Antisemitismus

Vorwürfe gegen arabische Partner der Deutschen Welle halten an

Der deutsche Auslandssender »Deutsche Welle« sitzt in Bonn und Berlin. Foto: imago images/blickwinkel

Die Deutsche Welle (DW) sieht sich seit Wochen mit Vorwürfen zu juden- und israelfeindlichen Haltungen bei Mitarbeitenden und Kooperationspartnern konfrontiert. Unlängst hatte der deutsche Auslandssender unter anderem bereits die Zusammenarbeit mit dem jordanischen Medienpartner Roya TV ausgesetzt und eine unabhängige externe Untersuchung zu Vorwürfen gegen Mitarbeitende eingeleitet.

Nun berichtete »bild.de« über die Kooperation mit dem palästinensischen Sender »Ma’an News«, der 2015 online »zum Terror gegen Israelis aufgerufen« habe. Auch habe dessen Chefredakteur, Nasser Al-Lahham, im Mai 2021 in einem Kommentar geschrieben, der Zionismus sei »ein Fleck auf der Stirn der Menschheit«, der »aus der Existenz verschwinden« müsse.

QUELLE Bild.de berichtet weiter, auf Anfrage habe sich die DW von den Aussagen Al-Lahhams distanziert: Die Äußerungen seien dem Intendanten Peter Limbourg nicht bekannt, aber er teile sie »ausdrücklich nicht«.

Zugleich habe die DW aber darauf verwiesen, dass »Ma’an News« von europäischen Medien als »seriöse Nachrichtenquelle aus den palästinensischen Gebieten« anerkannt werde und diese regelmäßig aus den Berichten des Senders zitierten.

Auch fördere die Kooperation den Dialog: » ‚Ma’an‘ übernimmt seit 2013 DW-Magazine in seinem Programm und bietet der ‚Deutschen Welle‘ so die Möglichkeit, junge Palästinenser innerhalb der palästinensischen Gebiete und Israel zu erreichen und den Dialog mit ihnen zu fördern.«

Eine Untersuchungskommission mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Ahmad Mansour wurde eingesetzt. Erste Ergebnisse werden am Freitag bekanntgegeben.

Am Freitag hatte Intendant Limbourg im Interview des Fachdienstes »turi2« seinen Sender verteidigt: »Weder die Mitarbeitenden der DW als Ganzes noch unser Programm sind antisemitisch.« Israelhass und Antisemitismus hätten keinen Platz bei der Deutschen Welle. Limbourg kritisierte eine »ziemlich verzerrte Darstellung in Teilen der Berichterstattung«, räumte aber ein, dass es ein Problem gebe, »das wir nicht auf die leichte Schulter nehmen«.

In Bezug auf die Partner der DW forderte der Intendant eine differenzierte Betrachtung ein. So sei etwa der libanesische Sender Al Jadeed als »Hisbollah-Sender« bezeichnet worden, obwohl er nach Informationen der Welle seit zwei Jahren von der Terrororganisation Hisbollah boykottiert werde und ein Reporter des Senders gerade einen Preis des US-Außenministeriums erhalten habe.

Das Online-Magazin »Vice« hatte berichtet, dass Al Jadeed Israel als »Feind« betiteln und dem jüdischen Staat Rache schwören würde. Zudem würden Propaganda-Videos der Hisbollah gesendet. »Ich will gar nicht sagen, dass alle Sender in der Region in ihrem Programm immer frei von Antisemitismus oder Israelhass sind, aber man muss dann bitte differenzieren«, so Limbourg weiter.

KOMMISSION Die eingesetzte Untersuchungskommission mit der früheren Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und dem Berliner Psychologen Ahmad Mansour werde sich die Vorwürfe gegen Mitarbeitende und auch die sogenannten Distributionspartner im arabischen Raum anschauen, erklärte Limbourg.

Allerdings könne die Kommission nicht alle 2000 Partnermedien weltweit, darunter Hunderte in der arabischen Welt, prüfen. Diese Untersuchung werde die Deutsche Welle selbst durchführen. Am Freitag würden erste Ergebnisse in einer Sondersitzung des Vertriebsausschusses des Rundfunkrats vorgetragen und mögliche Konsequenzen diskutiert.

