Berlin

Auswärtiges Amt lässt Religionsprojekt ruhen

Auswärtiges Amt in Berlin Foto: dpa

Nach Kritik an der Berufung der islamischen Vertreterin Nurhan Soykan in das Projekt »Religion und Außenpolitik« lässt das Auswärtige Amt die Arbeit daran zunächst ruhen.

Man nehme die Kritik »sehr ernst«, sagte ein Ministeriumssprecher am Mittwoch in Berlin. In den kommenden Tagen soll nach seinen Worten ein Beratungsprozess starten, an dem religiöse Verbände und Vereine sowie andere, die zum Projekt beitragen können, beteiligt werden sollen.

beratungen »Bis dahin lassen wir die Arbeit an dem Projekt ruhen«, sagte der Sprecher. Ziel der Beratungen sei es, das Projekt »so auszugestalten, dass es breite Unterstützung von denjenigen in Politik und Gesellschaft erhält, die wir für diese Arbeit brauchen«.

Das Auswärtige Amt hatte die stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD), Nurhan Soykan, zur Beraterin für das Team »Religion und Außenpolitik« berufen. Die Personalie wurde teils heftig kritisiert.

Am Mittwoch veröffentlichte der Liberal-Islamische Bund einen Brief an das Auswärtige Amt, in dem er darauf hinweist, dass eine Mitgliedorganisation des Zentralrats der Muslime – die Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa (ATIB) – einer türkisch-rechtsextremen Bewegung zugeordnet und vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Soykan selbst wird vorgeworfen, in der Vergangenheit vereinzelt antisemitische und islamistische Positionen unterstützt zu haben.

Nurhan Soykan wird vorgeworfen, in der Vergangenheit antisemitische und islamistische Positionen unterstützt zu haben.

Der Islam- und Antisemitismusexperte Ahmad Mansour und der Grünen-Politiker Volker Beck machten ihrem Unmut über die Personalie auf Twitter Luft. So schrieb Beck, dass er nicht verstehe, warum das Auswärtige Amt »eine Vertreterin dieses problematischen Verbandes« berufen hat.

VERANTWORTUNG Mansour twitterte, dass weder das Außenamt noch Außenminister Heiko Maas (SPD) erklären könnten, »warum ausgerechnet diese Person die Verantwortung für Frieden mit religiösen Gemeinschaften weltweit ansprechen soll«.

Kritik gab es laut »Tagesspiegel« auch aus CDU, FDP und von der Linken. Der CDU-Religionsexperte Christoph de Vries beschrieb den ZMD demnach als hochproblematisch; die stärksten Mitgliedsvereine des Rats würden den Muslimbrüdern und der rechtsextremen Bewegung Graue Wölfe zugerechnet.

Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdalen erklärte, Maas mache sich im Kampf gegen Antisemitismus mit dieser Personalie unglaubwürdig.

potenzial Das Projekt »Religion und Außenpolitik« gibt es im Auswärtigen Amt seit 2016. Das Ministerium wolle den Einfluss der Religionen verstehen und deren konstruktives Potenzial für Frieden stärken, erläuterte der Außenamtssprecher. 84 Prozent der Weltbevölkerung würden sich zu einer Religion bekennen. Die Stimme der Religionsgemeinschaften erreiche Menschen auch in den entlegensten Regionen, sagte er.

»Warum muss ausgerechnet diese Person die Verantwortung für Frieden mit religiösen Gemeinschaften weltweit tragen?«

Ahmad Mansour, Islam- und Antisemitismusexperte

Die Abteilung organisierte in der Vergangenheit Konferenzen mit Religionsvertretern aus aller Welt. Im vergangenen Jahr fand in Kooperation mit der Organisation »Religions for Peace« eine große Konferenz in Lindau statt, auf der auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Rede hielt.

Die Berufung von Soykan hatte der Leiter der Abteilung, Andreas Görgen, am 20. Juli bei Twitter bekannt gegeben. Als Berater für das Projekt berufen wurden zuvor bereits der freikirchliche Pastor Peter Jörgensen und der angehende Rabbiner Max Feldhake. epd/ja

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Extremismus

Beobachtungsstelle: Tausende christenfeindliche Straftaten in Europa

Europa gilt immer noch als christlicher Kontinent. Doch Experten warnen: Christen sind von einem Klima wachsender Intoleranz bedroht. Auch in Deutschland muss die Lage Besorgnis erregen

 16.11.2025

Deutschland

Auktion von Besitztümern von NS-Opfern abgesagt

Im Online-Katalog waren unter anderem Dokumente und Post von NS-Verfolgten aus Konzentrationslagern sowie Täterpost zu finden

 16.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Mit Martin Hikel geht einer, der Tacheles redet

Der Neuköllner Bürgermeister will nicht erneut antreten, nachdem ihm die Parteilinke die Unterstützung entzogen hat. Eine fatale Nachricht für alle, die sich gegen Islamismus und Antisemitismus im Bezirk einsetzen

von Joshua Schultheis  16.11.2025

Berlin

Merz verspricht Schutz jüdischen Lebens in Deutschland

Bei der diesjährigen Verleihung des Preises für Verständigung und Toleranz im Jüdischen Museum Berlin an Amy Gutmann und David Zajfman gab Bundeskanzler Friedrich Merz ein klares Versprechen ab

 16.11.2025

Meinung

Die Ukrainer brauchen unsere Hilfe

Die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten in Deutschland nimmt ab. Aus einer jüdischen Perspektive bleibt es jedoch wichtig, auch weiterhin nicht von ihrer Seite abzuweichen

von Rabbinerin Rebecca Blady  16.11.2025

Berlin

Angriff auf Leiter deutsch-arabischer Schule in Neukölln

Al-Mashhadani gilt als Kritiker islamistischer Netzwerke und setzt sich für einen arabisch-israelischen Austausch ein

 15.11.2025

Debatte

»Hitler hatte eine unentdeckte genetische sexuelle Störung«

Eine neue britische Dokumentation über Adolf Hitler sorgt für Diskussionen: Kann die Analyse seiner DNA Aufschluss über die Persönlichkeit des Massenmörders geben?

 15.11.2025

Deutschland

Auschwitz-Komitee: Geplante Auktion ist schamlos 

Ein Neusser Auktionshaus will einen »Judenstern« und Briefe von KZ-Häftlingen und deren Angehörigen versteigern. Das internationale Auschwitz-Komitee reagiert

 15.11.2025