haag

Strafgerichtshof verpflichtet Chefankläger zur Vertraulichkeit

Karim Khan, der unter anderem gegen Benjamin Netanjahu einen Haftbefehl erwirkt hat, darf einem Bericht des »Guardian« zufolge künftig nicht mehr öffentlich dazu Stellung nehmen

 29.04.2025

Urteil

»Impfen macht frei«-Bild ist Volksverhetzung

Ein 65-Jähriger hatte während der Corona-Pandemie die Schutzmaßnahmen der Regierung mit dem Holocaust verglichen

 29.04.2025