Anfang Dezember hatte die Deutsche Welle die Kooperation mit Roya TV ausgesetzt.

Der Vorsitzende des Verwaltungsrats der DW, Peter Clever, hatte ebenfalls am Freitag nach einer Sitzung des Gremiums mit Blick auf die Aktivitäten im arabischen Raum und die Vorwürfe gegen Mitarbeitende gesagt: »Die DW muss ihren gesetzlichen Programmauftrag auch und gerade dort erfüllen, wo es an der Vielfalt von Perspektiven mangelt und Dialog besonders nötig ist.« Dafür seien die Partnermedien »unverzichtbar«. Der Intendant müsse jedoch »erkannte Schwachstellen beseitigen und gegebenenfalls auch personelle Konsequenzen ziehen«.

Anfang Dezember hatte die Deutsche Welle die Kooperation mit Roya TV ausgesetzt. Anlass waren nach eigenen Angaben das Bekanntwerden von antiisraelischen und judenfeindlichen Kommentaren und Karikaturen in den Sozialen Medien, die von dem Sender verbreitet wurden.

Überdies waren Vorwürfe gegen einige Mitarbeitende der Arabisch-Redaktion sowie freie Mitarbeitende der DW im Ausland laut geworden. Sie sollen sich in Sozialen Medien oder in anderen Publikationen offen antiisraelisch oder antisemitisch geäußert haben. Die Betroffenen wurden zunächst freigestellt.

Zuletzt war in der »Welt am Sonntag« über Mitarbeitende aus dem arabischsprachigen Programm berichtet worden, die dem syrischen Assad-Regime nahestehen oder für es Partei ergriffen haben sollen.

Lesen Sie mehr dazu in der nächsten Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann wird heute mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Bislang schwieg sie zur scharfen Kritik an ihrer Arbeit. Doch jetzt antwortete die ARD-Journalistin ihren Kritikern

 04.12.2025

Karlsruhe/München

Mutmaßlicher Huthi-Terrorist angeklagt

Ein Mann soll für die Terrororganisation im Jemen gekämpft haben. Deutschlands oberste Anklagebehörde will ihn vor Gericht sehen

 04.12.2025

Antisemitismus

Litauen: Chef von Regierungspartei wegen Antisemitismus verurteilt

In Litauen ist der Chef einer Regierungspartei mehrfach durch antisemitische Aussagen aufgefallen. Dafür musste er sich vor Gericht verantworten. Nun haben die Richter ihr Urteil gefällt

 04.12.2025

Berlin

Verfassungsschutz nimmt neue AfD-Jugend ins Blickfeld

Ist auch die »Generation Deutschland« rechtsextremistisch? Sie rückt bereits in den Fokus des Bundesamts für Verfassungsschutz

 04.12.2025

Berlin

Merz und Wegner nennen Lübcke-Statue geschmacklos

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) äußerte Unmut: Das Schicksal eines von einem Rechtsradikalen ermordeten Politiker zu instrumentalisieren, sei an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten

 04.12.2025

Bayern

Landtag wirbt für Yad Vashem-Außenstelle in München

Ein fraktionsübergreifenden Antrag – ohne Beteiligung der AfD - für eine Außenstelle der israelischen Gedenkstätte im Freistaat liegt vor

 04.12.2025

Ehrung

»Ahmad Mansour kämpft nicht gegen Symptome, sondern gegen Ursachen«

Der Islamismusexperte Ahmad Mansour wurde mit dem Hanns-Martin-Schleyer-Preis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Wir dokumentieren die Rede

von Josef Schuster  04.12.2025

Graz

Verharmlosung von NS-Verbrechen: Haft für Deutschen in Österreich

Lange Haftstrafe für einen Publizisten: Was steckt hinter dem Urteil, und wie stufen Extremismusforscher seine bereits eingestellte Zeitschrift ein?

 04.12.2025