Interview

»An den Erfahrungen partizipieren«

Der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, zu Besuch in Israel Foto: IAF

Interview

»An den Erfahrungen partizipieren«

Luftwaffenchef Ingo Gerhartz über seinen Besuch in Israel und Pläne für die Anschaffung des Arrow-3-Systems

von Detlef David Kauschke  05.04.2022 11:47 Uhr

Generalleutnant Gerhartz, Sie waren zur Verabschiedung des israelischen Luftwaffenchefs Amikam Norkin in Tel Aviv. Neben Staatspräsident Herzog haben Sie aus diesem Anlass am Montagabend die offizielle Rede gehalten. Was sagt das über die Beziehungen aus?
Zunächst einmal ist das eine große Ehre für mich gewesen. Dann ist es ein außergewöhnliches Zeichen der Freundschaft und Verbundenheit zwischen der israelischen und deutschen Luftwaffe. General Norkin und ich haben uns vom ersten Treffen an, als ich hier meinen ersten Auslandsbesuch 2018 machte, verstanden. Wir beide haben uns zum Ziel gesetzt, dass wir die Menschen zusammenbringen wollen. Dass sich junge Soldatinnen und Soldaten kennenlernen, sich austauschen und diesen Gedanken der Freundschaft weitertragen. Und dafür ist die Ehre, die Abschiedsrede neben Präsident Herzog halten zu dürfen, ein sichtbares Zeichen.

Bundeskanzler Olaf Scholz und Israels Premier Naftali Bennett haben Anfang März einen neuen strategischen Dialog vereinbart. Ist die Luftwaffe nicht schon einen Schritt weiter?
Das sehe ich nicht so. Wir setzen das um, was auf der politischen Ebene vereinbart wird.

Bei Ihrem Besuch informieren Sie sich auch über die geplante Beschaffung von F-35-Kampfflugzeugen und anderer Waffensysteme. Was konkret haben Sie auf dem Einkaufszettel?
Eine Einkaufsliste gibt es nicht. Ich habe aber meine Experten hierher nach Israel mitgebracht, damit wir an den Erfahrungen der israelischen Luftwaffe partizipieren können. Die Einführung der F-35 in unsere Luftwaffe ist eine äußerst komplexe Aufgabe. Es geht um Logistik, Infrastruktur, aber auch darum: Wie integriere ich ein solches Waffensystem der sogenannten 5. Generation in unsere Strukturen und das möglichst schnell? In drei Jahren wollen wir mit der Ausbildung beginnen. Daneben habe ich mir mit meinen Experten auch ein Raketenabwehrsystem angesehen. Hier hat Israel mit der Arrow 3 ein hervorragendes, funktionierendes System, das wir relativ schnell haben könnten und das schon in drei bis vier Jahren einsatzbereit in Deutschland sein könnte.

Wie realistisch ist der Einsatz von israelischen Luftabwehrsystemen in Deutschland?
Wie gesagt, die in Israel genutzten Arrow-3-Systeme bieten genau das, was wir derzeit nicht leisten können. Nämlich den Schutz vor sehr hoch fliegenden und von großer Entfernung aus verschossenen Raketen. Wir könnten mit den Radargeräten, die wir in Deutschland aufstellen, ein Lagebild für viele Länder in Europa erstellen und das mit unseren NATO-Partnern jederzeit teilen.

Sie waren im Oktober mit sechs deutschen Kampfjets und mehr als 150 Soldaten der Bundesluftwaffe an einem internationalen Manöver in Israel beteiligt. Wie betrachten Sie diese Übung rückwirkend mit Blick auf die aktuelle Kriegssituation in Europa?
Solche Übungen bringen immer etwas für die eigene Einsatzbereitschaft. Man lernt immer dazu. Bei »Blue Flag«, so der Name der Übung, an der wir nun schon zum dritten Mal in Israel teilgenommen haben, geht es insbesondere darum, mit Nationen zu üben, mit denen wir sonst kaum zusammen fliegen. Es gilt dabei, die unterschiedlichen Verfahren kennenzulernen, sich auszutauschen, auch um Vertrauen aufzubauen.

Das Interview mit dem Inspekteur der Luftwaffe führte Detlef David Kauschke.

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Ahmad Mansour gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Vor 80 Jahren

Zentralrat der Juden: Nürnberger Prozesse waren Wendepunkt

Es waren hochrangige NS-Kriegsverbrecher, die vor 80 Jahren in Nürnberg vor Gericht standen. Was diese Prozesse aus Sicht des Zentralrats der Juden bedeuten - auch heute

von Leticia Witte  21.11.2025

Paris

EJC warnt vor wachsender Radikalisierung junger Menschen im Netz

»Hass ist viral gegangen«, sagt Moshe Kantor, der Präsident der Organisation

 21.11.2025