Nahost

Amnesty gegen Amnesty

Protest von Amnesty International vor der Downing Street in London (2024) Foto: IMAGO/ZUMA Wire

Querelen bei Amnesty International: Die Menschenrechtsorganisation hat einem Bericht der »Jerusalem Post« zufolge ihre israelische Sektion suspendiert. Die Aussetzung der Mitgliedschaft von Amnesty Israel im internationalen Verband soll demnach zunächst für zwei Jahre gültig sein.

Grund für den Schritt, der bislang offiziell noch nicht bekannt gemacht wurde, war laut »Jerusalem Post« die Kritik der israelischen Sektion an den jüngsten Berichten von Amnesty International zur Lage in Israel, in Gaza und im Westjordanland. Darin warf der Dachverband Israel einen Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung vor und sprach erneut von »Apartheid«.

Lesen Sie auch

Amnesty International hingegen sieht bei den Aktivisten seiner israelischen Sektion einen tief verwurzelten »anti-palästinensischen Rassismus«, welcher gegen die Grundsätze der Organisation verstoße.

Die »Jerusalem Post« zitiert aus einer E-Mail des internationalen Vorstandsvorsitzenden von AI, Tiumalu Lauvale Peter Fa’afiu. Darin behauptet der Neuseeländer, die israelische Sektion des Verbands habe gezielt versucht, die AI-Berichte »Israels Apartheid gegen Palästinenser« und »Man fühlt sich wie ein Untermensch: Israels Völkermord an den Palästinensern in Gaza« zu diskreditieren. Es gebe eine »Feindseligkeit« von Amnesty Israel gegenüber den Positionen des weltweiten Verbands, so Fa’afiu laut »Jerusalem Post«.

Er wird mit den Worten zitiert: »Das öffentliche Infragestellen der Ergebnisse und Empfehlungen des Amnesty-Berichts von 2022 über Israels Apartheid gegen Palästinenser und zuletzt des Amnesty-Berichts von 2024 über Israels Völkermord an den Palästinensern in Gaza hat Amnestys Menschenrechtsmission zutiefst geschadet und unsere Glaubwürdigkeit, Integrität und operative Kohärenz bedroht.«

Lesen Sie auch

Zwar hat auch die israelische Amnesty-Sektion wiederholt scharfe Kritik an der Kriegsführung des israelischen Militärs in Gaza geübt. Den Vorwurf des Völkermords sah sie hingegen nicht ausreichend belegt – ganz im Gegensatz zum in London ansässigen Dachverband von AI, der seit langem äußerst umstrittene Vorwürfe gegen Israel erhebt.

Immer wieder wird Amnesty International vorgeworfen, den Menschenrechtsdiskurs politisch zu instrumentalisieren und sogar vor antisemitischen Aussagen nicht zurückzuschrecken.

Zudem habe die Zentrale der israelischen Sektion nicht gestattet, vor Veröffentlichung einen Blick auf den gesamten Bericht hinsichtlich eines angeblichen israelischen Genozids zu werfen und ihr so eine Überprüfung der verwendeten Quellen verweigert.

Der Vorstand von Amnesty International sieht das ganz anders. »AI Israel hat es versäumt, wirksam auf die Erkenntnisse über endemischen anti-palästinensischen Rassismus zu reagieren – eine Situation, die 2022 zu Beschwerden palästinensischer Vorstandsmitglieder beim Internationalen Vorstand und zu aufeinanderfolgenden Rücktritten in den Jahren 2022, 2023 und 2024 führte«, schrieb Fa’afiu in seiner Mail.

Im Dezember hatte der zurückgetretene Vorsitzende der israelischen Sektion, Daniil Brodsky, in einem Brief an die jüdische Zeitung »Forward« behauptet, dass viele Aktivisten von Amnesty Israel die Palästinenser schlicht ignorierten. »Amnesty Israel befindet sich in der misslichen Lage, weder eine Quelle für juristische Expertise zu sein, noch eine vielfältige Menschenrechtsperspektive von Israelis und Palästinensern zu bieten. Es ist nur ein weiterer Ort für israelische Juden, um sich auszudrücken«, so Brodsky.

Laut »Jerusalem Post« kündigte die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard, in einer E-Mail an, die Suspendierung der israelischen Sektion werde am 21. Januar besprochen. Fa’afiu wurde mit den Worten zitiert, ein Überprüfungsausschuss solle nun feststellen, »ob Amnesty International Israel eine Zukunft innerhalb der Amnesty-Bewegung hat.« mth

Eklat

Streit um Judenstern: Warschau bestellt Israels Botschafter ein

Ein Beitrag der Gedenkstätte Yad Vashem zum Judenstern sorgt in Polen für Unmut. Warum Polens Außenminister eine Richtigstellung fordert

 25.11.2025

New York

NYPD-Chefin entschuldigt sich nach Protest vor Synagoge

Polizeichefin Jessica Tisch räumt ein teilweises Versagen ihrer Behörde ein

 25.11.2025

Berlin

Mit Kippa und Uniform

Jüdische Geistliche aus Kanada, den USA, Großbritannien, Frankreich und anderen Ländern bei der ersten internationalen Konferenz von Militärrabbinern

 25.11.2025

Polen

Antisemitismus-Eklat in Auschwitz

»Juden wollen in Polen Übermenschen sein, die Anspruch auf eine bessere Stellung haben, und die polnische Polizei tanzt nach ihrer Pfeife«, sagt der rechtsextreme Politiker Grzegorz Braun

 25.11.2025

Meinung

Ein Friedensplan, der keiner ist?

Die von den Amerikanern vorgelegten Punkte zur Beendigung des Ukraine-Kriegs sind kein fairer Vorschlag, sondern eine Belohnung für den russischen Aggressor

von Alexander Friedman  24.11.2025

Münster

Gericht macht Unterschiede bei propalästinensischen Parolen

Wann ist Kritik am Staat Israel von der Meinungsfreiheit gedeckt? Ein Gericht in NRW sieht das generelle Verbot, das Existenzrecht Israels zu bestreiten, als rechtswidrig an

 24.11.2025

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 24.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  24.11.2025

Potsdam

BSW-Fraktionsvize tritt nach Reaktion auf AfD-Zitat zurück

Die Landtagsfraktion in Brandenburg ist nach vier Parteiaustritten in einer Krise. Nun tritt auch noch Fraktionsvize Dorst von seinem Amt zurück. Die Hintergründe

 24.11.2025