Prozess

Angreifer von Lahav Shapira bestreitet antisemitisches Motiv

Der jüdische Student Lahav Shapira kommt mit seinem Rechtsanwalt Sebastian Scharme (r) zum Prozess. Foto: picture alliance/dpa

Vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat am Dienstag der Prozess wegen eines mutmaßlich antisemitischen Angriffs auf einen jüdischen Studenten begonnen. Angeklagt ist der 24-jährige Mustafa El-H. A. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gefährliche Körperverletzung vor. Er soll am 2. Februar 2024 den 32-jährigen jüdischen Studenten Lahav Shapira attackiert und schwer verletzt haben.

Zum Prozessauftakt räumte der Angeklagte über seinen Anwalt die Tat weitgehend ein, verneinte aber ein antisemitisches Motiv. Die Tat und die mediale Aufmerksamkeit hätten ihn und seine Familie schwer belastet. Er habe seitdem zehn Sitzungen Anti-Gewalt-Training absolviert, zudem befinde er sich in therapeutischer Behandlung. Die Schwere der Verletzungen, die er Shapira zugefügt haben soll, tue ihm leid. Es sei seine erste Schlägerei gewesen.

Mittlerweile lebe er mit seiner Freundin in München. Sein Lehramtsstudium habe er aufgegeben und sich freiwillig exmatrikuliert. Das Berliner Hochschulgesetz wurde im vergangenen Jahr verschärft, um Exmatrikulationen in solchen Fällen zu ermöglichen. Mittlerweile habe er sich umorientiert und arbeite als Vertriebsentwickler.

Das Opfer musste vier Tage im Krankenhaus verbringen

Zu der Tat erklärte der Angeklagte, er habe Lahav Shapira im Februar 2024 in einer Bar in Berlin-Mitte gesehen. Als dieser die Bar verließ, wollte er ihn zur Rede stellen, weil Shapira zuvor an der Freien Universität propalästinensische Plakate, die er als antisemitisch wahrnahm, entfernt hatte. Nach einem kurzen Wortgefecht habe er Shapira ins Gesicht geschlagen. Als dieser wieder aufstehen wollte, habe er ihm frontal ins Gesicht getreten. Das Opfer musste vier Tage im Krankenhaus verbringen und seitdem mehrere Operationen über sich ergehen lassen. Aus antisemitischen Gründen will der Angeklagte aber nicht gehandelt haben.

Das wird für das Strafmaß entscheidend sein. Der Vorsitzende Richter Sahin Sezer kündigte an, sollte kein antisemitisches Motiv vorliegen, könnte es im Fall einer Verurteilung bei einer Bewährungsstrafe bleiben.

Die Staatsanwaltschaft sieht dagegen vor allem ein Bild, das über die Plattform Snapchat gesendet wurde, als Hinweis für ein antisemitisches Motiv. Das Foto zeigt den Tatort mit der Unterschrift, der Angeklagte habe den »Judenhurensohn totgeschlagen«. Es ist allerdings nicht bekannt, wer das versendet hat.

Strafmaß für gefährliche Körperverletzung beträgt sechs Monate bis zehn Jahre

Der Anwalt des Angeklagten erklärte, dass sein Mandant auf einen Täter-Opfer-Ausgleich aus sei. 5.500 Euro würde er sofort zahlen, sowie weitere monatliche Raten. Shapira als Nebenkläger soll im Vorfeld einem Ausgleich nur zugestimmt haben, wenn der Angeklagte ein antisemitisches Motiv einräumt.

Lesen Sie auch

Das Opfer ist der Bruder des Comedians Shahak Shapira. Der angeklagte Mustafa El-H. A. ist deutscher Staatsbürger mit palästinensischen Wurzeln.

Für den Prozess sind zunächst zwei Verhandlungstage angesetzt. Der nächste soll am 17. April sein. Am Dienstagnachmittag sollte unter anderem noch eine Begleiterin Shapiras als Zeugin vernommen werden.

Das Strafmaß für gefährliche Körperverletzung beträgt sechs Monate bis zehn Jahre. Beobachtet wurde der Prozess unter anderem vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein. epd/ja

Berlin

Der falsche Konsens

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellt im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 27.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Düsseldorf

Breite Mehrheit im Landtag wirbt für Holocaust-Zentrum in NRW

Große Mehrheit im NRW-Landtag: Fast alle Fraktionen werben für NRW als Standort eines vom Bund geplanten Holocaust-Bildungszentrums. Bayern und Sachsen sind ebenfalls im Rennen

von Andreas Otto  27.11.2025

Terrorismus

Berlin: Waffenkurier der Hamas wohnte in unmittelbarer Nähe zu mehreren jüdischen Einrichtungen

Im Auftrag der Terrororganisation Hamas sollen mehrere Männer jüdische und proisraelische Ziele unter anderem in der Hauptstadt ausgespäht und Waffen eingeschmuggelt haben. Nun berichten »Zeit« und »Welt« über die Hintergründe

 27.11.2025

Bildung

Im Land der Täter

Bis März soll die Entscheidung fallen, wo die Dependance der Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland angesiedelt wird

von Michael Thaidigsmann  27.11.2025

München

Uschi Glas: Christen müssen jüdische Mitbürger schützen

Uschi Glas mahnt Christen zum Schutz von Juden. Sie warnt vor neuer Ausgrenzung und erinnert an eigene Erfahrungen nach dem Krieg. Was sie besonders bewegt und warum sie sich Charlotte Knobloch verbunden fühlt

von Hannah Krewer  27.11.2025

Entscheidung

Uni Jena lehnt Prüfung von Kontakten mit israelischen Hochschulen ab

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena wird Kooperationen mit israelischen Hochschulen nicht auf mögliche Verbindungen zum Militär überprüfen. Der Senat lehnte einen entsprechenden Antrag von Teilen der Professorenschaft ab

 27.11.2025

Berlin

Prozess um Angriff am Holocaust-Mahnmal: »Tat zugegeben«

Polizisten berichten von der Begegnung mit dem Angeklagten wenige Stunden nach der Tat

 27.11.2025