Berlin

Angeklagte schweigen im Hamas-Prozess

Am Berliner Kammergericht begann am Dienstag der Prozess gegen vier mutmaßliche Hamas-Mitglieder Foto: picture alliance/dpa/Reuters Pool

Es geht um Waffendepots, die die radikal-islamistische Terrororganisation Hamas in Polen, Bulgarien und Dänemark unterhalten haben soll. Und es geht um mögliche Terrorpläne gegen die israelische Botschaft in Berlin sowie den Bereich um das Tempelhofer Feld in der Hauptstadt und gegen die US-Airbase Ramstein. Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat in Berlin der Prozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder der radikal-islamistischen Hamas vor dem Staatsschutzsenat des Kammergerichts begonnen. 

Die Bundesanwaltschaft wirft den Männern die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vor. Sie sollen als sogenannte Auslandsoperateure für die Schaffung oder auch Auflösung von Waffendepots in mehreren europäischen Staaten zuständig gewesen sein. 

Bundesanwaltschaft: Pilot-Verfahren

Die höchste Anklagebehörde spricht von einem Pilot-Verfahren. »Erstmals in Deutschland sehen sich Personen dem Anklagevorwurf ausgesetzt, sich als Mitglieder der ausländischen, terroristischen Vereinigung Hamas beteiligt zu haben«, erklärte Bundesanwalt Jochen Weingarten. 

Kurze Zeit nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel habe die Bundesanwaltschaft einen Hinweis erhalten vom Bundesamt für Verfassungsschutz zu einer »konspirativen waffenbezogenen Operation der Hamas in Deutschland«. Daraufhin seien verdeckte Ermittlungen aufgenommen worden. 

Festnahme nach verdeckten Ermittlungen

Diese führten schließlich dazu, dass die Angeklagten, vier libanesisch-stämmige Männer im Alter von 34 bis 57 Jahren, im Dezember 2023 festgenommen wurden. Drei von ihnen wurden in Berlin gefasst, der Älteste im niederländischen Rotterdam. Sie sitzen seitdem in Untersuchungshaft. Zwei der Angeklagten wurden laut Gericht im Libanon geboren, einer ist ägyptischer und einer niederländischer Staatsbürger. 

Zum Prozessbeginn kamen rund 40 Zuschauer, offensichtlich Verwandte und Freunde der Angeklagten. Sie winkten und lächelten den Männern in den Boxen aus Sicherheitsglas zu. Nach Angaben der Verteidiger werden sich diese zunächst nicht äußern. »Mein Mandant bestreitet die Vorwürfe. Er wird sich schweigend verteidigen«, erklärte der Anwalt des 57-Jährigen. Er hoffe, dass der Senat vor dem Hintergrund der angespannten weltweiten Situation offen genug sei für »Alternativ-Thesen«, sagte der Anwalt des Hauptangeklagten. 

Anklage: enger Kontakt zu Hamas-Funktionär

Laut Anklage nahmen die Verdächtigen innerhalb der Hamas »wichtige Positionen mit unmittelbarer Anbindung an Führungskräfte des militärischen Flügels« ein. Alle vier sollen »in engem persönlichen Kontakt« zu einem Hamas-Funktionär gestanden haben, der unter anderem verantwortlich gewesen sein soll für die Vorbereitung von Anschlägen in Europa und am 21. November 2023 bei einem israelischen Luftangriff im Libanon mutmaßlich getötet wurde. Sie seien von ihm »befehligt und gesteuert« worden. 

Nach den Ermittlungen hatte die Hamas bereits vor vielen Jahren Erddepots mit Waffen angelegt, um diese für mögliche Anschläge gegen israelische, jüdische oder andere Einrichtungen in Europa bereitzuhalten. In einem Waffendepot in Bulgarien wurden im Rahmen der Ermittlungen mehrere Schusswaffen und Munition sichergestellt, darunter ein Sturmgewehr der Marke Kalaschnikow, wie Bundesanwalt Weingarten sagte. Waffendepot in Bulgarien angelegt

Angelegt haben soll dieses Depot der Hauptangeklagte im Frühjahr 2019. Wenige Monate später soll er für die Hamas ein Waffenversteck in Dänemark ausgeräumt und eine Pistole daraus nach Deutschland mitgebracht haben. Im August 2023 soll er dann auf Anweisung zur Kontrolle des Depots erneut nach Bulgarien gereist sein. 

Zwischen Juni und Dezember 2023 schließlich sollen sich alle vier Angeklagten in wechselnder Besetzung von Berlin aus mehrfach im Südwesten Polens auf die Suche nach einem Depot gemacht haben. Die jeweils stundenlangen Aktionen mit Schaufel und Stöcken blieben jedoch erfolglos - und fanden ein abruptes Ende mit der Festnahme der Männer. Bis heute ist ungeklärt, ob es das Depot wirklich gab. Unklar ist auch, wie konkret Anschlagspäne gewesen sein könnten. Prozesstermine bis Jahresende 

Das Kammergericht hat für den Prozess zunächst knapp 60 Verhandlungstage bis zum 17. Dezember geplant. Erste Zeugen hat die Vorsitzende Richterin Doris Husch für den zweiten Prozesstag am 5. März vorgesehen. Insgesamt listet die Anklage etwa 50 Zeugen sowie mehrere Sachverständige auf, wie eine Gerichtssprecherin sagte.  Hamas verantwortlich für Massaker in Israel 

Erklärtes Ziel der Hamas ist die Vernichtung des Staates Israel und die Errichtung eines islamischen Gottesstaates im Nahen Osten. Die Organisation ist verantwortlich für den Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023, bei dem 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 Menschen als Geiseln genommen wurden. Die beispiellose Attacke löste den Gaza-Krieg aus. dpa

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