Iran

Angebliche Spionage für Israel: Schwedischem EU-Mitarbeiter droht Todesurteil

Johan Floderus sitzt seit April 2022 im Evin-Gefängnis in Teheran ein Foto: picture alliance / via REUTERS

Seit April 2022 sitzt der Schwede Johan Floderus im Iran im Gefängnis. Er ist einer von mehr als zwei Dutzend Europäern, die das dortige Regime in Geiselhaft genommen hat. Erst Anfang September wurde der Fall Floderus durch einen Bericht der »New York Times« bekannt. Das Pikante dabei: Johan Floderus ist Mitarbeiter im Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD). Sein Chef, der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, steht im regelmäßigen Austausch mit dem Iran und dessen Außenminister, Hossein Amir-Abdollahian.

500 Tage lang hielt Borrell die Tatsache geheim, dass einer seiner Mitarbeiter im Iran verhaftet wurde. Vor seiner Reise in den Iran hatte Floderus für die Afghanistan-Abteilung im EAD gearbeitet.

Seitdem beteuert der Spanier zwar unablässig, er spreche den Fall Floderus und das Schicksal der anderen EU-Bürger im Iran gegenüber Amir-Abdollahian, mit dem er regelmäßig telefoniert, bei jeder Gelegenheit an. Gleichzeitig betont nicht nur Borrell immer wieder, die Sache der im Iran inhaftieren europäischen Staatsbürger sei primär Angelegenheit der jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten. Es handele sich um »konsularische Fälle.«

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Doch es geht um weit mehr als nur die Betreuung der Inhaftierten durch Diplomaten ihres jeweiligen Heimatlandes. Der Iran nimmt seit Jahrzehnten gezielt Geiseln, um für ihre Freilassung politische Konzessionen zu erlangen. So wird vermutet, dass das Regime den 2022 in Schweden zu lebenslanger Haft verurteilten Iraner Hamid Nouri freipressen will. Ein Gericht in Stockholm sah es als erwiesen an, dass Nouri 1988 an Massenexekution politischer Gefangener beteiligt war. Es war das erste Mal, dass ein Iraner in einem Drittstaat wegen Verbrechen innerhalb des eigenen Landes abgeurteilt wurde.

Die Opfer der »Geiseldiplomatie« des islamistischen Regimes sind nicht nur im Ausland lebende Oppositionelle mit iranischen Wurzeln, sondern auch Touristen. Johan Floderus, der in der Vergangenheit für die EU im Iran tätig war, reiste im vergangenen Jahr mit einem Touristenvisum in das Land ein.

Ähnlich wie ihm erging es später auch dem Franzosen Louis Arnaud, der im September 2022 verhaftet wurde und wie Floderus im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran gefangen gehalten wird. Der deutsche Staatsangehörige Jamshid Sharmahd wurde 2020 in Dubai von iranischen Agenten gekidnappt und in den Iran verschleppt. Im Februar wurde Sharmahd von einem »Revolutionsgericht« wegen angeblicher »Korruption auf Erden« zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde kurze Zeit später vom obersten Gerichtshof bestätigt; Sharmahd droht die Hinrichtung.

Noch länger als er sitzt der schwedische Staatsbürger Ahmad Reza Dschalali in der Todeszelle. Ihm wurde ebenfalls »Korruption auf Erden« sowie Spionage für den Erzfeind des Regimes, Israel, vorgeworfen. Dass es das Regime ernst meint, bewies die Hinrichtung des schwedisch-iranischen Oppositionellen Habib Farajollah Chaab Anfang Mai.

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Am vergangenen Wochenende begann nun der »Prozess« gegen Johan Floderus. Es dürfte ein Schauprozess werden. Auf Bildern ist Floderus zu sehen, wie er in grauer Häftlingskleidung und Handschellen in einen Gerichtssaal geführt wird. Laut der Webseite »Mizan« werden dem 33-Jährigen »Maßnahmen gegen die Sicherheit des Landes, geheimdienstliche Zusammenarbeit mit dem zionistischen Regime (Israel) und Korruption auf Erden« zur Last gelegt. Somit droht auch Floderus die Todesstrafe.

Initiativen zu seiner Freilassung haben bislang nicht gefruchtet. «Johan Floderus ist willkürlich inhaftiert und muss freigelassen werden, damit er zu seiner Familie zurückkehren kann», erklärte Schwedens Außenminister Tobias Billström am Samstagabend. Ein Vertreter Schwedens sei im Gerichtsgebäude anwesend gewesen, habe aber nicht am Verfahren teilnehmen dürfen, teilte er mit.

Auch Josep Borrell forderte am Sonntag erneut die Freilassung seines Mitarbeiters. Welche konkreten Initiativen der EU-Außenbeauftragte darüber hinaus unternimmt, ist aber unklar.

Anfang vergangener Woche telefonierte er erneut mit Amir-Abdollahian. Ein zentrales Thema des Gesprächs war Medienberichten zufolge die Lage im Gazastreifen. Ein Sprecher Borrells sagte dieser Zeitung: »Jedes Gespräch hat seinen Schwerpunkt, und dieses Mal ist das dringlichste Thema für die EU die Lage in Gaza und unsere Kontakte zu Partnern, die Verbindungen zu den Konfliktparteien haben. Es ist kein Geheimnis, dass der Iran Verbindungen zur Hamas (und anderen Akteuren in der Region) hat und Einfluss auf sie ausübt, und wir fordern den Iran immer wieder auf, diesen Einfluss zu nutzen, um die sofortige Freilassung der Geiseln zu erreichen und ein Übergreifen auf die Region zu verhindern.«

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Auf die Frage, ob das Schicksal der Europäer, die im Iran als Geiseln festgehalten werden, ebenfalls auf der Tagesordnung des Telefongesprächs gestanden habe, antwortete der Sprecher: »Was unseren im Iran festgehaltenen Kollegen betrifft, hat der Außenbeauftragte Borrell bereits in der Vergangenheit gesagt, dass dies Teil jeder Interaktion mit iranischen Gesprächspartnern auf jeder Ebene ist.«

Ende November hatte das Europäische Parlament in einer nichtbindenden Resolution die Freilassung von Floderus und anderer EU-Geiseln im Iran gefordert. Man verurteile die »Geiseldiplomatie Irans« ausdrücklich und fordere die anderen EU-Institutionen auf, eine Strategie auf den Weg zu bringen, »die eine spezielle Taskforce zu Iran umfasst, um die Familien der Inhaftierten besser zu unterstützen und weitere Geiselnahmen wirksam zu verhindern.« Das Parlament forderte auch deutlichere Warnungen vor Reisen in den Iran. Dem Vernehmen nach sträuben sich aber noch einige Mitgliedsstaaten, der EU-Ebene mehr Kompetenzen in diesem Bereich zu übertragen.

Unterdessen wandte sich Irans Außenminister schriftlich an Josep Borrell. In einem Brief lobte Amir-Abdollahian Borrells Haltung zu Gaza und ermutigte den EU-Chefdiplomaten zu einer noch stärkeren Positionierung gegenüber Israel. Die Frage der Geiseln erwähnte er nicht.

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