Rückblende

1998: Die Walser-Bubis-Kontroverse

Ressentimentgeladene Rede: Martin Walser 1998 in der Paulskirche Foto: dpa

Alle klatschten. Fast alle. Als Martin Walser seine Rede anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1998 in der Frankfurter Paulskirche beendete, spendeten die 1200 erlauchten Zuhörer, wie bei solchen Gelegenheiten üblich, heftig Applaus. Nur Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden, konnte nicht in die Beifallsbezeugungen einfallen. Er hatte genau zugehört, und was er hörte, behagte ihm gar nicht. Walser sprach von Auschwitz als »Moralkeule« und der »Monumentalisierung der Schande« durch das Berliner Holocaust-Mahnmal. War die Schande denn nicht monumental genug?, fragte Bubis später zurück.

volkes stimme In dieser Sonntagsrede stellte sich Walser als Einzelkämpfer gegen eine politisch korrekte Gesellschaft dar. Volkes Stimme aber verstand Walsers Befreiungsschlag, und er selbst veröffentlichte stolz zahlreiche Zuschriften, die er als repräsentativ – und explizit nicht antisemitisch – empfand. Ein Briefschreiber merkte an, »dass immer wieder und dauernd von den gleichen Verantwortlichen und Vertretern der Juden in Deutschland gegen uns polemisiert wird«.

Ein anderer fragte: »Warum lassen Sie sich auf Diskussionen mit Ignatz Bubis ein? Herr Bubis meint und will etwas völlig anderes als Sie. Seine Ziele unterscheiden sich grundsätzlich von Ihren Gedanken, denen Macht und finanzieller oder politischer Einfluss nicht als Antrieb gelten.« Ein Brief endete mit einer unfreiwillig komischen Note: »Ich bin übrigens kein Antisemit. Im Gegenteil. Meine Frau erhält zu Weihnachten ein Buch von Michael Wolfssohn, und nächstes Jahr wollen wir Israel besuchen, um Land und Leute ohne Vorurteile kennenzulernen.«

Eine letzte Kostprobe: »Meine drei Kinder lassen sich nicht mehr erpressen, nötigen – und was m. E. noch schlimmer ist – langweilen. Kommentar aus der Schule: Drei Themen langweilen nur noch: 1. Auschwitz, 2. Aids und 3. Drogen. Mit weihnachtlichen Grüßen.«

Bemerkenswert ist nicht so sehr der Inhalt der Briefe, sondern was Walser aus den 1000 Schreiben als für ihn nicht antisemitisch auswählte. Und als er sich nach einigem Zögern zu einer öffentlichen Diskussion mit Bubis bereit erklärte, ließ er apropos der Schoa den unglaublichen Satz fallen: »Ich war in diesem Feld beschäftigt, da waren Sie noch mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Sie haben sich diesen Problemen später zugewendet.«

Wenige Minuten später fragte Walser Bubis, was er eigentlich nach den ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen 1992 dort zu suchen hatte. »Als was waren Sie dort?« Und als Bubis trotz allem seine Charakterisierung Walsers als »geistiger Brandstifter« zurücknahm, weigerte sich der, die Entschuldigung anzunehmen.

Doha

Krieg zwischen Israel und Iran: Wadephul will »Kompromiss« finden

Innerhalb der nächsten Woche müsse der ernsthafte Versuch unternommen werden, »die Spirale der Gewalt« zu unterbrechen, sagt der Bundesaußenminister

 15.06.2025

Berlin

Erneuter antisemitischer Angriff auf Neuköllner Kulturkneipe

14-Jähriger soll Pflasterstein geworfen haben. Der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt

 15.06.2025

Carsten Ovens

Israel verteidigt sich – und schützt die Region

Warum der Angriff auf iranische Atomanlagen notwendig war – und was Europa daraus lernen muss

von Carsten Ovens  15.06.2025

Krieg

Iran feuert neue Raketenwelle auf Israel ab: Mehrere Tote

Die Mullahs holen erneut zu einem Angriff auf den jüdischen Staat aus

 15.06.2025 Aktualisiert

Meinung

Nie wieder Opfer!

Israels Angriff auf Irans Atomanlagen war unausweichlich. Denn eine Konsequenz aus der jüdischen Geschichte lautet: Wenn es hart auf hart kommt, besser zuerst schlagen als zuerst und dann für immer geschlagen zu werden

von Michael Wolffsohn  14.06.2025

Thüringen

Verfassungsschutzchef warnt vor islamistischen Anschlägen gegen jüdische und israelische Einrichtungen

Kramer: Wir müssen davon ausgehen, dass die Hemmschwelle weiter sinken wird, auch gewalttätig zu werden

 13.06.2025

Gerhard Conrad

»Regime Change im Iran wäre noch wichtiger als die Zerstörung der Atomanlagen«

Der Ex-BND-Geiselunterhändler und Nahostexperte zum israelischen Militärschlag gegen den Iran und die Konsequenzen für den Nahen Osten

von Michael Thaidigsmann  13.06.2025

Gespräch

Beauftragter Klein: Kirche muss Antijudaismus aufarbeiten

Der deutsche Antisemitismusbeauftragte Felix Klein kritisiert die Heiligsprechung des Italieners Carlo Acutis. Ihm geht es um antijüdische Aspekte. Klein äußert sich auch zum christlich-jüdischen Dialog - und zum Papst

von Leticia Witte  13.06.2025

Schlag gegen Iran

Ein notwendiger Schritt

Israel hat alles Recht der Welt, sich gegen das iranische Atomprogramm zu wehren. Teheran darf niemals in den Besitz von Atomwaffen gelangen. Ein Kommentar von Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  13.06.2025