Reaktionen

»Angriff auf das Herz der Demokratie«

Vor dem Sturm auf den Reichstag: Anti-Corona-Demonstranten in Berlin Foto: dpa

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat mit Bestürzung und großer Sorge auf das Vordringen von Demonstranten mit schwarz-weiß-roten Reichsflaggen vor das Reichstagsgebäude reagiert.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Ebenfalls besorgt äußerte sich CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Das Demonstrationsrecht sei für Nazi-Propaganda missbraucht worden, und das in einer Zeit, in der Menschen in Belarus unter Einsatz ihres Lebens auf die Straße gingen, sagte sie am Sonntag in der ZDF-Sendung »Berlin direkt«.

»Das treibt mich um, das macht mich wütend, und das muss die CDU in der politischen Diskussion deutlich machen«, so die CDU-Chefin. Jeder Demonstrant müsse sich überlegen, »ob es sein Unbehagen und seine Kritik – ob berechtigt oder nicht – wert ist und es rechtfertigt, dass man mit Nazis zusammen versucht, den Reichstag zu stürmen«.

https://www.youtube.com/watch?v=ZSxIyDV-nZk

Der Bundespräsident meldete sich ebenfalls zu der versuchten Stürmung des Reichstags zu Wort, was bei Demonstrationen sonst eher nicht üblich ist. Frank-Walter Steinmeier teilte mit: »Reichsflaggen und rechtsextreme Pöbeleien vor dem Deutschen Bundestag sind ein unerträglicher Angriff auf das Herz unserer Demokratie.«

Für den Montag hat er einige der Polizisten zu einem Treffen eingeladen. Der Präsident und Hausherr des Bundestags, Wolfgang Schäuble (CDU), fordert eine schnelle Aufarbeitung.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die losstürmenden Demonstranten konnten es zunächst kaum fassen, wie leicht sie zum Zentrum der Demokratie vordringen konnten. Zu Dutzenden rannten sie am Samstagabend gegen 19 Uhr auf das imposante Reichstagsgebäude in Berlin zu, überkletterten Absperrgitter oder stießen sie um, liefen die Treppen zum Besuchereingang auf der Westseite hoch und standen jubelnd und kreischend auf dem Absatz vor den verschlossenen Glastüren, hinter denen ein Pförtner sitzt. »Wahnsinn, Wahnsinn«, schreit ein Mann in einem der Videos, die sich schnell im Internet verbreiteten.

Hunderte Menschen stehen schließlich triumphierend auf der großen Treppe. Es sind Männer und Frauen, Junge und Ältere sind dabei, es ist keine einheitliche Szene. Viele sind wohl einfach spontan mitgerannt, wie in den Videos zu sehen ist. Einige Männer schwenken die schwarz-weiß-rote Fahne des deutschen Kaiserreichs, ein Symbol der Reichsbürger-Szene, die die Bundesrepublik ablehnt. Auch deutsche, russische, amerikanische Fahnen und Transparente sind zu sehen, so wie schon zuvor an der russischen Botschaft, wo es eine Versammlung der Reichsbürger gab.

Die Demonstranten filmen sich gegenseitig. »Wir sind das Volk« ist zu hören, aber auch rechtsextreme Beschimpfungen und der bekannte Schlachtruf dieser Szene: »Widerstand«. Von hinten ruft ein Mann: »Wir sind friedlich, wir sind friedlich.« Zwischen Eingang und aufgeheizter Menge stehen in diesem Moment nur noch drei Polizisten, die ihre Schlagstöcke schwenken und die Menschen auf Abstand halten. Schließlich eilen von den Seiten zahlreiche weitere Polizisten herbei, sprühen Pfefferspray in die Menge und drängen sie die Stufen hinunter.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Den ganzen Tag hatten um die 50.000 Menschen in der Berliner Innenstadt gegen die Corona-Politik demonstriert. Zwar hielten sich viele nicht an die Mindestabstände zum Infektionsschutz, aber die Stimmung in der recht bunten Menge der Demonstranten aus ganz Deutschland blieb friedlich.

