Rückblende

1999: Der Zentralrat zieht nach Berlin

Das Leo-Baeck-Haus in Berlin ist der Hauptsitz des Zentralrates der Juden Foto: dpa

Rückblende

1999: Der Zentralrat zieht nach Berlin

Unsere Serie über die Geschichte der Juden in Deutschland nach 1945: Folge 54

von Michael Brenner  18.11.2013 19:03 Uhr

Als ein Jahrzehnt nach dem Fall der Mauer der Zentralrat der Juden in Deutschland in das Leo-Baeck-Haus nach Berlin umzog, erfolgte auch in der deutsch-jüdischen Nachkriegsgeografie ein Stück Normalisierung. Zwar war Berlin auch vorher schon die größte Gemeinde in Deutschland gewesen, doch die eigentlichen Zentren deutsch-jüdischen Lebens lagen anderswo.

München bildete den ersten Mittelpunkt des jüdischen Nachkriegslebens. Hier befanden sich die meisten Displaced Persons, die aus Osteuropa stammenden Schoa-Überlebenden. Hier hatten die amerikanisch-jüdischen Hilfsorganisationen ihre Büros, und hier gab es noch lange ein reges orthodox-jüdisches Geistesleben. Das letzte DP-Lager, das vor den Toren der Stadt gelegene Föhrenwald, schloss erst 1957. Noch bis in die frühen 70er-Jahre gab es eine jiddischsprachige Zeitung.

regionale zentren Der Zentralrat wurde 1950 in Frankfurt gegründet, wo er kurzzeitig seinen ersten Sitz hatte. Am Main entstanden auch die wirtschaftlichen und intellektuellen Zentren deutsch-jüdischen Lebens.

Im Immobiliengeschäft und im »Häuserkampf« des Westends spielten jüdische Namen eine Rolle, die Rainer Werner Fassbinder später in seinem Stück Der Müll, die Stadt und der Tod in der Figur des »reichen Juden« zeichnete, was in den 80er-Jahren zu einem »Bühnenkampf« führte. In Frankfurt etablierten Theodor Adorno und Max Horkheimer das Institut für Sozialforschung wieder. Die Stadt war ab den späten 60er-Jahren das Zentrum junger jüdischer Intellektueller um Dan Diner, Micha Brumlik und Cilly Kugelmann, die sich später in der Zeitschrift »Babylon« Gehör verschafften.

Der Sitz der offiziellen Vertretung der deutschen Juden aber war lange Zeit am Rhein, in der ehemals britischen Zone und in unmittelbarer Nähe zur Bundesregierung. Im Gegensatz zu anderen Teilen Deutschlands waren die meisten jüdischen Gemeinden hier nicht von ostjüdischen DPs dominiert.

Zeitung Deutsch-jüdische Überlebende und Rückkehrer bildeten hier die Mehrheit. In Düsseldorf erschien die einzige überregionale jüdische Zeitung, die Allgemeine Jüdische Wochenzeitung. Der Zentralrat der Juden in Deutschland hatte seine Büros ebenfalls lange Zeit in Düsseldorf, bevor er in den 80er-Jahren nach Bonn umzog.

Der Umzug nach Berlin 1999 spiegelte nicht nur die allgemeine Verlagerung politischer Institutionen in die alt-neue Hauptstadt wider, sondern reflektierte auch die neue Bedeutung jüdischen Lebens in Berlin, die auch viele Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion und Israel erkannt haben, und wo sich seither ein andernorts unbekannter religiöser und kultureller jüdischer Pluralismus entwickelt hat.

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 25.11.2025

TV-Tipp

Ein äußerst untypischer Oligarch: Arte-Doku zeigt Lebensweg des Telegram-Gründers Pawel Durow

Der Dokumentarfilm »Telegram - Das dunkle Imperium von Pawel Durow« erzählt auf Arte und in der ARD-Mediathek die Geschichte der schwer fassbaren Messengerdienst-Plattform-Mischung und ihres Gründers Pawel Durow

von Christian Bartels  25.11.2025

Israel

Antisemitismus-Beauftragter wirft Sophie von der Tann Verharmlosung der Hamas-Massaker vor

Die ARD-Journalistin soll in einem Hintergrundgespräch gesagt haben, dass die Massaker vom 7. Oktober eine »Vorgeschichte« habe, die bis zum Zerfall des Osmanischen Reiches zurückreiche

 25.11.2025

Interview

»Weder die Verwaltung noch die Politik stehen an meiner Seite«

Stefan Hensel hat seinen Rücktritt als Antisemitismusbeauftragter Hamburgs angekündigt. Ein Gespräch über die Folgen des 7. Oktober, den Kampf gegen Windmühlen und kleine Gesten der Solidarität

von Joshua Schultheis  25.11.2025

Ramallah

Nach Hammer-Angriff auf Israeli - mutmaßlicher Täter getötet

Vor mehr als einem Jahr kam ein israelischer Wachmann im Westjordanland bei einem Angriff ums Leben. Seitdem haben israelische Sicherheitskräfte nach dem flüchtigen Täter gesucht

 25.11.2025

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025

Entscheidung

Berlin benennt Platz nach Margot Friedländer

Jahrzehntelang engagierte sich die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer für Aussöhnung. Nun erfährt die Berlinerin nach ihrem Tod eine besondere Ehrung

 25.11.2025

Hanau

Rabbiner antisemitisch beleidigt

Für die Gemeinde ist die Pöbel-Attacke kein Einzelfall

 25.11.2025

Berlin

RIAS: Polizei erfasst antisemitische Taten lückenhaft

Der Bundesverband sagt, es gebe strukturelle Probleme, Unsicherheiten im Umgang mit Betroffenen und ein insgesamt unzureichendes Bild antisemitischer Hasskriminalität in den offiziellen Statistiken

 25.11.2025