ZdK

»Argumentativ ins Aus gesetzt«

Irme Stetter-Karp Foto: ZdK/Oppitz

Frau Stetter-Karp, die Debatte um Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der Verschwörungsmythen zu Corona verbreitet hat, hält an. Wie bewerten Sie seine jüngsten Aussagen?
Ich muss vorausschicken, dass das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) seit langer Zeit zu Kardinal Müller in kritischer Begleitung steht. Wir sind froh, dass sich Bischof Bätzing kritisch, klar distanziert und öffentlich zu den Äußerungen von Kardinal Müller erklärt hat und auch den Subtext in Zusammenhang mit Verschwörungstheorien angesprochen hat. Es ist notwendig, dass eine Distanzierung erfolgt. Papst Franziskus hat ja selbst im November vergangenen Jahres zum Impfen aufgerufen, und insofern stellt sich Kardinal Müller mit seinen Aussagen auch inhaltlich ins Abseits gegenüber dem Papst.

Reicht diese Distanzierung?
Wir sehen die Äußerungen des Kardinals sehr kritisch. Aus unserer Sicht bedient er Ängste und antisemitische Stereotype. Er hat sich damit argumentativ ins Aus gesetzt. Wir müssen daher die Frage stellen, ob Kardinal Müller als kirchlicher Richter des höchsten Kirchengerichts am richtigen Platz ist. Das fragen wir auch deshalb, weil das katholische Kirchenrecht auf dem Boden des II. Vatikanums antijüdische Affekte konsequent entfernt hat. Und insofern haben wir eine Ausgangslage, in der insbesondere auch mit der Erklärung Nostra Aetate von 1965 die Kirche ihre Mitschuld am jahrhundertelangen Judenhass bekannt und deutlich formuliert hat, dass Katholikinnen und Katholiken klar auf der Seite der Juden stehen, wenn sie gesellschaftlich angegriffen werden.

Sie haben dem Vatikan im Zusammenhang mit innerkirchlichen Reformen Kommunikationsverweigerung vorgeworfen. Würden Sie den Vorwurf auch in diesem Zusammenhang erheben?
Nein, das würde ich nicht, da es dort konkret um das Diakonat der Frau ging. Allerdings ist die gesellschaftspolitische Situation derzeit so stark auf Zusammenhalt angewiesen, dass wir als Katholiken eine besondere Verantwortung haben bezüglich solcher Subtexte oder Topoi, die er benutzt und damit alte Muster bedient hat.

Die Initiative »Wir sind Kirche« meint, der Papst solle Kardinal Müller umgehend Einhalt gebieten. Unterstützen Sie diese Forderung?
Dass man solchem Reden Einhalt gebieten soll, das unterstütze ich.

Sollte der Vatikan schneller reagieren?
Es geht um die Frage des Tempos, aber vor allem um die inhaltliche Klarheit. Wenn Papst Franziskus selbst deutlich macht, wie sehr ihm an Solidarität und Verantwortung an dieser Stelle in der Pandemie liegt, dann hinterlässt es natürlich Fragen, warum Kardinal Müller sich so äußern kann und der Papst ihn nicht selbst in die Schranken weist.

Mit der Vorsitzenden des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) sprach Katrin Richter.

Senat

Mehrere Berliner Abgeordnete verlassen Linkspartei

Wegen eines Antisemitismus-Streits kehren einige Politiker der Linkspartei den Rücken - auch der ehemalige Senator Klaus Lederer

 23.10.2024

Straßburg

Alle Klarheiten beseitigt

Der Streit über EU-Gelder für die Palästinenser und die UNRWA entzweit das Europäische Parlament

von Michael Thaidigsmann  23.10.2024

USA/Israel

FBI übernimmt Ermittlungen nach Geheimdienstleck

Dokumente über Israels Vorbereitungen für einen Angriff gegen den Iran gelangten an die Öffentlichkeit. Wer steckt dahinter?

 23.10.2024

Washington D.C.

Trump wollte »Militärs wie Hitlers Generäle«

Sein ehemaliger Stabschef John Kelly erinnert sich an höchst problematische Aussagen

 23.10.2024

Herta Müller

»Das Wort ›Märtyrer‹ verachtet das Leben schlechthin«

Die Literaturnobelpreisträgerin wurde mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

von Herta Müller  23.10.2024

Dokumentation

»Eine Welt ohne Herta Müllers kompromisslose Literatur ist unvorstellbar«

Herta Müller ist mit dem Arik-Brauer-Publizistikpreis ausgezeichnet worden. Lesen Sie hier die Laudatio von Josef Joffe

von Josef Joffe  23.10.2024

Antisemitismus

Auch in Halle Stolpersteine gestohlen

In Halle wurden ebenfalls Stolpersteine aus dem Boden gebrochen

 22.10.2024

USA

Israelfeindliche Gruppen an Unis werden immer radikaler

Auch an der Columbia University ist die Situation alarmierend

von Imanuel Marcus  22.10.2024

Umfrage

Grüne am ehesten für Waffenexporte nach Israel

Die Mehrheit der Deutschen lehnt Waffenlieferungen an den jüdischen Staat jedoch ab

 22.10.2024