Einspruch

Antisemiten ist der Einzelne egal

Hanna Veiler Foto: privat

Die Richterin des obersten israelischen Gerichtshofs, Daphne Barak-Erez, wurde bei einer Podiumsdiskussion an der Berliner Humboldt-Universität von propalästinensischen Aktivisten niedergeschrien. Der Vorfall zeigt deutlich, dass es für zahlreiche Menschen völlig irrelevant ist, wie sich Juden politisch positionieren.

Den Antisemiten werden sie es nie recht machen können. Es hat die Schreier nicht interessiert, dass Barak-Erez zu den stärksten Kritikern der Netanjahu-Regierung gehört und gegen die Justizreform gekämpft hat. Sie sahen in ihr nur die »böse Zionistin«, das Feindbild, das es auszulöschen gilt.

Kein Interesse an Dialog

Der Vorfall machte auch deutlich, dass viele derjenigen, die für ein »freies Palästina« einzustehen meinen, nicht an Dialog interessiert sind. Eine junge Frau forderte etwa Barak-Erez dazu auf, sich »für Palästina zu entschuldigen«. Doch wofür sich Jüdinnen und Juden wirklich entschuldigen sollen, ist ihre bloße Existenz. Denn mehr als einmal hat die Geschichte uns schmerzvoll gezeigt, dass es uns nicht vor antisemitischer Gewalt retten wird, unsere Köpfe einzuziehen, einzuknicken und uns anzupassen. Juden können noch so assimiliert und apologetisch sein – den Antisemiten bleiben sie trotzdem ein Dorn im Auge.

Dass der Vorfall an einer deutschen Universität passiert, sollte niemanden mehr überraschen, denn die Versäumnisse der Hochschulpolitik bei der Bekämpfung von Antisemitismus reichen Jahrzehnte zurück. Dass die Präsidentin der Humboldt-Uni, Julia von Blumenthal, sagt, dass »kontroverse Positionen diskutiert werden müssen«, aber nicht die antisemitische Motivation hinter dem Vorfall benennt, ist nur ein weiteres Indiz dafür.

Erneut führen wir eine Debatte über die Grenzen der Meinungsfreiheit, anstatt über Konsequenzen für israelbezogenen Antisemitismus am Campus zu sprechen. Dieses Vorgehen hätte erfordert, die Störer aus dem Raum zu werfen. Stattdessen musste die israelische Richterin gehen. So viel zum Thema Freiheit.

Hanna Veiler ist Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD).

Debatte

Schuster: AfD-Regierung wäre für Juden das Signal zur Auswanderung

Die hohen Zustimmungswerte der AfD machen gerade Juden besorgt. Zentralratspräsident Josef Schuster erinnert an die 1930er Jahre: Auch in der NS-Zeit hätten viele Juden lange nicht für möglich gehalten, was dann folgte

von Christoph Schmidt  07.05.2025

Globaler Antisemitismus

J7 beklagen Staatsversagen beim Kampf gegen Judenhass

Ziele sind Einrichtungen wie Synagogen und Schulen - aber auch Menschen. Ein Bericht zeigt erschreckende Zahlen zu Antisemitismus in Deutschland, den USA, Argentinien, Großbritannien, Kanada, Frankreich und Australien

von Leticia Witte  07.05.2025

Berlin

Weimer: Antisemitismus in der Kultur als erstes großes Thema

Der neue Staatsminister für Kultur und Medien will an seinem ersten Tag ein Zeichen setzen - und empfängt gleich einen besonderen Gast

 07.05.2025

Urteil

Klage von jüdischem Erben gegen Sparkasse Hagen bleibt erfolglos

Der Großvater des Klägers hatte den Angaben zufolge 1932 ein Konto bei der Sparkasse in Hagen eröffnet und darauf Geld eingezahlt. Später floh er mit seiner Ehefrau in die Schweiz

 07.05.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  07.05.2025

Digitale Erinnerung

Neue App zeigt Deutschland-Karte mit Nazi-Verbrechen

Von 1933 bis 1945 haben die Nationalsozialisten Menschen enteignet, missbraucht, getötet. Die Untaten auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik versammelt eine neue App. Schon zum Start gibt es eine Erweiterungs-Idee

von Christopher Beschnitt  07.05.2025

Kommentar

Mit aller gebotenen Härte

Ein AfD-Verbotsverfahren ist nach der Verfassungsschutz-Einschätzung der Partei als rechtsextremistisch dringlicher denn je

von Philipp Peyman Engel  07.05.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel und Deutschland: 60 Jahre diplomatische Beziehungen

Deutschland und Israel haben am 12. Mai 1965 diplomatische Beziehungen aufgenommen. Dies feiern beide Länder mit einem symbolträchtigen Besuch von Herzog in Berlin und Steinmeier in Israel

 07.05.2025

Potsdam

Auch AfD Brandenburg als gesichert rechtsextrem eingestuft

Die Einstufung stammt bereits aus dem April, doch Innenministerin Lange erfuhr erst jetzt davon. Landesverfassungsschutz-Chef Müller muss deshalb gehen

 07.05.2025