Rückblende

1997: Streit um die Wehrmachtsausstellung

Anlass für hitzige Debatten: die Wehrmachtsausstellung Foto: dpa

Jedes Jahrzehnt hat seine öffentliche Debatte über den Umgang mit der Schoa. Ende der 70er-Jahre war es die amerikanische TV-Serie Holocaust, die erstmals eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema und die dafür neu geprägte Bezeichnung schuf. In den 80er-Jahren tobte der »Historikerstreit« über die Einzigartigkeit des deutschen Genozids an den Juden.

1996 sorgte Daniel Goldhagens Buch Hitlers willige Vollstrecker für Furore. Darin behauptete der junge Politikwissenschaftler aus Harvard, dass der »eliminatorische Antisemitismus« spezifisch in der deutschen Geschichte angelegt gewesen sei, und leitete die Schoa vor allem auf im deutschen Judenhass begründete Motive zurück. Damit widersprach er dem Großteil der Historiker, die immer betont hatten, dass der Antisemitismus andernorts nicht geringer gewesen war und eine komplexe Konstellation von Gründen zum deutschen Massenmord an den Juden führte.

Aufschlussreicher als die Debatte unter den Historikern war das enorme Medienecho, das Goldhagen auslöste. Er füllte riesige Auditorien, sein Buch stand wochenlang auf der Bestsellerliste. Der renommierte Historiker Hans Mommsen bestritt, dass es sich um eine ernsthafte intellektuelle Diskussion handele, »wenn Herr Goldhagen als Gladiator einzieht und einige grau melierte Professoren hinterher kommen ... und wenn die Sympathie des Publikums von vornherein dem jungen strahlenden Heldentenor gehört, der dann auch noch die Rolle des Erlösers einnimmt, der sich die Schuldbekenntnisse der deutschen Nation anhört und der erklärt, dass sie sich inzwischen gebessert habe.«

aufgeheizt Die aufgeheizte Stimmung anlässlich der Goldhagen-Debatte hatte aber auch mit einem anderen Ereignis zu tun. Seit 1995 wurde in deutschen Städten eine Wanderausstellung über die Beteiligung der Wehrmacht an den nationalsozialistischen Verbrechen gezeigt. Sie sorgte für hitzige Debatten. Neonazis krochen aus ihren Löchern, um in der Öffentlichkeit, gemeinsam mit manchen respektablen Vertretern des politisch rechten Lagers, die Wehrmacht reinzuwaschen.

Die Debatte um die Ausstellung kulminierte, als sie im Februar 1997 in München gezeigt wurde. Der CSU-Politiker Peter Gauweiler forderte Jan Philipp Reemtsma, den Initiator der Ausstellung, auf, doch lieber eine Ausstellung zu organisieren, die die Toten und Verletzten der von ihm finanzierten Zigarettenindustrie zeige, und der CDU-Politiker Alfred Dregger verteidigte die Ehre der deutschen Soldaten. Einige falsch zugeordnete Fotografien der Ausstellung lieferten den Kritikern Argumente, doch der enorme Andrang bewies, dass ein Großteil der deutschen Öffentlichkeit bereit war für mehr Aufklärung über die Naziverbrechen.

Berlin

Verhandlung über Waffenlieferungen an Israel

Insgesamt sechs Kläger wollen vor dem Berliner Verwaltungsgericht in zwei Fällen feststellen lassen, dass der Export deutscher Rüstungsgüter an Israel rechtswidrig war. Eine Entscheidung wird noch für Mittwoch erwartet

 12.11.2025

Interview

»Erinnern, ohne zu relativieren«

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer über das neue Gedenkstättenkonzept der Bundesregierung, Kritik an seiner Vorgängerin Claudia Roth und die Zeit des Kolonialismus in der deutschen Erinnerungskultur

von Ayala Goldmann  12.11.2025

Erinnerungspolitik

Weimer: Gedenkstätten sind zentrale Pfeiler der Demokratie

Das Bundeskabinett hat ein neues Konzept für Orte der Erinnerung an die NS-Verbrechen und die SED-Diktatur beschlossen. Die Hintergründe

von Verena Schmitt-Roschmann  12.11.2025 Aktualisiert

Wien

Juden protestieren gegen FPÖ-Veranstaltung für Antisemiten im Parlament

Als »radikalen Antisemiten« hatte sich der Österreicher Franz Dinghofer einst selbst bezeichnet - auch der NSDAP trat er bei. Die rechtsextreme FPÖ gedenkt des Politikers nun - und wird dafür hart kritisiert

 11.11.2025

Projekte gegen Antisemitismus

Berliner Kultursenatorin räumt Defizite bei Fördermittel-Vergabe ein

In Berlin sollen Mittel für Projekte gegen Antisemitismus nach unklaren Kriterien und auf Druck und Wunsch aus der CDU-Fraktion vergeben worden sein. Kultursenatorin Wedl-Wilson will nun »aufräumen«

 11.11.2025

Initiative

Knesset stimmt über Gesetz zu Todesstrafe ab

Wer in Israel tötet, um dem Staat und »der Wiedergeburt des jüdischen Volkes« zu schaden, soll künftig die Todesstrafe erhalten können. Das sieht zumindest ein umstrittener Gesetzentwurf vor

 11.11.2025

Berlin

Ein streitbarer Intellektueller

Der Erziehungswissenschaftler, Philosoph und Publizist Micha Brumlik ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Ein persönlicher Nachruf

von Julius H. Schoeps  11.11.2025

Terror

Netanjahu: Israels Kampf gegen Feinde noch nicht vorbei

Laut Ministerpräsident Netanjahu beabsichtigen die Hamas und die Hisbollah weiterhin, Israel zu vernichten. Die Waffenruhe-Abkommen mit beiden will Israel demnach durchsetzen - solange diese gelten

 11.11.2025

Diplomatie

Al-Schaara schließt normale Beziehungen zu Israel aus

Der syrische Staatschef wurde von US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus empfangen. Bei dem historischen Treffen ging es auch um die Abraham-Abkommen

 11.11.2025