Wuligers Woche

Als der Spiegel Israel noch liebte

Die Ausgabe des Spiegel vom 12. Juni 1967 Foto: pr

Wuligers Woche

Als der Spiegel Israel noch liebte

Im Sechstagekrieg war das Nachrichtenmagazin auf der Seite des jüdischen Staates

von Michael Wuliger  06.06.2017 13:15 Uhr

Nichts ist bekanntlich so alt wie die Zeitung von gestern. Manchmal allerdings liefert der Blick in alte Ausgaben neue Erkenntnisse. Dass der »Spiegel« Israel nicht wohlgesonnen ist, weiß man.

Sein Gründer Rudolf Augstein warf dem jüdischen Staat zum Beispiel 1990 in einem Kommentar vor, »aus einer archaischen Legenden-Bibel« einen »fundamentalistischen Anspruch« auf Territorium abzuleiten. Die Israelis, »die uns und denen, die nach uns kommen, die Erinnerung an die Rampe von Auschwitz für immer ins Gedächtnis brennen wollen«, führten sich »den Palästinensern gegenüber als ›Herrenmenschen‹« auf.

23 Jahre davor las man es im selben Blatt noch anders. In der Ausgabe vom 12. Juni 1967, unmittelbar nach dem Sechstagekrieg, kriegte der »Spiegel« sich vor Bewunderung für Israel kaum mehr ein. »Ein kleines, dem Völkermord entronnenes Volk trat zum Existenzkampf gegen einen erbarmungslosen Feind an«, beschrieb das Magazin die Ausgangslage am 5. Juni und jubilierte über den glücklichen Ausgang. »In 60 Stunden zerschlugen die gepanzerten Söhne Zions den arabischen Einkreisungsring ... Das Volk Israel, derzeit 2,5 Millionen Menschen stark, schlug … die 80 Millionen Araber aufs Haupt.«

Präventivschlag Dass der jüdische Staat mit einem Präventivschlag die militärischen Feindseligkeiten begonnen hatte, war für das Nachrichtenmagazin völlig gerechtfertigt, denn seine »Soldaten mußten ... ein Land verteidigen, das an seiner schmalsten Stelle nur 14 Kilometer breit ist. Kein Punkt liegt weiter als 50 Kilometer von der Grenze eines arabischen Nachbarstaates entfernt. Ein Land mit so ungünstiger Militärgeographie läßt sich nicht defensiv, sondern nur offensiv schützen.«

Für die besiegten Araber hatten die Hamburger Journalisten derweil nur Häme übrig. Den »seit Jahrhunderten degenerierten Nachfahren des Propheten Mohammed« attestierte der Bericht einen »Hang zu phantasievollem Fabulieren: Ihre Kriegsberichte lasen sich wie Märchen aus Tausendundeiner Nacht«.

Rudolf Augstein höchstpersönlich legte in seinem Kommentar noch einen drauf: »Die arabischen Gegner wollten Israel nicht ein Stück Land oder eine Konzession fortnehmen. Sie hatten es auf seine Existenz abgesehen. Das fordert Konsequenzen«, schrieb der Herausgeber. Deshalb: »Wer dem Staat Israel die Existenz bestreitet, sollte keine Entwicklungshilfe erhalten. Wer die überschießende Energie hat, Kriege anzuzetteln, bedarf keiner Hilfe aus den Mitteln deutscher Steuerzahler.«

Gaza Der Bundesregierung und der EU, die mit Milliardensummen die Hamas in Gaza unterstützen, kann man diese Sätze auch ein halbes Jahrhundert später nur um die Ohren schlagen. Pathetisch schloss Augsteins Beitrag mit den Worten: »Israel, der David unter den Völkern, soll leben!«

Das war vor 50 Jahren. Der Werbespruch der Zeitschrift hieß damals: »Spiegel-Leser wissen mehr«. 1967 stimmte das tatsächlich.

Extremismus

BSW-Chefin Wagenknecht will Brandmauer zur AfD einreißen 

Gespräche zwischen BSW und AfD? Landespolitiker in Thüringen haben es vorgemacht. Selbstverständlich sei das auch auf Bundesebene möglich, sagen beide Seiten

von Torsten Holtz  04.07.2025

Medien

Eurovision künftig ohne Israel?

Die Regierung droht mit der Schließung des öffentlich-rechtlichen Senders Kan. Das könnte das Aus für die Teilnahme am weltgrößten Gesangswettbewerb sein

von Sabine Brandes  04.07.2025

Berlin

Russland steuert Hetzkampagne gegen Nicholas Potter

Das Propaganda-Portal »Red« ist Treiber der Diffamierungskampagne gegen den Journalisten. Das Auswärtige Amt ist sich nun sicher, dass Russland hinter dem Portal steht

 04.07.2025

USA

Edan Alexander bedankt sich bei Donald Trump

Die freigelassene Geisel Edan Alexander trifft erstmals US-Präsident Trump. Um sich zu bedanken und auch, um darauf zu drängen, alle verbleibenden Geiseln so schnell wie möglich nach Hause zu holen

 04.07.2025

Rassistischer Polizist bleibt im Dienst

Gericht »nicht auf rechtem Auge blind«

Der Verwaltungsgerichtshof München steht in der Kritik, weil er einen ehemaligen Personenschützer von Charlotte Knobloch im Dienst belassen hat - obwohl dieser Juden in KZs wünschte. Jetzt wehrt sich das Gericht

 04.07.2025 Aktualisiert

Berlin

Wie viel Migration verträgt das Klassenzimmer – und sind Grenzen nötig?

Bundesbildungsministerin Prien hält eine Obergrenze für Schüler mit Migrationshintergrund für denkbar

 04.07.2025

Österreich

Hitler-Geburtsort Braunau benennt Straßennamen mit NS-Bezug um

Ausgerechnet in Adolf Hitlers Geburtsort gibt es bis dato nach Nationalsozialisten benannte Straßen. Das soll sich ändern - und trifft bei einigen Politikern auf Widerstand

 03.07.2025

Hamburg

Hamas-Anhänger tritt bei staatlich gefördertem Verein auf

Das Bündnis Islamischer Gemeinden in Norddeutschland wird durch das Programm »Demokratie leben« gefördert und lud einen Mann ein, der Sinwar als »Märtyrer« bezeichnet hat

 03.07.2025

«Stimme der verstummten Millionen»

Anita Lasker-Wallfisch blickt ernüchtert auf die Welt

Sie gehörte dem Mädchen-Orchester von Auschwitz an, überlebte das Lager und später das KZ Bergen-Belsen. Am 17. Juli wird die Cellistin Anita Lasker-Wallfisch 100. Und ist verzweifelt angesichts von Antisemitismus, Rechtsruck und Krieg, sagt ihre Tochter

von Karen Miether  03.07.2025