Berlin

»BDS gibt es nicht ohne Antisemitismus«

Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

»So kann es nicht weitergehen«, sagte Josef Schuster am Donnerstagabend im Haus der Wannseekonferenz. Dort, genauer gesagt im Garten mit Seeblick, wurde unter dem Titel »Von der Kunstfreiheit gedeckt?« zur Diskussion über Antisemitismus in Kunst und Kultur geladen, zahlreiche Besucher waren der Einladung gefolgt.

Die Tagung wurde bereits vor den zahlreichen Skandalen auf der Documenta 15 geplant. Nun war sie das zentrale Thema, auf das immer wieder Bezug genommen wurde. Was der Zentralratspräsident mit seinen unzweideutigen Worten meinte, betraf auch die Documenta – ging aber darüber hinaus: Judenfeindliche Darstellungen und Propaganda gegen Israel, wie sie auf der Kunstschau öffentlich gezeigt wurden, sind »absolut keine Überraschung« gewesen, so Schuster.

Warnungen In dem Zusammenhang erinnerte er an die Tatsache, dass das Banner »People’s Justice« von Taring Padi vor rund 20 Jahren entstanden ist – und bereits mehrfach ausgestellt wurde. »Die Warnungen waren da«, sagte Schuster. Als »erfrischend deutlich« erwähnte er hingegen den inzwischen vorliegenden Abschlussbericht des Expertengremiums.

Schuster kritisierte deutlich die Ausgrenzung jüdisch-israelischer Künstler durch Kampagnen wie »Boycott, Divestment, Sanctions« (BDS). Er nannte in dem Zusammenhang auch die Initiative »GG 5.3 Weltoffenheit«, die sich gegen den BDS-Beschluss des Bundestages wandte. »BDS gibt es nicht ohne den Antisemitismus«, stellte Schuster klar.

Der Kampf für Meinungs- und Kunstfreiheit und der Kampf gegen Antisemitismus dürften sich nicht ausschließen, diese müssten stattdessen verbunden werden, so Schuster. Hier seien die Institutionen gefordert, ihre Mittel – von der Personalpolitik bis zur Mittelvergabe – zu prüfen und einzusetzen. »Die Verantwortung ist groß«, sagte Schuster.

Entwicklungen Doch dürfe man nicht nur zurückschauen, rief der Zentralratspräsident seinen Zuhörern zu, man müsse nun nach vorne schauen. Das heißt konkret: Entwicklungen anstoßen und antisemitismuskritische Vorhaben fördern.

Schuster gab mit seinem kurzen Auftritt die Stichworte für die Abschlussdiskussion. Katja Lucker berichtete eindrücklich, wie das Berliner Pop-Kultur-Festival bis heute von der BDS-Kampagne unter Druck gesetzt wird. Aus dem Kulturbetrieb komme kaum Solidarität, stattdessen wird mitgemacht oder geschwiegen.

Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat verurteilte scharf jeglichen Antisemitismus und rief den Kulturbetrieb auf, sich des Problems anzunehmen statt wegzuschauen. Er warnte allerdings vor zu starken Eingriffen des Staats in die Kunstfreiheit, stellte aber auch klar: »Kunstfreiheit gilt für die Künstler, nicht aber für die Geschäftsführung der Documenta.«

Der eher wortkarge Andreas Görgen, Amtschef der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien Claudia Roth, plädierte für die Wiederaufnahme des Dialogs, was sich auch auf »GG 5.3 Weltoffenheit« bezog. Außerdem verteidigte er seine Chefin Claudia Roth: Bereits wenige Tage nach dem ersten Pressebericht über Antisemitismus auf der Documenta im Januar vergangenen Jahres habe man versucht, eine Expertenkommission einzusetzen. Gescheitert sei das am Widerstand aus der Documenta.

Meinung

Wieder ein Milliarden-Blankoscheck für Palästina?

Europa will den Wiederaufbau Gazas mit 1,6 Milliarden Euro fördern. Glaubt man in Brüssel wirklich, durch Scheckbuchdiplomatie etwas zum Besseren verändern zu können?

von Jacques Abramowicz  07.11.2025

Jerusalem

Bischof Azar bedauert Irritation durch »Völkermord«-Äußerung

Weil er in einem Gottesdienst in Jerusalem von »Völkermord« an den Palästinensern sprach, hat der palästinensische Bischof Azar für Empörung gesorgt. Nun bedauert er, dass seine Worte Irritation ausgelöst haben

von Christine Süß-Demuth  07.11.2025

Berlin

Israelfeindliche Aktivisten besetzen ZDF-Hauptstadtstudio

Die Polizei musste die Besetzung beenden

 07.11.2025

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

Berlin

Sarah Wedl-Wilson räumt Defizite bei Fördermittel-Vergabe ein

Wurden Gelder für Projekte gegen Antisemitismus rechtswidrig verteilt? Das werfen Grüne und Linke der Kultursenatorin vor. Nun äußert sie sich

 07.11.2025

Diplomatie

Kasachstan will sich den Abraham-Abkommen anschließen

US-Präsident Donald Trump kündigte den Schritt wenige Tage vor dem Besuch des saudischen Kronprinzen im Weißen Haus. Auch Saudi-Arabien solle seine Beziehungen zu Israel normalisieren, so die Hoffnung des US-Präsidenten

 07.11.2025

Antiisraelischer Beschluss

Linken-Spitze distanziert sich von Parteijugend

Die Linksjugend Solid wirft Israel unter anderem einen »kolonialen und rassistischen Charakter« vor – und löst in der Partei Empörung aus

 06.11.2025

Urteil

Betätigungsverbot für israelfeindlichen Aktivisten war rechtswidrig

Ghassan Abu-Sittah, der der israelischen Armee vorwirft, vorsätzlich Kinder zu töten, hätte auf dem »Palästina-Kongress« sprechen dürfen

 06.11.2025

Terrorismus

Nach Hamas-Festnahme: Waffenfund in Österreich

Der österreichische Verfassungsschutz stellte fünf Faustfeuerwaffen und zehn Magazine sicher

 06.11.2025