Angesichts der immer größer werdenden Spannungen im Nahen Osten ruft Bundesaußenministerin Annalena Baerbock die deutschen Bürger im Libanon zur sofortigen Ausreise auf. »Ich appelliere erneut an alle deutschen Staatsangehörigen im Libanon auszureisen, solange das möglich ist«, zitierte das Auswärtige Amt Baerbock (Grüne). In der angespannten Lage könne jede Entscheidung Entspannung bedeuten oder Öl ins Feuer gießen. »Ich rufe alle - insbesondere Iran - zu Zurückhaltung & Deeskalation auf: für die Menschen in der Region«, zitierte das Außenministerium Baerbock weiter. Auch die USA riefen ihre Bürger zur Ausreise aus dem Libanon auf.
Israel hatte am Dienstagabend den Hisbollah-Kommandeur Fuad Shukr in einem Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut getötet. Wenige Stunden später wurde der Auslandschef der islamistischen Terrororganisation Hamas, Ismail Haniyeh, bei einem Angriff in der iranischen Hauptstadt Teheran getötet. Der Auslandschef der Hamas gilt als Drahtzieher der Massaker vom 7. Oktober, dem schwerwiegendsten Angriff auf Juden seit dem Holocaust. Shukr war Israel zufolge für den Raketenangriff auf einen Fußballplatz in Majdal Shams verantwortlich, bei dem zwölf Kinder getötet wurden.
Der Iran und die Hamas beschuldigen Israel für die Tötung Haniyeh und drohten mit Vergeltung. Die Hisbollah hielt sich bisher bedeckt, kündigte aber für Donnerstag eine Rede ihres Generalsekretärs Hassan Nasrallah an.
1.400 Deutsche stehen auf der Evakuierungsliste des Auswärtigen Amtes
Sollte es zu einem ausgewachsenen Krieg zwischen Israel und der libanesischen Terrormiliz Hisbollah kommen, würde das Auswärtige Amt deutsche Staatsbürger per Schiff evakuieren, wie »Bild« vor wenigen Tagen berichtete.
Dem Auswärtigen Amt zufolge stehen 1400 Deutsche auf der Krisenvorsorgeliste «Elefand». Sie würden im Ernstfall mit einer Fähre nach Zypern und von dort mit einem Flugzeug nach Deutschland gebracht werden. Jedoch könnte eine Evakuierung mehrere Wochen dauern, da die Kapazitäten der Insel begrenzt seien und sich im Libanon außerdem rund 150.000 Ausländer aufhalten.
Außenministerin will Krieg im Libanon verhindern
Baerbock machte deutlich, die Menschen im Libanon litten immer noch an den Folgen des Kriegs von 2006, der Hafenexplosion von 2020 und einer desolaten wirtschaftlichen Lage. Bei ihren Reisen sei deutlich geworden: »Die meisten Menschen im Libanon wollen keinen Krieg.« Die Angriffe der Hisbollah auf Israel müssten aufhören - und die der Terrororganisation Hamas, die zahllose grausame Angriffe auf Israel verübe. »Zentral ist, dass der regionale Flächenbrand jetzt verhindert & nicht die ganze Region ins Chaos gestürzt wird.«
Zuvor hatte bereits die Bundesregierung deutlich gemacht, sie unternehme mit ihren Partnern alles und nutze alle diplomatischen Kanäle, um eine Eskalation und einen regionalen Flächenbrand zu verhindern. Baerbock stehe in engstem Kontakt mit den EU-Partnern und Vertretern der Region des Nahen Ostens, die Diplomatie laufe auf Hochtouren. dpa/ja