Am Nachmittag griffen dann Reichsbürger und Rechtsextremisten aus einer großen Menschenmenge vor der russischen Botschaft die Polizei mit Stein- und Flaschenwürfen an. Die Bilder von dem Sturm auf die Treppe vor dem Reichstag überdecken am Samstagabend und Sonntag aber alles andere.

Videos der Szenen werden im Internet mehr als eine Million Mal aufgerufen. Im Stundentakt äußern sich - abgesehen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) - Spitzenpolitiker.

Dürfen Corona-Leugner demonstrieren oder nicht? Das war eine der Fragen, die vor dem Wochenende diskutiert wurde. Das Thema hatte sich nach der Demonstration in Berlin erledigt.

Warum die Aufregung über einen Vorfall, bei dem es keine Gewalt und keine Verletzten gab, so groß ist, erklärt Innenminister Horst Seehofer (CSU), der vom »symbolischen Zentrum unserer freiheitlichen Demokratie« spricht. »Dass Chaoten und Extremisten es für ihre Zwecke missbrauchen, ist unerträglich.« Auch die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel nennt die Vorfälle »inakzeptabel«.

Der Demonstrations-Veranstalter Michael Ballweg von der Stuttgarter Initiative Querdenken distanziert sich von den Krawallmachern und Rechtsextremisten. Querdenken sei eine friedliche und demokratische Bewegung. Die Schuld sehe er beim Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD). »Warum ist er nicht in der Lage, das Gebäude zu schützen?«

Nun ist für die konkrete Einsatztaktik vor Ort weniger ein Innensenator als die Polizei zuständig. Warum die Berliner Polizei, die den ganzen Tag lang 3000 Beamte aus verschiedenen Bundesländern dirigierte, ausgerechnet vor dem Reichstag so peinlich überrascht und überrannt wird, erklärte sie am Sonntag zunächst nicht.

Innensenator Geisel ging gar nicht erst näher auf die gravierende Panne ein. Er sieht sich bestätigt, weil er vor demonstrierenden Rechtsextremisten gewarnt hatte.

Polizeisprecher Thilo Cablitz hatte am Samstagabend nur gesagt: »Wir können nicht immer überall präsent sein, genau diese Lücke wurde genutzt, um hier die Absperrung zu übersteigen, zu durchbrechen.« Innensenator Geisel ging gar nicht erst näher auf die gravierende Panne ein. Er sieht sich bestätigt, weil er vor demonstrierenden Rechtsextremisten gewarnt hatte. Die Polizei habe »diesen Spuk schnell beendet«, erklärt er dann. »Die Einsatzkräfte waren unmittelbar vor Ort.«

Ganz so überzeugend sehen das offenbar nicht alle. Der SPD- Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider kündigte an: »Ich werde morgen eine Sondersitzung des Ältestenrates beantragen, um die Pläne zur Errichtung einer Sicherheitszone zu überprüfen und für eine schnelle Umsetzung zu sorgen.«

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025

Menschenrechte

Immer schriller: Amnesty zeigt erneut mit dem Finger auf Israel

Im neuesten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation wirft sie Israel vor, einen »live übertragenen Völkermord« zu begehen

von Michael Thaidigsmann  29.04.2025

Berlin

Streit um geforderte Yad-Vashem-Straße

Zwischen dem Freundeskreis Yad Vashem und dem Roten Rathaus herrscht Unmut

von Imanuel Marcus  29.04.2025

Den Haag

Strafgerichtshof verpflichtet Chefankläger zur Vertraulichkeit

Karim Khan, der unter anderem gegen Benjamin Netanjahu einen Haftbefehl erwirkt hat, darf einem Bericht des »Guardian« zufolge künftig nicht mehr öffentlich dazu Stellung nehmen

 29.04.2025

Urteil

»Impfen macht frei«-Bild ist Volksverhetzung

Ein 65-Jähriger hatte während der Corona-Pandemie die Schutzmaßnahmen der Regierung mit dem Holocaust verglichen

 29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025